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Paarbeziehung Oskar Holzberg: Die Liebe dauert ewig

Oskar Holzberg: Älteres Paar hält Händchen
© heather linn photo / Adobe Stock
In der Kolumne unseres Paartherapeuten Oskar Holzberg dreht sich alles um typische Liebesweisheiten und ihren Wahrheitsgehalt, er seziert Sprichwörter, Songtexte und berühmte Zitate. Diesmal: "Die Liebe ist ewig, solange sie dauert" (Gabriel García Márquez, kolumbianischer Literaturnobelpreisträger)

Kurz gesagt: Was wir gerne damit verwechseln, dass die Liebe ewig dauern sollte, was sie aber frustrierenderweise selten tut.

Jetzt mal ausführlich: Intensive Gefühle können uns völlig überwältigen und gefangen nehmen. Dann vergessen wir die Zukunft, die Vergangenheit, uns selbst. Wir sind nur noch Gefühl, ganz im Hier, ganz im Jetzt. Wir kennen es von Kindern. Wenn sie sich wehgetan haben, geraten sie außer sich vor Angst. Weil sie noch nicht verstehen, dass der Schmerz auch wieder vergehen wird. Für sie ist er endlos. Ewig. 

Im Älterwerden lernen wir dann, dass sich Gefühle auch wieder verändern. Bis das größte aller Gefühle zum ersten Mal richtig zuschlägt. Kaum sind wir zum ersten Mal "unsterblich" verliebt, holt uns das Gefühl der Ewigkeit wieder ein. Wir hören "I will always love you" in Endlosschleife und glauben fest daran, dass es so ist. Und wir wollen ja auch mit jeder Faser unseres Herzens, dass es ewig so bleibt, weil es sich so unvergleichlich großartig anfühlt. Doch irgendwann kommt dann bei den meisten doch die Trennung von dieser ersten Liebe. Der Liebeskummer setzt ein. Nun sind wir davon überzeugt, dass, wenn schon die erfüllte Liebe nicht ewig dauert, jetzt dieser höllische Trennungsschmerz niemals wieder aufhören wird. Als sei er die Fortsetzung der ewigen Liebe mit umgekehrtem Vorzeichen. Ohne ihn, ohne sie, sind wir am Ende. Wir werden nie, nie wieder so lieben können. Doch zu unserer Verwunderung endet auch dieser Schmerz. Wir gewinnen Einsicht und Erfahrung. 

Für diesen Moment für immer

Auch wenn es sich anders anfühlt, "ewig" scheint immer eine Illusion zu sein. Wir werden zu Realisten. Irgendwo mag ja irgendwer wirklich die große, ewige Liebe erleben. Aber wir knacken den Jackpot der ewigen Liebe meist nicht. Uns zerbröselt sie in mickrige Lebensabschnittspartnerschaften. Gabriel García Márquez aber sagt uns, dass wir uns nichts vormachen. Wir erfahren die ewige Liebe. Nur nicht für ewig. Der Widerspruch löst sich dadurch auf, dass uns das intensive Gefühl der Liebe jeden Augenblick zeitlos und damit ewig erleben lässt. 

Die US-amerikanische Psychologin Prof. Barbara Fredrickson hat ein ganz ähnliches Verständnis von Liebe vorgeschlagen. Wissenschaftlich betrachtet seien das, was wir Liebe nennen, Mikromomente positiver Resonanz. Sie entstehen, wenn meine positiven Gefühle gegenüber einem anderen Menschen eine positive Reaktion erfahren. Ein freundlicher Blickkontakt, ein erwidertes Lächeln, eine innige Umarmung, ein herzliches Gespräch. Liebe, so Fredrickson, ist das dabei entstehende Gefühl der Verbundenheit. Tatsächlich lieben würden wir nur, wenn wir uns in der körperlich spürbaren positiven Resonanz befänden. Was wir gemeinhin als Liebe verstehen, sei nur das tiefe Band der Loyalität und des Vertrauens, das zwischen Liebespartner:innen durch viele solcher Momente entstanden sei. 

Bereit sein, in die Liebe zu investieren

Liebe ist damit für die Wissenschaftlerin kein ewiges Band, aber ein Fluss liebevoller Augenblicke. Er währt dann ewig, wenn es uns gelingt, ihn zu erhalten. Doch trotz der allmählich trivial klingenden Erkenntnis, dass alles außer dem "Jetzt" eine Illusion ist: Die romantische Vorstellung der ewigen Liebe, selbst wenn wir sie immer wieder schmerzhaft verlieren, beherrscht uns immer noch. Und macht uns zu Versagern und Versagerinnen. Da ist es doch unendlich befreiend zu denken, dass wir gerade die ewige Liebe erleben. Wenn auch nur, solange sie dauert.

Oskar Holzberg therapiert seit fast 30 Jahren Paare und schreibt darüber. Er sagt: "Liebe ist keine Illusion, aber wir haben zu viele Illusionen über die Liebe.“

Neu in den Partner verlieben: Oskar Holzberg
Oskar Holzberg, 67, berät seit über 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und ist seit über 30 Jahren verheiratet. Sein aktuelles Buch heißt "Neue Schlüsselsätze der Liebe" (240 S., 11 Euro, DuMont).
© Ilona Habben
Brigitte

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