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Kinderbetreuung: Mütter für den Notfall

Kinderbetreuung: Mütter für den Notfall
© macavity/photocase.com
Was kann man tun, wenn die Mutter ausfällt, der Vater arbeiten muss oder der Nachwuchs erkrankt? Ein Dilemma, in das immer wieder viele Familien und Alleinerziehende geraten. Doch es gibt Möglichkeiten auf kurzfristige Hilfe zurückzugreifen: wie zum Beispiel auf den Notmütterdienst in Hamburg.

Kommt am Morgen ein heiseres Husten aus dem Kinderzimmer, setzt das berufstätige Eltern oft gehörig unter Druck. Der streng durch organisierte Zeitplan gerät sofort ins Wanken. Denn wenn der Nachwuchs krank ist, muss man seinen Schützling entweder selbst gesund pflegen oder ganz schnell für Kinderbetreuung sorgen. Im Zweifelsfall versuchen die Eltern häufig noch, das kränkelnde Kind der Krippe oder Kita unterzujubeln. Aber das ist wahrlich nicht die beste Lösung - schon gar nicht bei ansteckenden oder langwierigen Krankheiten.

Gesetzlich Versicherte haben zwar einen Anspruch darauf, sich während der Arbeit für ihr krankes Kind unbezahlt freistellen zu lassen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Kind unter zwölf Jahren alt ist und keine andere Person im Haushalt die Betreuung übernehmen kann. Arbeitnehmer können sich pro erkranktem Kind 10 Tage, Alleinerziehende 20 Tage im Jahr freistellen lassen. Bei mehreren Kindern haben Eltern höchstens auf 25, Alleinerziehende auf 50 freigestellte Tage Anspruch.

Aber hat man seine Freistellungstage bereits ausgeschöpft, muss Betreuung her. In Großstädten wie Berlin, Frankfurt und Hamburg sind auch für solche Fälle professionelle Notmütter und -väter im Einsatz.

"Notmütter oder -väter müssen sich sehr schnell und unkompliziert, ohne Eingewöhnungsphase, auf neue Situationen einstellen", erläutert Christina Soltys, beim Notmütterdienst Familien- und Seniorenhilfe e.V. Hamburg als Geschäftsführerin für die Koordination der Einsätze verantwortlich. Eine Notmutter kann entweder beim Jugendamt oder den Krankenkassen beantragt oder aber von den Familien privat bezahlt werden (12,50 Euro pro Stunde). "Die Betreuer stellen dem NMD ihre Arbeitsstunden in Rechnung. Wir rechnen dann mit den jeweiligen Kostenträgern ab.", sagt Christina Soltys. "Selbstverständlich stehen wir bei Fragen zur Klärung eines möglichen Kostenträgers gerne beratend zur Seite." Je nach Einkommen beziehungsweise gesetzlichen Regelungen müssten die Familien etwas zuzahlen. Ihrer Erfahrung nach seien die zuständigen Kassen und Ämter sehr kooperativ und verlässlich.

In ihrer Kartei gibt es rund 150 "Notmütter und -väter", die auch im Hamburger Speckgürtel und darüber hinaus in Schleswig-Holstein und Niedersachsen eingesetzt werden. Der Männeranteil sei zwar noch sehr gering, aber gerade "die Notväter sind sehr beliebt". Der Mitarbeiter-Pool setzt sich aus sehr unterschiedlichen Berufsgruppen zusammen: "Von der gestandenen Hausfrau bis hin zum Sozialpädagogen. Es sind auch Frauen dabei, die selbst keine Kinder haben, jedoch über langjährige Erfahrung in dem Bereich verfügen und denen der Umgang mit Kindern Spaß macht. Auch Studentinnen aus dem pädagogischen Bereich sammeln so praktische Erfahrungen", sagt Christina Soltys.

Sie bemühe sich, immer die richtige Notmutter für die jeweilige Familie herauszufinden: "Wir schauen, was vom Anforderungsprofil her passt. Aber natürlich muss die Chemie stimmen." Sollte sich herausstellen, dass es "überhaupt nicht klappe", dann werde eine andere Betreuerin eingesetzt. Wichtig ist ihr: "Wir bieten qualifizierte Betreuung für Kinder, wo sie sich am wohlsten fühlen: zu Hause." Der NMD Hamburg sei momentan auch gerade dabei, ein Schulungssystem für seine meist frei beruflichen Mitarbeiter-/innen aufzubauen: "Um das Niveau hochzuhalten", unterstreicht die gelernte Krankenschwester aus der Schweiz.

