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Sie wünscht sich ein Baby. Er will keine Kinder. Was tun?

Ihr größter Wunsch ist es, schwanger zu werden. Er will kein Kind. Meint er das ernst? Und wie soll das jetzt weitergehen? 21 Fragen zum Kinderwunsch.

Wir sind seit drei Jahren ein Paar, ich fühle mich langsam reif für ein Kind, für ihn ist es noch gar kein Thema. Ist das normal?

Auch wenn es nach Klischee klingt: Viele Frauen sind per se glücklich, wenn sie Babys sehen, Babys halten. Sogar Fotos von kleinen Kindern lösen bei ihnen Glücksgefühle aus, haben Experimente von Hirnforschern gezeigt. Bei Männern ist das tendenziell anders. Sie sind eher glücklich, wenn sie mit Frauen zusammen sind oder Bilder von Frauen ansehen. Männer wie Frauen streben nach Glück, aber bei Frauen stehen Kinder auf dem Wunschzettel viel weiter oben. Und weil Kinder nicht mehr zwingend dazugehören, weil man sich frei für oder gegen sie entscheiden kann, fällt es viel stärker ins Gewicht, dass die Geschlechter in der Kinderfrage oft unterschiedlich ticken.

Heißt das, für Männer ist eine Beziehung das Wichtigste?

Nein. Auch Männer wollen Kinder. Laut einer aktuellen Studie der Universität Bremen wünschen sich 90 Prozent der Männer bis 35 Jahre Kinder. Und bei den älteren sind es immerhin noch 80 Prozent. Trotzdem entscheiden sich Männer anders für Kinder als Frauen: "Männer entscheiden in der Kinderfrage sehr stark danach, ob sie die Beziehung wirklich tragfähig finden", sagt die Demografieforscherin Dr. Angelika Tölke.

Das klingt aber abwegig. Warum ist Männern denn die Beziehungsqualität so viel wichtiger als Frauen?

"Frauen haben zum Kind von Anfang an eine unmittelbare Beziehung", erklärt der Paar- und Familienberater Dr. Christoph Hutter. Für Männer läuft die Liebe zum Baby viel stärker über die Frau. Wenn die Beziehung scheitert, bleibt das Kind ja meist auch bei der Frau. Deshalb ist es für Männer wichtig, dass sie eine zuverlässige Partnerin haben. Gerade weil Männer sich vor allem eine tolle Frau wünschen und erst dann Kinder Thema werden, prüfen sie genauer, an wen sie sich fest binden. Wenn es die große Liebe ist, dann klappt es oft auch mit den Kindern.

Dann ist sein Nein überhaupt nicht gegen ein Kind gerichtet, sondern gegen mich?

Gelegentlich kann das so sein. Der Psychologieprofessor Peter Kaiser von der Universität Vechta schätzt, dass ein Viertel aller Paare nur übergangsweise zusammen sind, sich also wieder trennen werden. Oft ist die Halbherzigkeit aber auch nur einseitig. Wenn dann die Kinderfrage aufkommt, wird es turbulent. Familienberater Christoph Hutter trifft in der Praxis häufig Paare, die sich ein oder zwei Jahre lang heftig über die Kinderfrage streiten. Aber eigentlich geht es dabei im Kern um die Frage, ob man sich nicht besser doch trennen sollte.

Mein Exfreund wollte nie Kinder. Aber kaum hatte er eine neue Freundin, war die schwanger. Heißt das, unsere Beziehung war schlecht?

Nein. Nicht unbedingt. Auch Männer lernen schließlich dazu. Es ist wahrscheinlich, dass der Mann in einem solchen Fall mit der neuen Frau auch bereit ist für eine neue Lebenstextphase. Natürlich kann es auch sein, dass ihm die alte Beziehung einfach zu verstrickt oder zu manipulativ war. Frauen, die so eine Schocknachricht bekommen, sollten mit der Ursachenforschung aber gar nicht erst anfangen. Kinderwunsch-Experten sind sich einig, dass man so ein Trauma am besten durch eine Trauerphase verarbeitet. Die kann ein Jahr lang dauern. Danach sollte der Schmerz nachlassen. Gestehen Sie sich die Trauer also erst mal zu, wälzen Sie sich aber nicht jahrelang im Leid. In sehr heftigen Erlebnissen steckt auch die Chance, sich selbst blitzschnell weiterzuentwickeln.

