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Familie So teilt ihr euren "Mental Load" gerecht auf

Familie: So teilt ihr euren "Mental Load" gerecht auf
© bernardbodo / Adobe Stock
Es fliegt nicht gleich die Tür zum häuslichen Paradies auf, wenn zwei gemeinsam gleichberechtigt handeln. Im Gegenteil: Es ist verdammt schwer, sagt Paartherapeut Oskar Holzberg.

Mit der Industriellen Revolution trennten sich Arbeits- und Familienleben. Doch dank Emanzipation, der zunehmenden Digitalisierung und dem Wunsch nach einer anderen Work-Life-Balance wurde diese Trennung immer weniger strikt. Und sie löst sich noch weiter auf: im Trend zum Homeoffice.

Konflikte sind eine Begleiterscheinung der Gleichstellung

Die gute Nachricht ist, dass vermehrte Konflikte darüber, wie Kinderbetreuung und Haushaltsführung gestaltet werden, ja nur deshalb auftreten, weil Väter ihren Mann immer selbstverständlicher auch an Küchenblock und Wickelkommode stehen. Eine Frau, die heute noch froh verkündet, dass ihr Mann nicht einmal wisse, wo die Spülmaschine stehe, ist nicht mal mehr ein Auslaufmodell, sondern entspricht in etwa, weiß gepudert unter einer Rokokoperücke zu leben.

Aus der Forschung wissen wir, dass Paare in der Regel zufriedener sind, wenn sich beide Partner aktiv an der häuslichen Lebensbewältigung beteiligen. Andererseits fliegt nicht sofort die Tür zum häuslichen Paradies auf, wenn zwei gemeinsam gleichberechtigt handeln. Im Gegenteil: Es ist verdammt schwer.

Denn zwischen zwei absolut Gleichgestellten sind Konflikte unumgänglich. Dass die Spüle wie immer vollgestellt ist, wird vielleicht noch hingenommen. Doch dass der Bratenwender schon wieder unauffindbar ist, bringt die Wut zum Kochen. Nie wird er dahin geräumt, wo er hingehört! Doch wer entscheidet eigentlich, wo der Bratenwender seinen Platz hat? Paare stehen vor der Frage, wer entscheidet, wer entscheidet. Und können es nicht entscheiden. Weshalb in vielen Beziehungen ungeklärte Konflikte über Haushalt und Kinderbetreuung vor sich hin schwelen.

Stichwort "Mental Load"

Diese Konflikte werden öffentlich zum Beispiel unter dem Stichwort "Mental Load“ diskutiert. Denn wenn eine von ihren Aufgaben abgibt – klassischerweise ist es ja die Frau – dann übernimmt der andere sie nicht unbedingt 1:1. Was wirklich alles dazugehört und bedacht werden muss, die ganze mentale Belastung, ist ihm entweder nicht klar, oder er überlässt ihr bewusst die Verantwortung, die Pläne, Vorausschau, Übersicht und viele kleine Entscheidungen.

Die Kehrseite davon wird als "Maternal Gatekeeping“ diskutiert: Männer beklagen, dass Frauen einfach nicht loslassen und sie daran hindern, der Tochter rosa Sandalen zu grünen Socken anzuziehen oder den Käse in der Packung auf den Tisch zu legen. Und die Frauen beklagen, dass Männer sich nicht wirklich an familiären Aufgaben beteiligen, weil sie genau solch "unmögliche“ Dinge tun.

Gemeinsam zur Lösung

Statt stille oder lautstarke Machtkämpfe zu führen, gilt es aufzuschreiben und aufzuteilen, was wie zu bewältigen ist. Und sich zur Elternkonferenz zusammenzufinden. Wie verstehen wir unsere Kinder? Wie wollen wir ihnen begegnen? Welche Ziele gibt es? Was soll mit und für die Kinder erreicht werden? Und können wir das nur auf genau eine Art erreichen oder gibt es mehrere Wege? Ziel ist es, grundsätzliche gemeinsame Regeln festzulegen. Wenn wir uns darauf geeinigt haben, müssen wir keine Angst mehr haben, dass Werte ignoriert werden, die uns wirklich wichtig sind. Dann ist es leichter, Unterschiedlichkeiten zu tolerieren.

Das sind keine einfachen Gespräche. Sie stellen unsere unreflektierten Selbstverständlichkeiten infrage. Aber genau das ist notwendig. Denn diese Konflikte zu haben, ist kein Versagen. Wir leben in Veränderungsprozessen, die sich über Generationen hinziehen. Und wir müssen bewusst daran arbeiten.

Neu in den Partner verlieben: Oskar Holzberg
Oskar Holzberg, 67, berät seit über 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und ist seit über 30 Jahren verheiratet. Sein aktuelles Buch heißt "Neue Schlüsselsätze der Liebe" (240 S., 11 Euro, DuMont).
© Ilona Habben
Brigitte

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