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Liebesfragen Wenn dem Partner die Gesundheit egal ist

Liebesfragen: älteres Ehepaar
© Ruslan Huzau / Shutterstock
Liebe ist die Antwort auf alle Fragen? Nicht ganz. Sie stellt auch ziemlich viele. Psychologe und Paartherapeut. Oskar Holzberg beantwortet sie alle.

Was ist, wenn sich mein Partner nicht um seine Gesundheit kümmert? Die Beziehung kränkelt und die Liebe schwächelt.

Ich werde dieses Ehepaar nie vergessen. Zwei liebenswerte ältere Menschen, einander fürsorglich und humorvoll zugewandt. Sie hatten nur ein Problem. Er hatte sich aus ihrer Sexualität verabschiedet, seitdem er zunehmend unter Erektionsstörungen litt. Da er stets betonte, dass er sie weiter attraktiv fände, bat ihn seine Frau immer wieder, abklären zu lassen, ob es nicht eine körperliche Ursache für seine Beschwerden gäbe. Er schlug ihr selten einen Herzenswunsch ab. Aber hier zögerte er, schließlich sei er körperlich völlig fit. Als er nach Jahren endlich doch zum Urologen ging, war es zu spät. Prostatakrebs im fortgeschrittenen Stadium. Eine Operation konnte ihn nicht lange retten, zwei Jahre später verstarb er an der Krebserkrankung. Seine Frau saß auf meiner Couch, ballte weinend die Fäuste und sagte immer wieder: "Dieser dumme Kerl, oh dieser dumme Kerl!"

Wenn du dich nicht um deine Gesundheit kümmerst, dann bin ich mit dir krank

Im Grunde ist es einfach. Wenn wir unser Leben teilen, dann lassen wir uns gleichzeitig darauf ein, voneinander abhängig zu sein. Wenn du schnarchst, kann ich nicht schlafen. Wenn du Geld verprasst, komme auch ich in Not. Wenn du Alkoholiker*in wirst, bin ich mit dir abhängig. Und wenn du dich nicht um deine Gesundheit kümmerst, dann bin ich mit dir krank.

Neu in den Partner verlieben: Oskar Holzberg
Oskar Holzberg, 67, berät seit über 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und ist seit über 30 Jahren verheiratet. Sein aktuelles Buch heißt "Neue Schlüsselsätze der Liebe" (240 S., 11 Euro, DuMont).
© Ilona Habben

Sobald du krank bist, trifft mich das doppelt. Ich leide mit dir, bin voller Sorgen um dich, will nicht, dass es dir schlecht geht. Aber auch mein Leben wird durch deinen Zustand eingeschränkt. Ich muss deine Aufgaben im Haushalt und mit den Kindern übernehmen. Was ich mit dir genießen möchte, ist jetzt nicht möglich: der Ausflug, die Reise, von Sex und Fahrradtouren ganz zu schweigen. Und wenn dein Immunsystem schwächelt, dann steckst du auch mich an. Und letztlich lässt du mich allein zurück, wenn deine Krankheit tödlich endet.

Es kann mir also nicht egal sein, was du mit deiner Gesundheit anstellst. Ich muss nicht zusehen, wenn du schlecht mit dir umgehst. Es ist eine Ausflucht, wenn ich mir selbst einrede, du seist ja schließlich erwachsen und es sei deine Sache, wenn du mit deinen Beschwerden nicht zur Ärztin gehen willst. Im Gegenteil: Ich habe nicht nur das Recht, dich zu konfrontieren, weil ich immer mit betroffen bin – meine Liebe zu dir verpflichtet mich geradezu. Denn wer außer mir bekommt mit, wie sorglos du mit deiner Gesundheit umgehst?

Nun ist bekannt, dass gerade Männer sich ungern Hilfe holen und oft einen großen Bogen um Ärzte machen. Niemand kann einen unwilligen Partner ins nächste Wartezimmer tragen. Aber wir können entschieden dafür eintreten, dass unsere andere Hälfte auf ihre Gesundheit achtet. Dabei kann es helfen, weicher miteinander zu werden und gemeinsam auf die Ängste und Nöte zu schauen, die beide erleben. Aber wir sollten streiten, streiken – ja, uns letztlich trennen, wenn unser Partner, unsere Partnerin sich absolut weigert. Denn wenn wir sie mit unseren Bitten nicht erreichen, bekommen wir das Gefühl, nicht wichtig zu sein. Und das macht uns und unsere Liebe wirklich krank.

"Paaradox" ist der Podcast mit Oskar Holzberg und seiner Frau Claudia. Sie sprechen offen über Themen, die Beziehungen immer wieder herausfordern. Lustig, spannend und erkenntnisreich! U. a. auf Audio Now.

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