Okay, ich schließe mit alten Geschichten ab. Aber wo finde ich den, der wirklich Lust auf Kinder hat?

Männer, die Kinder wollen, laufen überall herum. Und wir erkennen sie auch instinktiv. Wissenschaftler der Universität Chicago haben herausgefunden, dass Frauen den Kinderwunsch von Männern ziemlich genau an deren Gesicht ablesen können — da reicht auch ein Foto des Mannes. Eine weitere Untersuchung legt sogar nahe, dass Frauen maskuline Männer mit breitem Kinn und markanten Zügen zwar gern als Liebhaber auswählen, Männer mit weichen, runderen Gesichtern dagegen eher als Väter für ihre Kinder. Klingt ein bisschen nach Steinzeit-Prinzip, aber warum nicht mal nach einem Bilderbuchpapa Ausschau halten.

Der war dann wahrscheinlich schon mal verheiratet, ist Vater zweier Kinder und hat genug von Familie. Ziemlich ungerecht.

Das ist es auch, keine Frage. Vor allem, weil Frauen, die sich einen in der Praxis bewährten, guten Vater als Lover suchen, ja richtig gedacht haben. "Leider besteht in diesen Partnerschaften ein Interessenskonflikt ", sagt die Paartherapeutin Bettina Jellouschek-Otto. "Die Frauen gehen auf die Familienphase zu, aus der die Männer langsam wieder rauswollen." Wenn Sie sich einen geschiedenen Vater geangelt haben, heißt es: frühzeitig klären, was mit ihm noch möglich ist. Und gegebenenfalls gehen.

Jetzt mal generell: Wenn mein Liebster auf die Kinderfrage "Nein" antwortet, woran erkenne ich, wie ernst er das wirklich meint?

Als Allererstes an seinem Alter. Denn: "Auch bei Männern gibt es Zeitfenster in Sachen Kinderwunsch", erklärt die Psychotherapeutin Andrea Patzer. Ein Mann mit 25 meint mit einem Nein zu 90 Prozent "ich bin noch nicht reif". Ein Mann mit 35 sollte zumindest einen Verhandlungsspielraum aufzeigen, zum Beispiel "Familie im Grunde toll finden", damit man weiterdiskutieren kann. Und ein Mann mit 40 sollte in der Lage sein, innerhalb von einigen Monaten Stellung zu beziehen. Und trotz des hartnäckigen Mythos vom 60-jährigen Supervater: Ab 45 werden Männer hierzulande nur noch extrem selten zum ersten Mal Vater.

Aber ist sein Nein überhaupt verhandelbar?

Natürlich, und zwar klar und deutlich. Der größte Fehler ist das Schwelgen in Andeutungen. Sätze wie "Ich mag ja so gerne Kinder" oder "Guck mal, das Baby da" sind viel zu unkonkret. Paartherapeuten beobachten seit Langem, dass Frauen genau mit dieser Schein-Diplomatie vorgehen. Das Gegenteil wäre angesagt: Besonders ab Mitte 30 sollte man dem Partner klarmachen, dass es einem ernst ist. Die Konflikttrainerin Ursula Wawrzinek rät sogar: "Setzen Sie ein Ultimatum von einem halben oder einem Jahr fest."

Aber setze ich meinen Partner mit solchen klaren Ansagen nicht total unter Druck?

Natürlich müssen Frauen gelegentlich pokern: Sprechen Sie das Thema klar an, aber fokussieren Sie sich nicht komplett darauf. Beißen Sie sich auf die Zunge, wenn Sie Babysachen sehen. Unterlassen Sie es, ihn auf den Geburtstag Ihres Patenkindes mitzunehmen. Wenn Frauen zu sehr für die Mission "Kind" werben, treten sie eine negative Beziehungsdynamik los und drängen den Mann in die Defensive: "Die Frau rutscht dann in die Rolle der Befürworterin, der Mann wird zum Neinsager", erklärt der Heidelberger Psychologe Tewes Wischmann. Also: Ein paar Grundsatzgespräche reichen. Und dann lassen Sie es eine Weile laufen.

Aber viele Männer schieben die Sache doch einfach immer weiter auf. Warum entscheiden sie sich nicht?

