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Paartherapeut verrät Diese Rollen gibt es in jeder (glücklichen) Beziehung

Rollenverteilung in der Beziehung: Ein Pärchen, das sich in den Arm nimmt
© Hrecheniuk Oleksii / Shutterstock
Die eigene Rolle finden? Gar nicht so einfach! Weder im Leben noch in der Beziehung. Aber welche Rollen kann man in einer Partnerschaft überhaupt spielen? Paartherapeut Eric Hegmann weiß Bescheid.

Vor 90 Jahren gab's noch relativ klare Regeln, was die Rollenverteilung in der Partnerschaft angeht: Der Mann trifft die wichtigen Entscheidungen, die Frau unterstützt ihn bei deren Umsetzung. Der Mann ist verantwortlich für den Lebensunterhalt, die Frau darf damit haushalten. Der Mann hat Bedürfnisse, die Frau erfüllt sie. Die Zeiten sind (zum Glück) längst vorbei. Erstens ist es heute selbstverständlich, dass zu einer Beziehung genauso gut zwei Männer und zwei Frauen gehören können. Und zweitens haben die meisten mittlerweile geschnallt, dass Mann und Frau gar nicht sooo unterschiedlich sind – und definitiv die gleichen Pflichten und Rechte haben (sollten)! 

Aber heißt das, dass es in einer Partnerschaft überhaupt keine Rollen und Rollenverteilung mehr gibt? Ooooh nein, ganz im Gegenteil! Die eigene Rolle zu finden und sich mit dem:der Partner:in zu einigen, wer welchen Part übernimmt, ist dadurch nur umso wichtiger geworden – denn es entscheidet maßgeblich darüber, ob zwei Menschen zusammenpassen und glücklich miteinander werden können ... oder nicht.

Laut Paartherapeut: Das sind die 3 wichtigsten Rollenmodelle in der Beziehung

Für viele Bereiche in der Partnerschaft gilt, je ähnlicher sich die Beteiligten sind, umso besser. Haben sie die gleiche Strategie, mit Konflikten umzugehen? Super! Sind beide objektiv betrachtet ähnlich attraktiv? Puh, Glück gehabt! Gemeinsame Interessen? Wunderbare Grundlage für Aktivitäten, die die Bindung stärken!

Nur bei der Rollenverteilung gilt diese Regel offenbar nicht. Beziehungsexperte Eric Hegmann: "Wir finden die Menschen interessant und attraktiv, die Rollen verkörpern, die wir gerade suchen. Wünsche ich mir vor allem Nähe, dann werde ich mich automatisch fürsorglicher verhalten und darin Erfüllung finden. Dadurch wirken dann aber auf mich Menschen mit starkem Bedürfnis nach Autonomie und Selbstbestimmung interessant, weil ich bei denen meine fürsorgliche Seite ausleben kann."

Vor allem drei Rollenmodelle seien dem Therapeuten zufolge für die meisten Beziehungen prägend.

1. Anima und Animus

"Das zugegebenermaßen etwas betagte Archetypen-Modell von C.G. Jung beschreibt eine 'männliche' Seite Animus und eine 'weibliche' Seite Anima. Übertragen auf ein heutiges Beziehungsmodell würde man mit Anima die fürsorglichen Aspekte meinen, die es für eine Beziehung benötigt. Mit Animus jene, die man als versorgend bezeichnen könnte. Jeder Mensch vereint Animus und Anima, und für eine stabile Beziehung braucht es eine ausgewogene Mischung und Ergänzung dieser Anteile.

Vereinfacht gesagt: Würden beide Partner:innen ausschließlich versorgend agieren, fehlt rasch die liebevolle Verbindung zwischen ihnen. Wären sie beide nur liebevoll, wäre der Kühlschrank jeden Abend leer. Dieses Archetypen-Bild wirkt altmodisch, aber tatsächlich sind auch heute in Partnerschaften die Rollenverteilungen ganz genau so und lassen sich durchaus auf viele Beziehungsmodelle übertragen." 

2. Nähe und Distanz

"Eine ganz wichtige Rolle spielen Nähe und Distanz in Liebesbeziehungen, und hier gibt es nahezu immer eine gewisse Forderungs-Rückzugs-Dynamik, die einem:einer Partner:in die Rolle des:der Nähe Suchenden gibt und dem:der anderen die des:der Autonomie und Selbstbestimmung Suchenden. Das ist besonders tragend im Bereich Sexualität, denn dort bedeutet dies, dass alleine der:die Partner:in über Häufigkeit von Intimität bestimmt, der:die immer wieder zurückweist, er:sie hat also Macht über Nähe und Distanz. Und nicht selten wird dies – auch unbewusst – genutzt für Dominanz."

3. Führen und führen lassen

"Führen und führen lassen sind ebenfalls wichtige Rollen. Diese scheinen heute deutlich besser verhandelt zu werden zwischen Partner:innen als noch vor einigen Jahrzehnten. Sich nur führen zu lassen finden Partner:innen heute in Beziehungen als wenig befriedigend. Hier ist sicher der zunehmende Wunsch nach Selbsterfüllung auch innerhalb einer Beziehung ein wichtiger Faktor. Für eine dauerhafte Beziehungszufriedenheit müssen beide Partner:innen sicher sein, dass sie vielleicht nicht immer alle, aber doch immer wieder einige ihrer Bedürfnisse ganz und gar befriedigt bekommen, sonst verlieren sie mittel- und langfristig die Bereitschaft, in diese Partnerschaft zu investieren." 

Wie findet man die passende Rolle?

Wer in einer Beziehung welche Rolle zu welchen Teilen ausfüllt, hat mit dem Geschlecht im Grunde (heute) nichts (mehr) zu tun, sondern ist von der Persönlichkeit eines Menschen abhängig. Laut Hegmann werde die Rollenfindung insbesondere von unserem "Bindungsverhalten" geprägt und das sei bei den meisten tief im Charakter verwurzelt (mehr über den menschlichen Charakter erfährst du übrigens in unserem Artikel über die Big Five).

Allerdings: "Je nach Beziehungserfahrung und je nach Partner:in zeigen Menschen auch andere Verhaltensweisen. Wer zum Beispiel einmal betrogen wurde, kann unbewusst Distanz schaffen, um nicht erneut verletzt zu werden und dabei von jemandem, der verstärkt Nähe sucht, zu jemandem wechseln, der Abstand halten will. Dies kann sich, muss aber nicht, belastend auf die Beziehung auswirken, denn das eigentliche Bedürfnis nach Nähe wird unterdrückt und irgendwann vermisst." 

Zugegeben: In der Theorie klingt das vielleicht ein bisschen kompliziert. Aber lieber kompliziert als so einfach wie vor 90 Jahren! Und wenn wir erstmal unsere wahre Liebe gefunden haben – finden wir mit Sicherheit spätestens durch sie mit Sicherheit auch unsere optimale Rolle!

Noch Fragen? Den Kontakt sowie jede Menge hilfreicher Online-Coaching-Angebote und Beziehungstipps von Eric Hegmann findest du auf der Website des Paartherapeuten.

sus Brigitte

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