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Es ist entscheidend, WIE wir unsere Liebe zeigen

Es ist entscheidend, WIE wir unsere Liebe zeigen
© Sylvain Sonnet/Corbis
"Ich liebe dich!" - die berühmten drei Worte kommen nur an, wenn wir sie auf dem Kanal senden, auf dem unser Liebster empfängt.

Nach der Geburt des ersten Kindes sinkt die Beziehungs-Zufriedenheit. Das ist ein statistischer Befund. Doch das Paar, das bei mir saß, fühlte es jeden Tag. Die Wohnung chaotisch, sein Job im Aufbau, die neue Elternrolle fordernd. Sie hatten kaum noch Zeit und vor allem nicht füreinander. Sie stritten sich häufig. Und dann ging sie in die Küche und kochte. Aufwändig und lecker. Aber er konnte es nicht genießen, es machte ihn sogar wütend. Wieso sie so einen Aufwand treibe, wo sie ihm doch dauernd in den Ohren läge, wie erschöpft sie vom Stillen und allem sei? Er warf ihr "Kocharien" vor. Sie lief dann weinend raus. Und für eine Zeit verstand er nur, dass sie sich zutiefst unverstanden fühlte - was ihn nur noch wütender machte.

Irgendwann konnten sie dann ruhiger darüber reden. Über das Essen und das Kochen. Und den Unterschied zwischen ihnen. Langsam konnten sie verstehen, dass ihre Liebe nicht seine Liebe war. Er zeigte seine Liebe, indem er ihr etwas vorlas, was ihn berührt hatte. Oder sie massierte. Aber er hätte dazu niemals zum Kochlöffel gegriffen.

Wir meinen nicht das Gleiche, wenn wir von Liebe sprechen

Liebe ist vermutlich der undefinierteste Begriff, den wir kennen. Doch weil das Gefühl der Liebe so eindrücklich ist, gehen wir völlig selbstverständlich davon aus, dass jeder Mensch Liebe genauso erlebt wie wir selbst. Und dabei meinen wir noch nicht einmal das Gleiche, wenn wir von Liebe sprechen.

Oskar Holzberg ist seit über 30 Jahren verheiratet, seit mehr als 20 Jahren berät der Psychologe Paare. Dabei stellte er fest, dass einige Sätze für alle Beziehungen gelten. In jeder BRIGITTE stellt er einen davon vor.
Oskar Holzberg ist 60 Jahre, Psychologe und seit 30 Jahren verheiratet. Seit mehr als 20 Jahren berät er Paare und kennt die typischen Konflikte.
© Ilona Habben

"Sie werden mit jemandem am glücklichsten, der mit diesen Worten etwas Ähnliches meint wie Sie", schreibt der Psychologe Robert J. Sternberg, einer der einflussreichsten Liebesforscher. Für ihn setzt sich Liebe aus Intimität, Leidenschaft und Verbindlichkeit zusammen. Und Partnern fällt es leichter, miteinander glücklich zu werden, wenn sie die drei Komponenten ähnlich bewerten. Wer der Leidenschaft die größte Bedeutung gibt, für den ist die Hausputzorgie des Partners nicht die Orgie, durch die er sich geliebt fühlt. Und wem Intimität über alles geht, der ist eher irritiert, dass sich die Partnerin dann geliebt fühlt, wenn er ihr bei der Steuererklärung hilft.

"Ich liebe dich!" Sogar die berühmten drei Worte kommen nur an, wenn wir sie auf dem Kanal senden, auf dem unser Liebster empfängt. Im Halbdunkel geflüsterte Liebesbekundungen erreichen jene Partner, bei denen die Liebe durch die Ohren geht. Sie müssen Liebe hören, explizit ausgesprochen. Einen visuell ausgerichteten Partner dagegen lässt das kalt. Er muss Liebe sehen. Auf unserem Gesicht oder in einem handgeschriebenen Brief. Einem Menschen, der hauptsächlich über Berührungen empfindet, reicht beides nicht, wenn er nicht die liebenden Hände und den Körper des Partners dabei fühlen kann.

"Wie möchtest du, dass ich meine Liebe zeige, damit du dich auch geliebt fühlst?" Wie wir geliebt werden wollen, können und sollten wir einander mitteilen. Nicht nur beim Sex. Und wir sollten es ruhig immer wieder miteinander klären, denn wir verändern uns und damit unsere Art, Liebe wahrzunehmen.

Wir lernen, wenn wir offen bleiben. Dadurch ist meine Liebe immer noch nicht deine Liebe. Aber wir verstehen die Liebesbedürfnisse des anderen. Und können es schätzen, wenn der Partner mitten im größten Stress für ein paar Stunden in der Küche verschwindet.

Foto: Ilona Habben BRIGITTE 06/2014

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