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Wie kann man Beziehungsprobleme lösen?

Wie kann man Beziehungsprobleme lösen? Mann und Frau halten Köpfe aneinander
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Liebe ist die Antwort auf alle Fragen? Nicht ganz. Sie stellt auch ziemlich viele. Psychologe und Paartherapeut Oskar Holzberg beantwortet sie alle.

Kurz gesagt:

Wer daran festhält, dass nur der Partner ein Problem hat, beendet damit die Beziehung.

Jetzt mal ausführlich:

"Ein Problem, das wir haben, ist, dass ich sehr unzufrieden mit unserer Wohnsituation bin", sagt sie. Er sagt daraufhin: "Ich wohne gern da, wo wir wohnen. Wir haben nette Nachbarn und genug Platz. Ich habe damit kein Problem." Und er klingt dabei nicht nur überzeugt, er ist auch völlig überzeugt von dem, was er da sagt: Er hat kein Problem, aber offenbar hat sie eins. Was irgendwie gelöst werden muss. Genauer gesagt: SIE muss es lösen, denn es ist ja ihr Problem.

Ein Beziehungsklassiker. Sie hat ein Anliegen, leidet unter etwas. Möchte etwas klären, findet etwas in der Beziehung schwierig oder erlebt einen Konflikt. Doch der Partner hat kein Bedürfnis nach Klärung und sieht keinerlei Handlungsbedarf. Er bekommt schon mit, dass seine Partnerin die Situation ganz anders erlebt als er, aber das ändert nichts daran, wie er die Sache sieht. Und genau das ist das eigentliche Problem. Denn in einer Beziehung hat niemand allein ein Problem.

Es geht um die Beziehung und ob wir mit unserer Partnerin mitfühlen.

Die naheliegende Frage, die jeder Paartherapeut stellen würde, ist natürlich: "Und wie geht es Ihnen damit, dass Ihre Partnerin ein Problem damit hat?" Denn eine Beziehung zu leben bedeutet ja, dass wir nicht mehr unabhängig voneinander sind. Wenn einem von beiden der gegenseitige Austausch völlig ausreicht, während er der anderen zu spärlich ist, dann geht es eben nicht allein um die eigenen Gefühle. Es geht um die Beziehung, und ob wir mit unserer Partnerin mitfühlen. Wenn wir einander etwas bedeuten, wenn wir miteinander verbunden sind, dann berührt uns, was die andere berührt. Dann reagieren wir gegenseitig darauf, was immer der oder die andere erlebt. Wenn einer von uns belastet ist, dann sind wir beide belastet. Selbst wenn es um Krankheit, Ärger am Arbeitsplatz oder ein Trauma aus der Kindheit geht, also um Themen, die vorrangig einen von uns betreffen: Es geht uns beide an. Denn in einer ernst genommenen Liebesbeziehung sind wir zwei, aber immer auch eins.

Das bedeutet nicht, dass wir uns jedes Problem des anderen zu eigen machen müssen. Wir können uns natürlich abgrenzen und vertreten, wenn wir keinen klärungswerten Konflikt sehen. Aber dann ist unsere unterschiedliche Sichtweise unser Konflikt. Und wer den verleugnet, der verweigert sich der Beziehung. Wer sich dahinter zurückzieht, dass er einfach nicht sehen kann, dass es etwas zu klären gebe, weicht nicht nur der Auseinandersetzung aus. Er bestimmt auch die Beziehung. Er bestimmt über uns. Wenn wir jetzt aufgeben und nicht auf Klärung bestehen, dann unterwerfen wir uns der im Grunde hochaggressiven Verweigerung unseres Partners und geben genau wie er die Beziehung auf.

Erwiderungen wie: "Ich finde nicht, dass wir zu wenig gemeinsam unternehmen!", machen uns erst einmal ratlos. Denn was können wir an den Gefühlen des anderen verändern? Doch unser Gefühl von Machtlosigkeit verrät schon, dass es hier um Macht in der Beziehung geht. Wir sind gefordert, uns dann entschieden einzusetzen und darauf zu bestehen, dass wir als Paar einen Konflikt haben, den wir so nicht bestehen lassen werden. Den Konflikt, dass unsere Gefühle nicht akzeptiert und unsere Bedürfnisse ignoriert werden.

Wie kann man Beziehungsprobleme lösen? Oskar Holzberg
© Ilona Habben / Shutterstock

Oskar Holzberg, 67, berät seit über 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und ist seit über 30 Jahren verheiratet. Sein aktuelles Buch heißt "Neue Schlüsselsätze der Liebe" (240 S., 11 Euro, DuMont).

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BRIGITTE 10/2020

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