Wahrscheinlich liegt es auch am gesellschaftlichen Rollendenken. Männer sind hierzulande jedenfalls ziemliche Spätzünder in Sachen Familie. Erst mit 25 Jahren ist die Hälfte von ihnen überhaupt bereit, bei Mama auszuziehen, und lebt dann natürlich bevorzugt erst mal allein. Ähnliche Nesthockertendenzen zeigen Italiener und Spanier. In Holland und Dänemark dagegen gehen Männer fünf Jahre früher die Schritte ins Erwachsenenleben. Zum postpubertären Bummeln kommt noch ein übermäßiger Anspruch: 94 Prozent der deutschen Männer sind nach wie vor der Überzeugung, sie müssten komplett ihre Familie ernähren. Wenn sie aber merken, dass das kaum zu schaffen ist, werden sie zögerlich.

Heißt das, ein klares Ja überfordert viele Männer, aber Nein heißt gar nicht nein? Kompliziert ...

Auch wenn es seltsam klingt - im Grunde sollten wir uns über diese unkonkreten Antworten freuen. Sie zeigen, dass unser Partner einen latenten Kinderwunsch hat. "Männer haben einfach eine sehr unkonkrete Familienplanung", sagt Familienberater Hutter. Ein Mann, der aufschiebt, ist meistens nicht grundsätzlich abgeneigt.

Wie kann ich denn einen Mann, der sich einfach noch nicht sicher ist, von einem unterscheiden, der mich gezielt hinhält?

Harmlose Trödler sind vor allem ambivalent. Sie haben gleichzeitig Angst vor Nähe und Angst vor Verlust. Sie wollen nicht recht erwachsen werden, sind aber auch anhänglich und liebevoll. "Wenn diese Männer in einer Beziehung nicht komplett vereinnahmt werden, werden sie zugänglich", sagt die Psychotherapeutin Claudia Clasen-Holzberg. Vorsicht dagegen bei verdeckten Neinsagern: Das sind Typen, denen Nähe letztlich nichts bedeutet, die häufig auch gegenüber ihrer Partnerin einfach abtauchen. Zum Thema Kinder lassen sie eher vage, witzige Kommentare ab. Mit Sätzen wie "Wie du wohl schwanger aussehen würdest?" legen sie nur falsche Fährten.

Wie kann ich erkennen, dass mein Partner zu Kindern definitiv Nein sagen wird?

Es gibt Männer, die aufrichtig verwundert sind, dass andere überhaupt einen Kinderwunsch haben. Beispielsatz: "Warum ich keine Kinder will? — Genauso gut könntest du mich fragen, warum ich keine Erdnussallergie habe." Bei denen können Sie es komplett vergessen. Eine andere Sorte Männer hat einfach kein Herz für Kinder: Sie bezeichnen Kinder als Wiedergeburt des Tyrannosaurus oder lassen sie höflich links liegen. Wissenschaftler haben zwei Muster gefunden, die Männer mit Kinderwunsch auszeichnen: Entweder sie empfinden Kinder als eine Bereicherung und sagen das auch offen. Oder sie sind zwar keine Baby- Fans, bekommen aber beim Thema Familie leuchtende Augen — und sei es nur, wenn es um die Clan-Ehre bei "Der Pate" geht.

Angenommen, mein Typ ist tatsächlich ein konsequenter Neinsager. Habe ich nicht doch eine Chance, ihn zu überreden?

Besser, Sie entscheiden sich schnell, was Ihnen wichtiger ist - Mann oder Kind - und verlassen den Mann dann gegebenenfalls. Denn: "Der Kinderwunsch ist extrem archaisch ", warnt Paartherapeutin Jellouscheck-Otto. Sich über ihn hinwegzusetzen tut weh. Eine Untersuchung der Universität Münster zeigt, dass Frauen, die auf ein Kind verzichten, obwohl sie sich sehnlich eines wünschen, ähnliche Schmerzen durchmachen wie Frauen, die ein Kind verlieren.

Denkbar sind ja viele Möglichkeiten: Man könnte einen schwulen Freund um eine Samenspende bitten oder im Ausland eine Samenbank aufsuchen — und trotzdem mit dem Liebsten zusammenbleiben ...