Die Zeiteinteilung ist individuell, die Notmütter können sich aussuchen, wann und für wie viele Stunden sie zur Verfügung stehen. Ist jedoch eine Betreuungsaufgabe einmal angenommen, dann versucht der Notmütterdienst, Betreuerwechsel bei weiteren Einsätzen zu vermeiden. "So kommt Ruhe in die Situation", so Christina Soltys.

Das Konzept kommt bei den Eltern gut an. "Der Bedarf wächst ständig", so Soltys. Das liege unter anderem daran, dass häufig Großeltern selbst noch arbeiten müssten oder gar nicht in der Nähe wohnten, die die Mutter zum Beispiel im Krankheitsfall ersetzen könnten. Die NMD-Geschäftsführerin kann aber auch von einem neuen Bewusstsein bei Firmen berichten: "Wir hatten mal einen Fall, da zahlte eine Firma für eine Mitarbeiterin, die ins Ausland musste, für mehrere Wochen den Notmütterdienst."

Das Spektrum der Einsätze ist groß. Von stundenweiser Betreuung bis zum Rund-um-die-Uhr-Service ist vieles möglich. Manchmal gibt es regelmäßige monatliche Betreuung, bei der eine Notmutter ein, zwei oder mehr Tage in den Haushalt zieht. Manchmal kann sich der Notmutter-Einsatz auch über Wochen hinziehen - zum Beispiel bei langem Krankenhausaufenthalt eines Elternteils.

Es kann aber auch passieren, dass eine Mutter morgens beim Notmütterdienst anruft und ganz spontan um Kinderbetreuung bittet. Für zwei bis drei Stunden kann auch in diesem Fall geholfen werden. Allerdings sei schon eher Kontinuität angestrebt, betont Soltys. "Wir sind eigentlich kein Springerdienst." Aber: Selbst Einsätze in Kindertagesstätten seien möglich, wenn eine Erzieherin kurzfristig ausfalle. Christina Soltys: " Unser grundsätzliches Bestreben liegt darin, möglichst jede Anfrage zu bedienen, eben individuell auf den einzelnen Fall einzugehen und Hilfe zu bieten."

Der schönste Dank: Ein großes Lächeln

Diana Aslan ist eine so genannte Notmutter. Die Lehramtsstudentin hat sich für diesen Job neben dem Studium entschieden, weil sie so die Möglichkeit erhalte "in die Familien hinein zu horchen". Die 22-Jährige hatte die besten Voraussetzungen in Sachen Kinderbetreuung, ist sie doch die älteste von fünf Geschwistern. Ihre Erfahrungen als Babysitter hatte sie also schon, aber wie war es für sie, das erste Mal vor mehr als einem Jahr als Notmutter zu fungieren? Ein vierjähriges und ein acht Monate altes Kind sollte sie vier Tage lang unter ihre Fittiche zu nehmen. Die Mutter war berufstätig und konnte sich nicht freistellen lassen, während der Vater verreisen musste.

"Total aufgeregt" sei sie gewesen: Wie würden die Kinder auf sie - eine Fremde - reagieren? Würde die leibliche Mutter sie überhaupt als adäquaten Ersatz akzeptieren? "Solche Fragen schossen mir durch den Kopf." Doch nach kurzer Zeit schon konnte Diana Aslan ihre Skepsis über Bord werfen: die Erfahrungen war durchweg positiv. "Grundvoraussetzung ist natürlich, dass man sich in die Familie und ihre individuellen Rituale und Gewohnheiten einfügen kann", betont sie. Sie könne nicht daher kommen und alles anders machen, weil sie persönlich es vielleicht so besser findet. Mit der Zeit sei sie immer selbstbewusster geworden.

Insbesondere die Toleranz der Kinder sei ihr gegenüber bisher immer groß gewesen. "Ich hatte keine Schwierigkeiten, auch nicht mit älteren. Auf eine fremde Instanz reagieren Kinder halt doch anders als auf nahe Verwandte", sagt die Notmutter. Wobei es Unterschiede gebe: Einmal betreute Diana Aslan ein Kind, dessen kranke Mutter mit zu Hause war. "Da musste ich schon mit mehr Fingerspitzengefühl agieren, weil meine Autorität ein wenig in Frage gestellt wurde. Der Kleine ist halt immer zuerst zu Mama gegangen, was ja völlig normal ist." Aber solche Situationen "trainieren", meint die Lehramtsstudentin mit einem Augenzwinkern.

