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Oskar Holzberg "Liebe ist kein Tauschgeschäft"

Oskar Holzberg: Frau legt Herz in die Hände eines Mannes
© Andrey Popov / Adobe Stock
In der Kolumne unseres Paartherapeuten Oskar Holzberg dreht sich alles um typische Liebesweisheiten und ihren Wahrheitsgehalt, er seziert Sprichwörter, Songtexte und berühmte Zitate. Diesmal: "And in the end the love you take is equal to the love you make" – The Beatles, engl. Band der 60er-Jahre.

Kurz gesagt: Nur ein Hinweis, kein Versprechen. Wir sollten es nicht verwechseln.

Und jetzt mal ausführlich: Letztlich bekommst du so viel Liebe, wie du gibst. Wirklich? Ist es wahr, was die vier Liverpooler verkündeten? Dann wäre das Leben, was es nicht ist. Es wäre gerecht. Die Liebe läge in unserer Hand.

Du gibst eine Menge, du bekommst eine Menge zurück. Das war die Hoffnung der neo-romantischen Revolution der 60er-Jahre, die in der Hippiebewegung und in den 68er-Studentenprotesten gipfelte. Sie hat mehr Freiheit in unsere Sexualität und Bewegung in unsere Gender-Rollen gebracht. Paarbeziehungen brachen auf und veränderten sich in Richtung gleichberechtigter Partnerschaften. Aber sie hat auch noch einmal die naive Romantik verstärkt, mit der wir heute noch in unseren Liebesbeziehungen kämpfen.

Wenn Liebe endet

Charlotte hat lange versucht, immer weiter Liebe zu geben. Aber jetzt trennt sie sich von Piet. Sie fand Zuneigung bei einem anderen Mann. Doch das ist nur der Auslöser für ihre Entscheidung. Über Jahre war ihre Beziehung von harten, oft die Grenzen des anderen überschreitenden Streitigkeiten geprägt. Doch auch das ist nicht der entscheidende Grund für ihren Entschluss. Erst, als sich Piet verletzt und gekränkt jeder Annäherung von Charlotte verweigerte, starb die Liebe.

Das alte Lied. Jede Form von Verbindung ist besser als keine Verbindung. Beziehungen sterben, wenn wir einander nicht mehr erreichen. Wenn wir uns auf die Liebe nicht mehr einlassen, wenn wir keine Liebe mehr "machen", dann bekommen wir auch keine mehr.

Nicht aufhören, aufeinander zuzugehen

Liebe machen bedeutet, dass wir unsere kleinen Herzen immer wieder öffnen müssen. Unseren Groll, unsere verletzten Gefühle, unsere Urteile übereinander und die Wahrnehmung, ungerecht behandelt und gesehen zu werden, überwinden und wieder aufeinander zugehen. Unsere Enttäuschungen, Scham und Schmerzen teilen, wie Charlotte es lange, vielleicht viel zu lange, versucht hat. Und sie nicht in uns verschließen, wie Piet es letztlich tat.

Neu in den Partner verlieben: Oskar Holzberg
Oskar Holzberg, 67, berät seit über 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und ist seit über 30 Jahren verheiratet. Sein aktuelles Buch heißt "Neue Schlüsselsätze der Liebe" (240 S., 11 Euro, DuMont).
© Ilona Habben

In uns werden immer wieder die widerstrebenden Gefühle toben, die Erich Fried so treffend mit "Es ist Unsinn, sagt die Vernunft. Es ist, wie es ist, sagt die Liebe" beschrieben hat. Unsere Entscheidung dafür, weiter Liebe zu "machen", zu geben, ist unsere Chance, geliebt zu werden. Mehr nicht. Daraus die romantische Gleichung zu machen, dass wir geliebt werden, wenn wir nur weiter lieben, ist eine naive Hoffnung, die sich nicht erfüllt." Die Essenz der Romantik ist Ungewissheit" schrieb Oscar Wilde.

Verschließen wir uns, und wie immer reicht es aus, wenn es eine, einer von uns tut, geht die Ungewissheit verloren. Und wird durch die Gewissheit ersetzt, dass es keinen gemeinsamen Weg mehr gibt. Aber wenn wir weiter Liebe "machen", gibt es deshalb umgekehrt keine Gewissheit, dass unsere Liebe auch erwidert werden wird. Liebe ist kein Tauschgeschäft. Liebe bleibt immer ungewiss, und wir müssen uns immer wieder darauf einlassen.

Time to say goodbye

"The End" heißt der Beatles-Song zum Zitat. Nicht zufällig gewählt. Denn die Kolumne, die ihr hier lest, liebe Leser:innen, ist in dieser Form zu Ende. Dafür, dass ihr in den vergangenen Jahren immer mal in meine Gedanken zur Liebe hineingelesen haben, möchte ich euch herzlich danken. Keine Sorge, in veränderter Form wird es weiter eine Kolumne geben, und als BRIGITTE-Autor bleibe ich euch auch erhalten.

Brigitte

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