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Marie Bäumer: "Ein Kind ist auch ein Beruf"

Die Schauspielerin Marie Bäumer hat einen zehn Jahre alten Sohn. Und ihre eigene Meinung, wie man Kind und Karriere vereinbaren kann. Das BRIGITTE.de-Interview.

BRIGITTE.de: Junge Frauen wollen heutzutage ganz selbstverständlich Job und Kind verbinden. Wie sehen Sie das?

Marie Bäumer: Ich finde es überhaupt nicht selbstverständlich, Job und Familie miteinander zu verbinden: Ein Kind zu erziehen, ist auch eine Art von Beruf. Beides ernst zu nehmen ist eine große Herausforderung und Kraftanstrengung. Wenn es zu Konflikten und Spannungen kommt, sind die umso schwerer auszuhalten.

BRIGITTE.de: Frau Bäumer, wie verbinden Sie Ihren Job mit Ihrer Familie?

Marie Bäumer: Als mein Sohn klein war, ist er oft zu den Drehs mitgekommen. Und wir hatten immer ein Kindermädchen: Entweder ist er bei ihr, bei mir oder beim Vater. Für viele ist das schwer vorstellbar, aber für uns völlig normal: Wir sind oft ganz lange weg und dann wieder ganz intensiv da. Ich könnte es mir kaum anders vorstellen. Ich wollte keinen Job, in dem ich mein Kind nur noch schnell abends ins Bett bringen kann.

BRIGITTE.de: Sie sehen Ihren Sohn Shawn also lieber eine Zeit lang gar nicht als permanent nur wenig?

Marie Bäumer: Ich bin nicht gerne viel weg, aber so ist nun mal der Beruf. Seit er in die Schule geht, habe ich versucht, mich auf zwei Filme pro Jahr zu beschränken und diese auf die Ferien zu legen, denn da kann er oft zu Freunden gehen. Im Schulalltag will ich bei Problemen für ihn da sein.

BRIGITTE.de: Schon vor Jahren wurde Ihnen die Rolle für die Buhlschaft im "Jedermann" bei den Salzburger Festspielen angeboten. Sie lehnten ab, Ihr Kind sei zu klein. Finden Sie, eine Mutter muss Abstriche machen?

Marie Bäumer: Ein Kind sollte einen bestimmten Platz in der Familie haben. Ich habe ein Problem mit Frauen, die ihre drei Wochen alten Babys neben dem Telefon im Büro abstellen. Ich würde jedem empfehlen, sich die Zeit für ein Kind zu nehmen, wenn man es sich leisten kann. Aber ich könnte mir nicht vorstellen, irgendwann mal nicht zu arbeiten. Das ist für mich ein Grundbedürfnis.

BRIGITTE.de: Wie lange sollte eine Mutter Ihrer Meinung nach pausieren?

Marie Bäumer: Ein Säugling braucht erstmal die Mutter. Bis ein Kind etwa sechs ist, ist es ganz stark an sie gebunden. Nicht nur biologisch, sondern auch seelisch. Aber wann der beste Zeitpunkt für den Kindergarten ist, hängt vom Kind und der Familie ab: Es gibt Kinder, die lange Ruhe und den elterlichen Schutz brauchen, und es gibt Kinder, die schon ganz früh Kontakt zu anderen Kindern suchen und im Kindergarten glücklich sind. Mütter, die unzufrieden mit dem Kind zu Hause sitzen, weil sie denken, sie müssten jetzt dem Kind was Gutes tun, bringen niemandem was.

BRIGITTE.de: Heute sind Sie wieder viel beschäftigt. Wie gleichen Sie Ihre Abwesenheit aus?

Marie Bäumer: Es geht nicht darum, immer beim Kind zu sein. Aber ich versuche, im Alltag Rituale fürs Kind zu schaffen, die verbindlich sind. Das ist, glaube ich, wichtig.

BRIGITTE.de: Was für Rituale haben Sie?

Marie Bäumer: Zum Beispiel ist es für mich unvorstellbar, ein Kind ins Bett zu bringen, ohne etwas vorzulesen. Wenn ich weg bin, mache ich Abreißzettel für meinen Sohn, damit er sieht, wann ich wiederkomme. Das will er selbst jetzt noch, obwohl er schon zehn Jahre alt ist.

BRIGITTE.de: Sie haben einmal gesagt, dass Sie kein Mann sein wollten, denn "die wissen ja heute gar nicht mehr, welche Rolle sie einnehmen sollen". Welche Rolle sollte ein moderner Mann Ihrer Meinung nach einnehmen?

Marie Bäumer: Die Männer unserer Generation scheinen verunsichert, welche Rolle sie einnehmen sollen und ich finde das sehr nachvollziehbar. Diese Frage stellt sich immer wieder unter den "modernen Paaren" bzw. dort, wo beide den gleichen Raum für ihren Beruf suchen, denke ich. Ich tue mich schwer mit einer Definition für den "modernen Mann": Bereit zur Auseinandersetzung und mit einem gewissen "Forschungswillen" vielleicht?

BRIGITTE.de: Sie glauben an den Wunsch nach stabiler Partnerschaft mit Mutter, Vater, Kind. Ist das nicht eine sehr altmodische Sicht?

Marie Bäumer: Ich beobachte, dass diese Grundsehnsucht nach Familie da ist und bleibt. Nicht nur bei den Kindern, auch bei den Erwachsenen. Unsere Generation ist geprägt von Trennungen und so genannten Patchworkfamilien. Dass das eine "dauerhafte Lösung" ist, glaube ich nicht. Eher steckt vielleicht Hilflosigkeit dahinter.

BRIGITTE.de: Was wäre denn die Lösung?

Marie Bäumer: Die sehe ich zurzeit auch nicht. Die stabilsten Beziehungen, die ich erlebe, sind ganz klassisch: Der Mann hat die Priorität. Das kann auch heißen, dass die Frau arbeitet, aber dann verdient er meistens ein bisschen mehr. Doch das funktioniert nur, wenn beide damit glücklich sind.

Marie Bäumer, 38, ist Schauspielerin, spätestens bekannt seit "Männerpension". Romy Schneider wollte sie nicht spielen - aber in den Filmen "10 Sekunden" und "Mitte Ende August" wird sie in diesem Jahr im Kino zu sehen sein. Marie Bäumer hat einen Sohn. Er ist zehn Jahre alt.

Interview: Franziska Märtig Foto: Global Communications Mercedes-Benz Cars

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