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Nur Mut! Wie Angst uns helfen kann, unbewusst unsere Beziehungen zu stärken

Zwei Frauen sitzen sich gegenüber und reden
Angst kann ein Antrieb sein, eine Emotion, die uns auf etwas aufmerksam machen möchte.
© Lustre / Adobe Stock
Eine Beziehung kann nur darunter leiden, wenn eine Person ständig der angstvolle Part ist – oder? Tatsächlich verhält es sich genau gegenteilig.

Menschen an uns heranzulassen bedeutet, zu riskieren, dass sie uns verletzen. Sie in unser Herz zu lassen bedeutet aber auch, dass wir uns ab und an um ihr Wohl sorgen, um unser Miteinander, um ihre und unsere gemeinsame Zukunft. Und bei manchen Menschen sind diese Sorgen stärker ausgeprägt als bei anderen, wird aus dem "ab und an" schnell ein "ständig". Wie anstrengend muss es doch sein, mit einem Menschen zusammen zu sein, der sich immer über alles und jede:n Sorgen macht, der angstvoll und bedacht durch das Leben geht – so etwas denken vielleicht einige Menschen, für die Angst ein großes Thema im Leben ist.

Doch ist dem wirklich so? Zumindest Psychologe und Harvard-Professor David H. Rosmarin sieht das anders. Gegenteilig behauptet er gar, dass angsterfüllte Menschen die besseren Partner:innen sind. Warum dem so ist, erklären wir in den folgenden Zeilen.

Angst ist erst einmal nichts Schlechtes

Wer sich ständig über alles Mögliche sorgt, der:die gilt in manchen Kreisen schnell als Spaßbremse, als jemand, der:die sich im Leben selbst im Weg steht. Dabei ist Angst erst einmal etwas Gutes, ein Schutzmechanismus, der uns vor Gefahren direkter und indirekter Natur warnt. Angst kann auch ein Antrieb sein, eine Emotion, die uns auf etwas aufmerksam machen möchte. 

Wenn wir uns beispielsweise um das Wohlergehen bestimmter Menschen sorgen, dann kann das ein Zeichen dafür sein, dass uns diese Personen wichtig sind und wir uns wünschen, dass es ihnen gut geht. Wenn uns bestimmte Dinge regelmäßig Angst machen, dann kann das auch ein Hinweis darauf sein, dass sich unsere Psyche mit bestimmten Themen beschäftigt, und wir können es als Einladung betrachten, uns näher mit diesen Themen auseinanderzusetzen.

Kurzum: Nicht die Angst ist das Problem, sondern wie wir als Individuum und auch insgesamt als Gesellschaft damit umgehen. Sie ist keine Krankheit und kein Ärgernis – und nicht zwingend ein Problem für unsere Beziehungen, egal ob platonisch oder romantisch.

Angst stärkt unsere Empathie

Psychologe Rosmarin beschreibt Angst "nicht als Fluch, sondern als Stärke". Denn wer Ängste und Sorgen empfinde, der:die sei leichter dazu in der Lage, sich in andere Menschen und ihre Probleme hineinzuversetzen. Kurzum: Angst stärkt unsere Empathie. In einem Versuch mit seinen Patient:innen bestätigte er seine Theorie: Eine Stunde lang verbrachte er mit ihnen auf der Straße, ihre Aufgabe war, sich ihre Mitmenschen anzuschauen und sich in deren Gefühlslage hineinzuversetzen.

Er stellte fest: Die Patient:innen, die unter Angststörungen litten, waren besonders gut darin, die Bedürfnisse und Gefühle ihrer Mitmenschen zu erkennen. Ihnen fielen die kleinsten Details wie Gesichtsausdrücke und Kleidungsstücke auf, die auf das Empfinden der Person hinweisen konnten. "Die mitfühlendsten Menschen, die ich je getroffen habe, haben erhebliche Schwierigkeiten in ihrem Leben durchgemacht", schreibt der Psychologe in einem Artikel auf "Psychology Today". "Menschen, die unter starken Ängsten leiden, lernen oft gerade wegen – und nicht trotz – ihrer Ängste wertvolle zwischenmenschliche Fähigkeiten." 

Natürlich soll das nicht andeuten, dass Menschen, die unter starken Ängsten oder gar Angststörungen leiden, darum froh sein sollen – Angst kann eine große Qual für jede einzelne Person sein, kann lähmen und in die Verzweiflung treiben. Aber "Angst hilft uns auch, die Bedürfnisse unserer Mitmenschen zu erkennen und zu schätzen und kann die Welt buchstäblich zu einem besseren Ort machen", so Rosmarin.

Seien Sie gnädig zu sich und schätzen Sie ihre Gefühle der Sorge, freuen Sie sich über ihre Fähigkeiten der Sorge um andere. Denn das ist wirklich eine Superkraft.

Verwendete Quellen: spektrum.de, greatergood.berkeley.edu, psychologytoday.com

csc Brigitte

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