Es war echt entspannt - aber dann hat Ute mich so angeguckt und meinte: Ich weiß echt nicht, was dir dein Therapeut gesagt hat, aber irgendwas ist anders." Christof gluckst. Ich nicke. Üblicherweise kam er von der Arbeit, und seine Frau Ute überfiel ihn mit allem, was im Haushalt mit zwei kleinen Kindern noch zu erledigen sei. Christof krempelte dann sofort die Ärmel hoch, setzte das W-Lan wieder in Gang, korrigierte die Hausaufgaben der Kids oder mähte den Rasen. Doch so sehr er sich auch mühte, Ute wurde nie zufriedener.
Und Christof verzweifelte immer mehr. Jeden Tag durchliefen sie dieses Ritual und sanken schließlich enttäuscht und erschöpft ins Bett. Ich hatte Christof vorgeschlagen: Statt sofort loszulegen solle er sich lieber mit Ute hinsetzen, ihr wirklich zuhören und verstehen, wie sie sich fühlt. Wir leben in einer lösungsorientierten Welt.
Gefühle brauchen länger
Ständig gibt es ein verbessertes Betriebssystem für unsere PCs und Handys, laufend werden uns schnellere und bequemere Lösungen angeboten. Probleme sind dazu da, um gelöst zu werden. Und es liegt nahe, dass wir auch in der Partnerschaft sofort nach einer Lösung für das Problem suchen, das uns unser Partner präsentiert. Wenn unsere Partnerin, weil wir supererschöpft sind, sofort ein Wellness-Wochenende im Internet bucht, ist das klasse. Und konkrete Tipps, wie ein Streit mit der Kita-Leitung beizulegen ist, sind echt hilfreich.
Doch an unseren Gefühlen geht der schnelle Lösungsvorschlag oft vorbei. Ja, wir fühlen uns durch ihn sogar häufig noch zusätzlich schlecht und beschämt. Es hat uns den ganzen Tag beschäftigt, dass wir keine Rede für Mamas 60. Geburtstag schreiben konnten.
Wir beantworten den Hilferuf falsch
Und der Partner sucht einfach ein Gedicht raus und fertig. Okay, das Problem ist aus der Welt. Aber wir tragen das ganze Gefühlschaos noch in uns, all die Erinnerungen, unsere Blockaden, unsere Enttäuschung über uns selbst. Damit bleiben wir jetzt allein. Und im schlimmsten Fall fühlen wir uns noch zusätzlich unfähig, denn die Lösung schien doch so einfach.
Wie Christof hören wir die Hilferufe unserer Partner, aber wir beantworteten sie falsch. Sicher, es gibt immer viel zu tun, und unsere aktive Mithilfe ist gefragt. Aber was wir in der Partnerschaft eigentlich suchen, ist die Verbindung, ist das Verständnis des Partners, um uns nicht schlecht oder schuldig zu fühlen, sein Einfühlungsvermögen, um uns nicht allein zu fühlen, seine Zuwendung, um uns sicher zu fühlen. Manchmal möchten wir, dass der Partner uns entlastet, indem er sich etwas einfallen lässt. Aber noch häufiger möchten wir, dass er mit uns fühlt und für uns da ist, damit wir uns wieder gut mit uns selbst fühlen können.
Zuhören oder anpacken?
Glücklicherweise begreifen wir die Macht der Gefühle und der Empathie allmählich. Sich einzufühlen ist auch Handeln. Denn Gefühle sind keine flüchtigen Gebilde, sondern mächtige Kräfte. Und dem Partner zuzuhören, ihn zu verstehen und sich in ihn einzufühlen ist eine ganz reale Lösung. "Lösen oder verstehen?" ist also die Frage.
Ein kluger Freund hat dafür mal die Begriffe "Blaumann" und "Rotwein" gefunden. "Blaumann" bedeutet anpacken und Lösung suchen. "Rotwein" bedeutet hinsetzen, zuhören, verstehen und mitfühlen. Partner haben das Bedürfnis nach beidem. Und wir können nicht immer wissen, was von uns gewünscht wird. Deshalb ist "Rotwein oder Blaumann?" eine gute Frage.