"Kinder sind Hoffnungen." Dieser Satz des Romantikers Novalis ist ziemlich kitschig. Für Frauen und Männer, die Kinder bekommen, hat er aber ganz unbewusst eine Bedeutung. Eine Entscheidung für ein Kind ohne den Partner bedeutet deshalb innerlich: "Für uns beide gibt es keine gemeinsame Zukunft." Auch wenn die Liebe wirklich groß ist — so was ist Stoff für einen Jahrhundertroman, im normalen Alltag aber schwer auszuhalten.

Wie sieht es denn aus mit Verhütung-Weglassen?

Mit Verhütung ist es wie mit dem Steuerrecht: Es gibt Grauzonen. Wenn Ihr Freund ein Zauderer ist, kann man ihm ruhig ein bisschen Beine machen. Zum Beispiel ankündigen, dass man die Pille absetzt. Wenn er sich anschließend dreimal halbherzig um Kondome kümmert und dann nachlässig wird, kann man sagen: Da werden Entscheidungen eben im Tun gefällt. Ein weiterer Vorteil von Kondomen: Man kommt so auch mal in eine Ich-bin-vielleicht-schwanger-Situation. Dann kann man beobachten, wie sich der Partner verhält. Was gar nicht geht: heimlich die Pille absetzen. "Oft spüren Partner intuitiv, dass sie hintergangen werden. Frauen setzen mit so einem Vertrauensbruch ihre Beziehung aufs Spiel", warnt die Psychotherapeutin Andrea Patzer.

Mal angenommen, ich habe keinen Partner, will aber wirklich sehnlich ein Kind. Kann ich mir dann von einer Affäre ein Kind machen lassen?

Jeder zehnte Mann wird ungefragt zum Vater gemacht, schätzt Väterrechtler Dietmar Nicolai Webel. Auch wenn diese Zahl hoch gegriffen ist - Männerverbände bezeichnen Aktionen, bei denen eine Frau einen Mann nach Geld, Status oder guten Genen aussucht und ihn dann vor vollendete Tatsachen stellt, als "seelische Vergewaltigung ". Also: Falls Sie schon immer von Ihrer persönlichen Besenkammer-Affäre geträumt haben - lassen Sie davon ab.

Aber oft sind langjährige Singlefrauen mit Kinderwunsch verzweifelt, weil sie ständig nur auf Männer treffen, die aus allen Wolken fallen, wenn es um Kinder geht.

Sehr viele Frauen zwischen 30 und 40 geben sich heute mädchenhaft. Ist ja auch super: Wir sehen gut aus, sind jugendlich und sexy. Aber: Männer, die genau darauf abfahren, suchen meistens keine Frau als Mutter ihrer Kinder. "Dadurch, dass Frauen selbst nicht in der erwachsenen Rolle agieren, lösen sie auch bei Männern keine Wünsche nach fester Bindung aus", erklärt die Psychologin Patzer. Typen, die auf mädchenhafte Frauen stehen, nehmen oft blitzschnell Reißaus, wenn die Sprache auf Kinder kommt und es ernst wird.

Gibt es den richtigen Zeitpunkt, das Thema anzuschneiden?

Ja, am besten schon möglichst bald, wenn sich die Beziehung festigt - denn dann weiß jeder der Partner, woran er ist. Besser allerdings nicht gleich damit rausrücken, dass man immer schon vier Kinder wollte, denn Männer denken da anders. "Die allermeisten Männer planen von Kind zu Kind", erklärt Familienberater Hutter. Wenn sie erst mal ein Kind haben, fällt es ihnen oft auch leichter, Ja zu weiteren Kindern zu sagen.

Klingt alles nach einer Menge Taktik. Warum können wir nicht ohne viel Lamento eine Familie werden?

Das geht schon, einige Paare schaffen das ja. Dabei kommt es übrigens nicht nur auf den Mann an, sondern auch auf Sie selbst, darauf, wie Sie mit ihm umgehen. "Nehmen Sie die Männer ernst", empfiehlt Psychotherapeutin Andrea Patzer. Denn Frauen hecken die Kinderfrage immer noch viel zu sehr unter sich im Frauenzirkel aus. Nach dem Motto: Was weiß er schon über Kinder? Das funktioniert aber einfach nicht mehr. Denn ein Kind ist heute kein Selbstgänger mehr, sondern eine weitgehend bewusste Entscheidung. Fast wie ein gemeinsamer Hauskauf. Und versuchen Sie das mal hinterm seinem Rücken.

Text: Anne Otto

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