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Oskar Holzbergs Liebeskolumne Zu zweit gegen andere

Oskar Holzbergs Liebeskolumne: Mann und Frau schauen in die Berge
© Hordina Anastasia
In der Kolumne unseres Paartherapeuten Oskar Holzberg dreht sich alles um typische Liebesweisheiten und ihren Wahrheitsgehalt, er seziert Sprichwörter, Songtexte und berühmte Zitate

Es sind nicht die intensiven Gefühle, die zwei Menschen zu einem Paar machen. Es ist die Entscheidung für eine besondere Form der Zweisamkeit. Und jede Entscheidung für etwas ist gleichzeitig die Entscheidung gegen etwas anderes. Um ein Paar zu werden, lassen wir jemanden auf besondere Weise in unser Leben und schließen gleichzeitig alle anderen davon aus. Wer bislang in offenen Beziehungen lebte, verabschiedet sich möglicherweise für eine Zeit oder ganz von anderen Partner:innen. Wer ohnehin auf Zweierbeziehungen ausgerichtet war, beendet seine Partnersuche. Das Commitment, also dieses Sich-auf-eine-Beziehung-Einlassen, entsteht durch Exklusivität. Und exklusiv ist nicht der Badesee, in dem jeder schwimmen darf. Exklusiv ist ein eigener Badesteg, zu dem niemand sonst Zugang hat.

Nichts ist so wichtig wie man füreinander

Das Besondere unserer Liebesbeziehung entsteht, weil wir Sex, Intimität, aber auch Einkommen und Vermögen ausschließlich oder vorrangig mit dieser einen Person teilen. Als Paar bündeln wir unsere Energien, um gemeinsam zu überleben, eventuell Kinder großzuziehen und unsere psychischen Bedürfnisse zu befriedigen. Obwohl zu Recht auch starke Zweifel an diesem Modell existieren, scheint Paarsein ein Erfolgsmodell unserer Spezies zu sein, auf das wir in einer schwer entwirrbaren Mischung aus affektiven, gesellschaftlichen, religiösen und genetischen Einflüssen programmiert sind.

Partner:innen umgeben sich mit einer unsichtbaren, undurchdringlichen Hülle, indem sie vieles nur miteinander teilen und immer die Verbindung halten. So schützen sie ihre Beziehung. Denn es gibt ja keine Gewissheit in der Liebe. Im Gegenteil, es herrscht höchste Unsicherheit. Selbst gegen schlechtes Urlaubswetter können wir uns versichern lassen, gegen scheiternde Liebesbeziehungen nicht. Die Antwort auf die entscheidende Beziehungsfrage "Bist du für mich da?" müssen wir also selbst absichern. Daher darf nichts und niemand so wichtig sein wie wir füreinander. Obwohl die Liste der Konkurrenten und Konkurrentinnen lang ist.

Gemeinsame Werte finden

Da sind zunächst die potenziellen und möglicherweise auch ganz realen Flirts. Davor schützt das Paar, traditionell gesehen, die sexuelle Grenze, die aber so schnell von Gefühlen überwuchert werden kann wie ein Grenzstein im Dschungel. Weshalb offene Beziehungen lieber auf emotionale Ehrlichkeit und Loyalität setzen. Diese Loyalität, für den Erhalt der Beziehung, schützt das Paar auch vor dem Einfluss der anderen Kategorie von "Dritten": der Eltern, Geschwister, besten Freunde, Sportvereine, Bands und sogar der eigenen Kinder. Wir unterstützen nicht jede Ansicht des Partners oder der Partnerin bedingungslos, aber wir stehen letztlich stets auf seiner oder ihrer Seite.

Neu in den Partner verlieben: Oskar Holzberg
Oskar Holzberg, 67, berät seit über 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und ist seit über 30 Jahren verheiratet. Sein aktuelles Buch heißt "Neue Schlüsselsätze der Liebe" (240 S., 11 Euro, DuMont).
© Ilona Habben

Besonders wichtig ist das gegenüber den unsichtbaren Dritten: unseren verinnerlichten Eltern. Wir müssen bereit sein, die in unserer Ursprungsfamilie übernommenen Werte durch unsere Partner infrage stellen zu lassen, um mit ihm oder ihr unsere gemeinsamen Werte zu finden. Der britische Autor und Psychoanalytiker Adam Phillips macht uns klar, dass wir die aus der Schulzeit vertrauten Gedichtzeilen "Ich sei, gewährt mir die Bitte, in eurem Bunde der Dritte" immer wieder auch mit "Leider nein!" beantworten müssen.

Brigitte

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