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Wie das All-seats-are-taken-Prinzip all unsere Beziehungen beeinflusst

Wie das All-seats-are-taken-Prinzip all unsere Beziehungen beeinflusst
© Getty Images
Schon mal vom All-seats-are-taken-Prinzip gehört? Bestimmt nicht. Dabei dürfte dir das Phänomen sehr bekannt vorkommen... denn es beeinflusst jede deiner Beziehungen. Wenn du es verstehst, kannst du es für dich nutzen.
von Christine Rickhoff

Ärgerst du dich auch manchmal darüber, dass du offensichtlich die einzige in deiner Familie bist, die die Toilettenpapierrolle wechselt? Macht es dich wahnsinnig, dass dein Partner in manchen Dingen eine komplett andere Meinung vertritt als du? Oder dass er sich über irgendetwas absolut keine Sorgen zu machen scheint? Was auch immer es ist, was in deinen Beziehungen, Freundschaften oder Bekanntschaften immer wieder passiert, du bist wahrscheinlich mit daran beteiligt. Wie das sein kann? Du hast mehr Einfluss auf dein Gegenüber als dir vermutlich bewusst ist.

Alle Plätze sind besetzt

Das All-seats-are-taken-Prinzip ist schnell erklärt: In egal welcher Beziehung, dein Gegenüber wird sich ungern auf einen Platz setzen, auf dem schon du sitzt. Das fängt schon bei Geschwistern an. Wenn die große Schwester besonders strebsam ist, ist es sehr wahrscheinlich, dass die kleiner Schwester ihr nicht nacheifert, sondern ihren ganz eigenen Platz sucht. Auch in Freundschaften entwickelt sich oft eine besondere Dynamik: Einer ist Reichsbedenkenträger, einer besonders sorglos. Einer meldet sich immer, der andere seltener. Einer macht die Planung, einer macht mit. Das wirklich Interessante daran ist die Tatsache, dass die gleiche Person in einer anderen Beziehung eine ganz andere Rolle einnehmen kann. Es ist also nicht nur eine Frage des Charakters, wie man sich gegenüber anderen Menschen benimmt, sondern auch eine Frage der Rollendynamik. Ist ein Platz besetzt, suche ich mir einen anderen. Das kann manchmal ein Vorteil sein, manchmal kann es uns ganz schön in den Wahnsinn treiben.

Eigentlich lässt sich so fast alles verstehen

Bei den besetzten Plätzen geht es meist vor allem um Verantwortung, also um die Frage: Muss ich mich darum kümmern? Eine Frau, die sich auf fremden Wegen komplett auf ihren Mann verlässt, kann zum Navigationsguru mutieren, wenn sie mit ihren Kindern unterwegs ist. Einfach nur, weil sie unterbewusst entscheidet, in welcher Konstellation sie sich um was Gedanken machen muss – oder eben nicht. Ist mein Partner ein Geldverschwender, werde ich mich in der Beziehung zum Finanzminister ernennen, selbst wenn ich selbst sonst auch eher mit lockeren Spendierhosen unterwegs war. Weil ich merke: Ich muss mich hier irgendwie drum kümmern, sonst läuft das aus dem Lot. Wenn du mit deinem Chef, deinem Mann, deinen Kindern oder deiner Nachbarin immer wieder ein bestimmtes Reizthema hast, könnte es also daran liegen, dass du vielleicht zu wenig Verantwortung übernimmst oder versuchst, die Verantwortungslosigkeit deines Gegenübers auszugleichen. Ein Klassiker zwischen Männern und Frauen, wenn es um den Haushalt und den Mental Load geht. 

Wie du das All-seats-are-taken-Prinzip für dich nutzen kannst

Das wirklich Schöne an dem Prinzip: Wenn man es einmal verinnerlicht hat, ist der Knoten schon halb gelöst. Denn alles was du tun musst, um ein Streitthema zu entschärfen, ist: den eigenen Platz mal verlassen. Einfach mal NICHT die Verantwortung übernehmen. Oder eben andersrum selbst mal das Zepter in die Hand nehmen. Dein Schatz hat immer Geldsorgen? Stell einen soliden Haushaltsplan auf und bitte ihn, mit dir zu sparen. Schon wird er sich innerlich etwas entspannen mit dem Thema, weil du das Thema auch wichtig nimmst. Oder diskutierst du jeden Morgen mit einer Dreijährigen, dass es im Winter kalt ist ohne Jacke? Lass es das Kind selbst merken und klemm die Jacke unter den Arm. Wetten, das Kind fragt nach ein paar Minuten nach seiner Jacke? Du wirst sehen: Sobald du ein Thema loslässt, wird der andere im Normalfall mit anpacken. Und wenn du dich einem Thema annimmst, das dich bisher eher kalt gelassen hat, entspannt sich der andere. 

Menschen kooperieren einfach gerne

Warum das Prinzip in fast allen Themen und mit fast allen Menschen funktioniert? Weil Menschen (sogar schon Kinder) sehr gerne kooperieren. Wenn Führung fehlt, übernehmen wir sie unbewusst. Wenn einer Stress macht, versuchen wir, alles etwas zu entspannen. Wenn einer besonders besorgt ist, wollen wir das ausgleichen. Wir sind einfach Herdentiere. Und Herdentiere versuchen, ein funktionierendes System zu bilden. Genau das ist vielleicht die schönste Nachricht: Dein Gegenüber will dir eigentlich immer Gutes, selbst wenn er oder sie mit seinem Verhalten nervt. Es geht eigentlich immer um Kooperation. Darum, am Ende ein gutes Team zu bilden. Mit diesem Wissen erspart man sich eine Menge Ärger. Vor allem, wenn man von den Plätzen aufsteht, die einem mit der Zeit zu ungemütlich werden... irgendjemand anders wird sich früher oder später draufsetzen. Oder ihr wechselt euch im besten Fall ab.

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