Mit einer Familie ist Diana Aslan mittlerweile regelrecht befreundet. Ihr hatte die Notmutter ganze acht Wochen - die gesamten Semesterferien - zur Seite gestanden. "Das ist gar kein Wunder", sagt sie, "in dieser Zeit wird man fast zum Familienmitglied." Denn die Betreuerin übernimmt ja neben dem Babysitting und Spielen mit den Kids auch viele Aufgaben im Haushalt: "Eben alles, was die Eltern sonst auch so tun müssen: Einkaufen, Waschen, Kochen, Kinder in die Schule oder Kita bringen..." Natürlich halte es sich in Grenzen, Putzfrauen oder Handwerker seien sie schließlich nicht.

"Wissen Sie, was das Beste ist, was ich bisher ganz oft erleben durfte?", resümiert Diana Aslan nachdenklich. "Ich bin mit einem kleinen Lächeln gekommen und wurde mit einem großen Lächeln empfangen - und mit einem noch größeren verabschiedet. Das ist der schönste Dank."

Infos zum Notmütterdienst e.V.

Der Notmütterdienst e.V. (NMD) wurde im Jahr 1969 als gemeinnützige Organisation ins Leben gerufen. Er bietet unbürokratisch und schnell Hilfe. Sei es, dass in einer Familie die Mutter vorübergehend ausfällt und die Kinder unversorgt sind, sei es, dass ein älterer Mensch ständig Hilfe und Betreuung benötigt, um in der eigenen Wohnung verbleiben zu können. Eine "Notmutter" kann entweder beim Jugendamt oder den Krankenkassen beantragt oder aber von den Familien privat bezahlt (12,50 Euro pro Stunde) werden. Der NMD bietet Rund-um-die-Uhr-Betreuung im gesamten Bundesgebiet. Zusätzlich in Hamburg, in Berlin und im Rhein-Main-Gebiet auch stundenweise Hilfe - sowohl tagsüber als auch nachts. Falls Sie selbst eine Notmutter werden wollen, können Sie einfach per Mail an hamburg@nmd-ev.de Bewerbungsunterlagen anfordern.

Flexible Kinderbetreuung: Weitere Adressen

Alternativen zum Kindergarten oder Babysitter bieten häufig auch die von der Bundesregierung geförderten Mehrgenerationenhäuser. Hier finden Sie Häuser in Ihrer Region: www.mehrgenerationenhaeuser.de/.

Die Oma hat keine Zeit? Dann suchen Sie sich doch eine "Leihoma" oder einen "Leihopa", sprich, Senioren, die in ihrer freien Zeit Kinder betreuen.

Babysitter in Ihrer Nähe gibt's bei www.babysitter.de oder www.babysitter-notdienst.de

Einige Beispiele für offene Kinderbetreuung in verschiedenen Städten: Münster: Mehrgenerationenhaus und Mütterzentrum Kaufbeuren: Die "Kinderstube Kaufbeuren" ist eine Elterninitiative, die auch stundenweise Kinder betreut Ravensburg: Die Spielgruppe Pfiffikus ist eine ehrenamtliche Betreuung für Kleinkinder im Alter von 0 - 4 Jahren. Stuttgart Im Eltern-Kind-Zentrum gibt es offene Angebote für Kinder von Freiwilligen Trier: In der offenen Kinderbetreuung des Familien-Zentrums in Trier können Eltern ihre Kleinkinder stundenweise abgeben. Hamburg: Der Hamburger Kinderhafen richtet sich speziell an berufstätige Eltern und bietet eine "Rund-um-die-Uhr-Betreuung" München: Die "Child Care Company" ist eine bilinguale Kinderkrippe mit vielen Zusatzleistungen wie Pick-up-, Babysitter- und Tagesmutter-Service

Für die Recherche: Bei www.qype.com kann jeder Adressen vorstellen und bewerten. Wer den Namen seiner Stadt plus "Kinderbetreuung" eingibt, kann mit etwas Glück hilfreiche Tipps finden.

Auch beim Portal www.meinestadt.de findet man viele Adressen zum Thema Kinderbetreuung am eigenen Wohnort.

Text: Daniela Barth Foto: macavity/photocase.com

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