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Mein Freund will nicht heiraten – Wenn nur einer von Hochzeit träumt

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© Getty Images
Sie träumt schon ewig vom weißen Kleid, er wollte niemals einen Ring tragen. „Ein Klassiker“, sagt der Paartherapeut. Aber der Weg zur Lösung ist steinig.
von Marie Stadler

Kennt ihr auch eines dieser Paare, bei denen die Frau seit gefühlten Jahrzehnten auf einen Heiratsantrag hofft, während ihr Freund nicht im Traum darüber nachdenken würde, zum Juwelier zu gehen? Oder diskutiert ihr selbst seit ewigen Zeiten über die Pros und Contras der Ehe? Damit seid ihr immerhin nicht allein, denn dieser Konflikt ist ein absoluter Klassiker, weiß Paartherapeut Eric Hegmann und hat gleich einen Dämpfer für alle, die auf ein Patentrezept hofften: „Der einseitige Wunsch zu heiraten ist einer dieser Konflikte, bei dem man nur selten einen Kompromiss findet, mit dem beide gleichermaßen zufrieden sind.“ Oh je. Aber recht hat er. Halb heiraten geht nun mal nicht.

Warum will ich heiraten?

Der Wunsch, zu heiraten, kann auf den unterschiedlichsten Gründen beruhen. „Oft ist es das Bedürfnis nach Sicherheit für sich selbst oder gemeinsame Kinder“, sagt Eric Hegmann. Es kann aber auch ein Kindheitstraum sein, dem Druck der Familie entsprungen oder einfach der religiösen Überzeugung entsprechen. „Die Motive“, erklärt Eric Hegmann, „sind aber auf jeden Fall sehr wichtig und jedes Motiv hat auch eine Geschichte. Oft hilft es beiden sehr, diese Geschichte zu kennen. Das gilt für beide Seiten, denn auch ein „Nein“ hat ein Motiv.“ Das „Nein“ kommt übrigens im Alter bis Mitte 30 statistisch gesehen häufiger von Männern. Später dreht sich das. Ab etwa 50 wollen eher Frauen den Schritt vor den Altar oder den Standesbeamten vermeiden.

"Ich will aber" – Reden hilft nicht immer weiter

Bei den meisten Paaren endet die Diskussion um die Hochzeit in einer Endlosschleife aus Forderung und Rückzug, nicht selten gespickt mit zahllosen Vorwürfen. „Reden ist nicht immer die Lösung“, sagt Eric Hegmann, „oft dreht man sich beim Reden im Kreis.“ In seiner Praxis nutzt er deshalb besonders gerne zwei Übungen, die dem Paar helfen, dem Teufelskreis aus Anschuldigungen und Rechtfertigungen zu entkommen. Besonders gefällt ihm die Überschrift der ersten Übung. „Compromise with me like with someone you love“ ist der Leitsatz der Übung „The art of compromise“ von Professor John Gottman. Diese Übung setzt das Seziermesser an und offenbart: Eine Hochzeit besteht aus unglaublich vielen Teilen.

Die Kunst, einen Kompromiss zu finden

In der Übung wird ein innerer und ein äußerer Kreis gezogen, dann wird die „Hochzeit“ und alles, wofür sie steht in Kleinstteile zerlegt. Die Feier mit Freunden und Familie, das weiße Kleid, der Segen, der Nachname, die Sicherheit... all das wird für sich stehend betrachtet. Dann sortiert das Paar. In den inneren Kreis werden die jeweils unverhandelbaren Prämissen gelegt, im äußeren Kreis steht das Verhandelbare. „Oft finden Paare so einen für beide akzeptablen Kompromiss oder verstehen die die Wichtigkeit der Motive des anderen plötzlich besser, sodass sie von ihrem Standpunkt abweichen können“, erzählt der Therapeut. Eine andere Möglichkeit: „Das innere Team“ befragen, eine Übung von Friedemann Schulz von Thun. Denn nicht nur eine Hochzeit besteht aus vielen Teilen, sondern auch unsere Persönlichkeit – wir haben es immer geahnt! Zweitere Übung sollte aber besser mit einem Experten gemacht werden. „Das muss man schon üben“, sagt Eric Hegmann. „Gerade zu zweit ist die Übung nicht ganz einfach.“

Der Konflikt darf nicht einfach stehenbleiben

Bei allen Schwierigkeiten im Ehe-ja-oder-nein-Drama – den Konflikt einfach ungeklärt zu lassen, davon hält Eric Hegmann gar nichts. „Wenn das Problem schon zum Elefanten geworden ist, muss man den Elefanten wenigstens integrieren“, sagt er. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass einer noch hofft und der andere längst abgehakt hat. „Beiden sollte zu jeder Zeit klar sein, was die nächsten Schritte sind“, sagt er. „Im besten Fall setzt sich am Ende nicht einfach der mit dem „Nein“ durch, sondern das stärkste und überzeugendste Motiv.“ Um das überhaupt zu ermitteln, braucht das Paar vor allem eine gute Gesprächskultur. Deren wichtigste Regel? „Niemals den Partner beschreiben, sondern immer nur sich selbst!“, sagt Eric Hegmann. „Und immer daran denken: Finde einen Kompromiss wie mit jemandem, den du liebst.“ Wir finden: Ein wirklich guter Satz. Denn das mit der Liebe vergisst man ja mitunter mal im Streit. Dabei sollte das doch eigentlich die Grundlage jeder Ehe sein. Egal, ob sie schon geschlossen oder nur erträumt ist.

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