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Was sind schlechte Dates?

Was sind schlechte Dates? Frau sitzt in Bar vor ihrem Cocktail Glas
© DavideAngelini / Shutterstock
An verunglückten Verabredungen ändert sich auch mit dem Älterwerden nichts. Wer bereit ist für eine Romanze oder mehr, kann männliche Sonderexemplare kennenlernen.

Ich hatte beschlossen, mich wieder auf dem Marktplatz der Liebeleien zu tummeln. Natürlich war ich nach vielen Jahren Auszeit ein wenig aus der Übung, doch galt es zu handeln. Mir war nach etwas Tröstlichem, in Richtung einer anständigen Torte. Und da stand er tatsächlich auch schon einfach so herum, auf einer Party von Freunden: ein Leckerbissen zum Niederknien. Wie auch immer er vor Jahrzehnten ausgesehen haben mochte - das Alter hatte ihn zu einem Traummann gemacht. Herbe Gesichtszüge, sinnliche Lippen, leicht wehmütiges Lächeln und gerade wieder solo, wie ich von der Gastgeberin erfuhr. Ich sprach ihn auf der Stelle an, es war keine Zeit zu verlieren. Er erzählte über den Roman, an dem er gerade schrieb, seine Stimme war samtweich und tief. Ich stellte interessierte Fragen, der einzige Erfolg versprechende Kniff, an den ich mich noch erinnerte.

Wie bringe ich ihn zum Schweigen?

Einige Tage später trafen wir uns in einem Café. Der Mann öffnete mir unverzüglich sein Herz. Die Beziehung zu seiner Ex-Geliebten sei von Beginn an zum Scheitern verurteilt gewesen, nun sei er ein gebrochener Mann. Der Mann erzählte lange, sehr lange. Meine Kontrollinstanzen mahnten Rückzug an, aber ich ignorierte sie und küsste den hübschen Mund, damit der endlich schwieg und das Elend ein Ende nahm. Der Mann küsste mit, dann sprach er eilends weiter - über seine tiefen Wunden und sein Leben, das eine Qual sei. Und über mich, die alles verstehen und an seiner Seite warten können würde, bis er ganz frei für mich sei. Bis dahin könne ich sein Buch Korrektur lesen, denn auch dafür sei ich die einzig Richtige. Manchmal braucht eine Frau es mit dem Holzhammer, bevor sie die Beine in die Hand nimmt.

Ich sondierte meine Bedürfnisse und inserierte altmodisch in der Wochenzeitung meines Vertrauens. "Erwachsene Frau sucht reifen, ungebundenen Gentleman mit klarem Kopf." Vielleicht suchte ich eigentlich etwas völlig anderes, aber das mit dem Gentleman schien mir raffiniert. Es braucht schon einiges, um sich selbst als Gentleman zu empfinden, dachte ich.

Es gab eine Vielzahl an Antworten, da warteten ein paar lebenskluge, salonfähige Männer auf mich. Auf den Austausch von Fotos verzichtete ich und fand mich dabei ungemein lässig. Ich traf den ersten Mann. Er sah gut aus und trug geschnürte Lederschuhe. Ein ausgezeichneter Anfang. Wir gingen essen, der Mann erzählte humorvoll von seinem Job als Lehrer, er stellte mir Fragen, herrlich, herrlich, so einfach kann es sein. Nach etwa einer Stunde kam er zu dem, was ihn wirklich beschäftigte: der Umsturz. Der Umsturz, erfuhr ich, war von langer Hand vorbereitet. Das Ganze sei eine internationale, höchst verwickelte Geschichte mit allen möglichen Beteiligten und Nichtbeteiligten. Die Zeichen seien an und für sich überall, man müsse sie nur zu deuten wissen. Ich versuchte einige Einwürfe, aber es war, wie es war: Es galt, Vorräte zu sammeln, jetzt, und einen Unterschlupf zu suchen, sonst sei man verloren. Ich mag Sonderlinge. Im Gegensatz zu früher weiß ich sie heute allerdings von Wahnsinnigen zu unterscheiden.

Sicher, auch ein Feldmarschall darf es am Hintern muckelig warm haben wollen. Aber wenn schon General, dann bitte auch stramm ...

Der nächste Mann wirkte souverän, nur die wetterfeste Jacke über dem Anzug irritierte. Es war ein milder Tag, wir spazierten am Wasser. In seinen Mails hatte er das Thema Job umschifft. Nun stellte sich heraus: Er ist General. "Besonnen bleiben!", mahnte ich mich. "Hier wird niemand verurteilt." Der General sprach von gefährlichen Sonderkommandos. Nun, dachte ich, es hat etwas von James Bond. Dieser Mann kann mich retten, wenn Gefahr droht, das ist keine schlechte Sache. Dann stand da eine nette Bank mit schönem Ausblick. Aber der General mochte sich nicht setzen. Die Bank war ihm zu kühl. Ich bot meinen Schal an, und nun ruhte sein Hintern auf meinem schönen Kaschmirschal. Dem General war trotzdem nicht wohl, er sagte Sachen wie "So, wir sollten jetzt doch ins Warme ...". Sicher, auch ein Feldmarschall darf es am Hintern muckelig warm haben wollen. Aber wenn schon General, dann bitte auch stramm, was immer das heißen mag.

Zuletzt traf ich einen zerzausten Schrat in Wanderstiefeln. Der Mann sah insgesamt aus wie ein hundertjähriges Kaninchen, das gerade seine Höhle umgegraben hatte. Tief in ihm, beteuerte der Schrat, schlummere ein kultivierter Gentleman, sehr wahrscheinlich jedenfalls. Ich solle ihn nur hervorlocken, er sei gespannt. Nach dem Treffen ging ich allein in eine Bar. Das schien mir angemessen in meinem Zustand der Ratlosigkeit. Etwas entfernt saß eine Frau um die 60, die verzweifelt in ihr Handy hämmerte. Liebeskummer, ganz offensichtlich. Ich trank einen "No Bunny Knows". Irgendwie war da gerade ein etwas alberner Plan in die Hose gegangen. Aber ungebunden auf einem Barhocker zu sitzen und nicht zu wissen, wo es langgeht, war doch auch ein sehr gutes Gefühl.

Brigitte WIR 2/2019

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