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Kommunikation in der Beziehung: Geht es auch ohne?

Kommunikation in der Beziehung: Paar sitzt genervt nebeneinander
© ModernNomads / Shutterstock
Liebe ist die Antwort auf alle Fragen? Nicht ganz. Sie stellt auch ziemlich viele. Psychologe und Paartherapeut Oskar Holzberg beantwortet sie alle.

Kann man sich auch wortlos verstehen, wenn man sich liebt? Das ist dann wie bei den Glückszahlen im Fernsehen: immer ohne Gewähr! Ich war das erste Mal in meinem Leben richtig verliebt und schüttelte nun auch zum ersten Mal der Großmutter meiner neuen Freundin die Hand. "Junger Mann", sagte sie, "ich war fast 50 Jahre mit meinem Mann verheiratet. Und er hat mir nie gesagt, dass er mich liebt." Omas intimes Sofortbekenntnis ließ mich verlegen grinsen. "Aber ich habe es immer gewusst!", setzte sie mit einem Lächeln hinzu. Mein 17-jähriger Kopf begann zu rotieren. Sollte auch ich besser niemals "Ich liebe dich!" sagen? Hatte ich vielleicht soeben das Geheimnis unsterblicher Liebe erfahren?

Beziehung braucht gute Kommunikation

Wohl kaum. Meine große Liebe währte nur ein paar Monate. Und auch alte Damen können die endgültige Liebesformel nicht kennen, weiß ich mittlerweile – weil es sie schlicht nicht gibt.

Was wir allerdings wissen: dass Beziehungen jede Menge gute Kommunikation brauchen. Wobei "kommunizieren" nicht automatisch "sprechen" bedeutet. Ungefähr 80 Prozent der zwischenmenschlichen Kommunikation geschieht über Körpersprache. "Wir verstehen uns ohne Worte" ist also irgendwie immer wahr. Paare kommunizieren durch Zärtlichkeiten, Aufmerksamkeit, Zuwendung, große und kleine Geschenke, Fürsorge, indem sie Zeit miteinander verbringen und über Sexualität. So bestärken sie ihr liebevolles Miteinander.

Aber Lob, Komplimente und Liebesbekundungen brauchen dann schon ausgesprochene Worte. Und Menschen, die die Welt eher über ihren Hörsinn begreifen, brauchen ins Ohr gehauchte Liebesschwüre mehr als Blumen. Die Blumen sind wiederum wichtiger für visuelle Menschen. Und den kinästhetischen Fühltyp erreichen Zärtlichkeiten am meisten. Wobei natürlich niemals etwas dagegen spricht, auf allen Sinneskanälen zu kommunizieren.

Geborgenheit durch wortloses Verständnis

Nach einiger Zeit als Liebespaar verstehen wir vieles, was im anderen vorgeht, ohne dass er es uns mitteilen muss. Wir können so aufeinander eingespielt sein, dass wir uns nur anschauen müssen, um ein Lokal sofort wieder zu verlassen oder gemeinsam ein Bett zu kaufen. Das wortlose Verständnis vermittelt Geborgenheit. Aber es hat auch seine Tücken. Denn wenn wir meinen, uns blind zu verstehen, dann schauen wir nicht mehr genau hin. Dann halten wir an alten Bildern vom anderen fest und bekommen seine oder ihre Veränderung nicht mit.

Porträt Oskar Holzberg
Oskar Holzberg berät seit mehr als 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und bekommt immer wieder Beziehungsfragen gestellt. Sein aktuelles Buch heißt: "Neue Schlüsselsätze der Liebe".
© Ilona Habben

Unser Verständnis füreinander kann tief gefühlt, aber dennoch oberflächlich sein. Denn es gibt einen Unterschied zwischen Emotionen und Gefühlen. Emotionen können wir am Gesicht und an der Körpersprache ablesen. Wir sehen, ob die Liebste traurig, glücklich, nachdenklich oder ängstlich ist. Aber was sie genau bewegt, ihre Gefühle – die muss sie uns mitteilen. Erst dann können wir verstehen, dass unsere Bemerkung über ihre Schwester alte Konkurrenzgefühle in ihr geweckt hat und sie deshalb ärgerlich ist.

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Wortlose Kommunikation ist wunderbar in der Schönwetterzeit. Gleichgültig, ob wir unseren Partner richtig verstehen, wir werden ihn wohlwollend interpretieren. Aber im Tiefdruckgebiet müssen wir miteinander sprechen, um einander nicht nur negative Absichten zu unterstellen. Denn um einander wirklich zu verstehen, braucht auch die Liebe Worte.

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BRIGITTE 13/2020

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