Kurz gesagt:
Sich darauf einlassen schon, aufraffen besser nicht!
Jetzt mal ausführlich:
Manchmal ist es keine schlechte Idee, auf eine Party zu gehen, obwohl man gerade keine große Lust zum Feiern verspürt. Vielleicht ist die Stimmung gut, die Musik mitreißend und wir verbringen letztendlich doch einen großartigen Abend. Und falls es nicht so werden sollte, können wir ja jederzeit gehen.
Frauen unterwerfen sich und Männer ziehen sich mit Pornos zurück
Wir können an Stelle von "Party" jetzt "Sex" setzen, und damit wäre die Frage beantwortet. Nur dass wir, wenn es um Sex geht, emotional viel verstrickter sind. Wir fürchten, einen frustrierten Partner zurückzulassen, wenn wir den Sex abbrechen, und machen dann lieber bis zum Ende mit, selbst wenn wir uns dabei schlecht fühlen. Und alles, weil wir uns dabei wieder einmal in unseren erlernten Geschlechterrollen verheddern. Denn Männern, die lustlos Sex über sich ergehen lassen, begegne ich so gut wie nie. Schon allein, weil es lustlosen Herren der Erschöpfung schwerfällt, eine vernünftige Erektion zur Verfügung zu stellen. Männer, die keine Lust auf ihre Partnerin verspüren, ziehen sich schlicht zurück. Gerne in die jeden Wunsch erfüllende Unendlichkeit der Pornowüste.
Frauen dagegen unterwerfen sich immer noch häufig den männlichen Wünschen. Sie haben Sex, obwohl sie keine Lust haben. Oder lassen sich auf sexuelle Spielarten ein, die ihnen eigentlich unangenehm sind. Sie haben Sex ihrem Partner und der Beziehung zuliebe, weil sie verhindern möchten, dass schlechte Stimmung aufkommt. Unbewusst leitet sie der gesellschaftliche Mythos, wonach Männer viel mehr Sex brauchen als Frauen. Sie glauben, etwas für die Festigung der Beziehung zu tun, wenn sie ihren Liebsten vor dem ihn angeblich bedrohenden Samenstau bewahren. Und dabei rutschen sie unversehens wieder dorthin, wo niemand mehr sein möchte: in die Zeit, in der Sex zu den nicht verhandelbaren ehelichen Pflichten gehörte. Oder, wie es die Psychologin Sandra Konrad formuliert: Es wirkt sich hier aus, dass "die lange wirkende männliche Herrschaft in weibliche Selbstbeherrschung übergegangen ist". Spätestens wenn die Beziehung trotz der sexuellen Opfer in die Krise gerät, bereuen die Partnerinnen ihre falsche Hingabe. Und hassen entweder sich selbst oder den Partner. Und im Zweifelsfall beide.
Der Appetit kommt oft erst beim Essen
Das bedeutet nicht, dass sich Frau (oder auch Mann) auf keinen Fall auf die sexuellen Avancen des Partners einlassen sollte, wenn sie (oder er) selbst gerade unmittelbar keine Lust verspürt. Gerade in langjährigen Beziehungen kommt der Appetit erst beim Essen. Die Lust entsteht erst, nachdem man sich auf die stimulierenden Zärtlichkeiten des Partners eingelassen hat. Sex ist manchmal eben auch Liebe, die man einfach machen muss, und wenn sich dabei Lust einstellt, ist alles gut.
Doch wer sexuell weiter mitturnt, obwohl der erotische Funke nicht gezündet hat, überschreitet leicht die Grenze zum selbstschädigenden Verhalten. Und macht die gemeinsame Sexualität damit nur schwieriger. Denn nur, wenn ein inneres Nein auch gegenüber einem schon heftiger erregten Partner vertreten wird, tut man dem gemeinsamen Sex einen Gefallen. Denn im Sex - wie auch sonst im Leben - kann es kein beherztes Ja geben, ohne dass ein ebenso beherztes Nein möglich ist.