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Paartherapeut verrät: So hält die Beziehung – auch wenn ihr total unterschiedlich seid

Partner setzt andere Prioritäten: Frau und Mann liegen Kopf an Kopf
© Marjan Apostolovic / Shutterstock
Liebe ist die Antwort auf alle Fragen? Nicht ganz. Sie stellt auch ziemlich viele. Psychologe und Paartherapeut Oskar Holzberg beantwortet sie alle.

Wenn dem Partner manche Sachen wichtiger sind ...

... dann führt man eine Beziehung. Anja stammt aus Bayern, Kraxeln ist für sie das größte. Ihr Partner Bernd hat Höhenangst, er hasst die Berge. Eva ist begeisterte Skifahrerin. Ihr Freund Georg stellt sich so die Hölle vor: alles weiß und saukalt. Michel segelt, seit er laufen kann, Lea wird von der kleinsten Welle seekrank. Und die Vorliebe für unterschiedliche Hobbys und Landschaften ist noch nichts dagegen, wie uns Einstellungen trennen können: Sie sammelt alles, was weich und niedlich ist, er ist stylistisch ein Zen-Mönch. Er spielt Trompete in zwei Jazzbands, ihr bleibt Miles Davis so fremd wie die Rückseite des Mondes. Sie bewegt sich in Haute-Couture, von seinen Billig-T-Shirts bekommt man Augenkrebs.

Ähnlichkeit wird beim Verlieben oft überschätzt

Dabei suchen und finden wir doch bei der Partnerwahl meistens Menschen, deren Interessen wir teilen. Ähnlichkeit zieht uns an. So finden wir schnell gemeinsame Themen und können leicht gemeinsam Schönes unternehmen. Allerdings überschätzen wir beim Verlieben meist die Ähnlichkeit. Wir sind begeistert, wenn der Angebetete auch Ed Sheeran auf seiner Playlist hat. Aber dass er auch auf deutschen Rap steht, ignorieren wir – bis er damit ausgiebig die Wohnung beschallt.Außerdem verändern sich Partner, weil sich Menschen eben ändern: Sie werden Veganer oder fahren plötzlich Porsche, weil sie es sich jetzt erlauben können. Und mancher Unterschied zeigt sich auch erst mit der Zeit: Wenn es Zoff um die Tischmanieren der Kinder gibt und dann ganz grundsätzlich die Bedeutung von gutem Benehmen ein Thema wird. Und wie wichtig dem jeweils anderem Fitness wirklich ist, wird auch erst dann zum Konflikt, wenn die Kräfte schwinden und Zeit knapp wird. Es ist also überhaupt keine Besonderheit, dass bestimmte Bereiche des Lebens einem Partner wichtiger sind als dem anderen. Es ist eher ein Wunder, wenn sich Partner in allem einig sind, als seien sie Zwillinge, die bei der Geburt getrennt wurden.

Porträt Oskar Holzberg
Oskar Holzberg berät seit mehr als 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und bekommt immer wieder Beziehungsfragen gestellt. Sein aktuelles Buch heißt: "Neue Schlüsselsätze der Liebe".
© Ilona Habben

Emotionale Bindung miteinander von großer Bedeutung

Aber wie können wir mit unseren Unterschieden klarkommen? Wir könnten uns natürlich auf die Bedürfnisse und Interessen des anderen einlassen und sie auch für uns entdecken. Wir können getrennte Wege gehen und uns den "Tatort" reinziehen, während sie in die Oper geht. Wir können um Kompromisse ringen. Aber viel wichtiger ist es, zu begreifen, dass unsere emotionale Bindung miteinander das Entscheidende ist. Denn wenn wir uns nicht nah und verstanden fühlen, dann verbindet uns auch unsere gemeinsame Liebe für die thailändische Küche, den BVB oder frühes Aufstehen nicht. Stattdessen sehen wir umgekehrt in allem, was uns unterscheidet, einen Beweis unserer fehlenden Verbindung.

Wenn sein Markenfetischismus oder ihre Ansprüche an Sauberkeit plötzlich als trennend erlebt werden, dann sollten wir nicht über Modeterror oder Spießigkeit diskutieren. Wir sollten uns den Gefühlen zuwenden, die wir füreinander haben oder gerade zwischen uns vermissen. Denn sobald wir einander wieder nah sind, schrumpft die Bedeutung unserer Unterschiedlichkeit auf magische Weise. Sie trennt uns dann nicht. Wir betrachten die Fremdheit im anderen mit wohlwollenderem Blick und finden, wenn auch manchmal tief seufzend, die Kompromisse, die jede Liebe tragen.

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BRIGITTE 19/2019

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