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Ahnenforschung: Woher kommen wir?

Familienbilder
© LiliGraphie / Shutterstock
Fragen an die Vergangenheit unserer Familien gibt es viele. Um sie zu beantworten, muss man sich durch Archive und Kirchenbücher wühlen - oder einen Profi beauftragen. Andrea Bentschneider ist Berufsgenealogin und macht sich für ihre Kunden auf die Suche nach deren Wurzeln.

BRIGITTE.de: Was muss ich tun, wenn ich wissen will, woher ich komme?

Andrea Bentschneider: Die wichtigste Grundlage in der Ahnenforschung ist, mit belegten Informationen zu beginnen (Urkunden wie Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden), die in Ihrer Familie vorhanden sind. Es ist ein großer Fehler, sich auf Gerüchte zu verlassen. Ahnenforschung funktioniert wie ein Puzzle. Hier ein Beispiel: Ausgangspunkt der Forschung ist der Name der Großmutter und deren Geburtsurkunde. In Geburtsurkunden sind in der Regel die Namen der Eltern (hier also der Urgroßeltern) verzeichnet. Die nächste Generation ist gefunden und eine weiterführende Suche möglich. So können Sie sich von Urkunde zu Urkunde weiterhangeln. Das ist wie Detektiv spielen. Familiengeschichten bzw. Gerüchte sind schön und spannend, ein guter Anhaltspunkt, aber keine Basis einer systematischen und professionellen Ahnenforschung. Häufig beruhen die Erzählungen leider nur auf Legenden.

Etliche meiner amerikanischen Kunden berichten, ihre Vorfahren seien als blinde Passagiere ausgewandert. Ich sage dann immer scherzhaft, wenn das tatsächlich der Fall gewesen wäre, wären rund 95 Prozent aller Auswanderer über Hamburg und Bremen als blinde Passagiere gereist.

BRIGITTE.de: Bei den vielen Recherchen, die Sie schon betrieben haben: Welcher Fall ist Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben?

Andrea Bentschneider: Ich erinnere mich gut an eine amerikanische Kundin, deren Vorfahren in den USA "Buchanan" hießen. Mein Team und ich haben herausgefunden, dass die Familie aus Hessen stammte und ursprünglich "Buchenau" hießen. Bis ins 16. Jahrhundert haben wir die Familie zurückverfolgen können und sogar noch einen lebenden Verwandten gefunden. Meine Auftraggeberin war ganz begeistert. Ihr Onkel allerdings war am Boden zerstört. Er hatte sich sein Leben lang eingebildet, er würde dem schottischen Clan Buchanan entstammen, mindestens aber ein Nachfahr des amerikanischen Präsidenten Buchanan sei, der allerdings nie Kinder hatte. Dieser Onkel hatte angesichts seiner "schottischen" Herkunft auch einen Kilt im Schrank und alles in den passenden Clanfarben. Obendrein war er Pilot im Zweiten Weltkrieg - er wollte es einfach nicht wahrhaben, dass er deutsche Vorfahren hat und seine Wurzeln nicht in den schottischen Highlands lagen. Die Kundin hat mir die Genehmigung erteilt, dass wir diese Geschichte erzählen dürfen, da wir selbstverständlich alle Forschungsaufträge streng vertraulich behandeln.

BRIGITTE.de: Kommt es vor, dass Sie die Geschichte eines Kunden auf den ersten Blick komplett anders einschätzen, als sie sich hinterher darstellt?

Andrea Bentschneider: Ja, natürlich. In der Familienforschung stößt man immer wieder auf Überraschungen. Der Großvater, der angeblich Einzelkind war, hatte plötzlich sechs Geschwister; die Ur-Oma wurde adoptiert; ungeahnter Konfessions- und Glaubenswechsel und so weiter. Man weiß nie genau, auf welche Information man bei der Suche stößt. Oftmals sind meine Kunden dann sehr überrascht, weil man sich doch vorher hundertprozentig sicher war.

BRIGITTE.de: Welche Fälle berühren Sie am meisten?

Andrea Bentschneider: Wenn ich mich mit jüdischen Familienforschungen beschäftige und deren Geschichte im Zweiten Weltkrieg recherchiere, berührt mich das natürlich sehr. Dann fällt es mir oft schwer, den Kunden mitzuteilen, dass große Teile ihrer Verwandtschaft in Konzentrationslagern umgekommen sind, besonders, wenn das für sie sehr unvorbereitet kommt. Einigen meiner Auftraggeber war nämlich gar nicht bekannt, dass sie jüdische Vorfahren haben.

Bewegend sind auch die Fälle, in denen alle Kinder einer Familie innerhalb weniger Tage z. B. den Masern zum Opfer fielen. Oder wenn ein Neugeborenes und dessen junge Mutter im Wochenbett starben, und der Vater mit kleinen Kindern zurückgelassen wurde.

BRIGITTE.de: Wann ist es sinnvoll, einen professionellen Ahnenforscher zu beauftragen?

Andrea Bentschneider: Es gibt viele unterschiedliche Anreize, warum ein professioneller Genealoge beauftragt wird: etwa wenn alte Dokumente auf dem Dachboden gefunden wurden und man nun Hilfe beim Entziffern der alten Handschriften benötigt, viele Kirchenbücher waren früher auch in Latein oder Französisch geschrieben. Manche erfüllen sich einen Lebenstraum, da sie mehr über die eigene Herkunft erfahren möchten. Manche suchen nach dem besonderen, bleibenden Geschenk zu Weihnachten, zum runden Geburtstag, zur Hochzeit oder einem besonderen Jubiläum, und verschenken etwa eine Familienchronik oder einen Stammbaum. In jedem Fall sollte man sich bewusst sein, dass Ahnenforschung eine zeitintensive Beschäftigung ist, und man je nach Umfang und Forschungszielen mit einigen Monaten Vorlauf rechnen muss.

BRIGITTE.de: Und was kostet eine Ahnenforschung?

Andrea Bentschneider: Jedes Forschungsprojekt ist individuell, daher gibt es keinen Pauschalpreis für "eine Ahnenforschung". Die Kosten richten sich nach Forschungsmöglichkeiten, Zielen, vorhandenen Ausgangsdaten und Aufwand. Als seriöse Ahnenforscherin unterbreite ich gern zunächst ein kostenloses, unverbindliches Angebot. Je genauer die Angaben in Bezug auf bereits vorhandene Daten und die Forschungsziele sind, umso konkreter können unsere Vorschläge sein.

Durch unsere jahrelange, intensive Beschäftigung mit der Genealogie und Geschichte verfügen wir über einen Erfahrungsschatz, den man als Hobby-Familienforscher nur selten erlangen kann. Wir sind auf viele Themen, darunter unter anderem Übersee-Auswanderung im 19. und 20. Jahrhundert und jüdische Forschungen spezialisiert. Wir verfügen in vielen Fällen über persönliche Beziehungen zu Archiv- und Standesamtspersonal, die durch jahrelange Zusammenarbeit aufgebaut wurden, und haben dadurch teilweise Kenntnis von und Zugriff auf Quellen, an die Privatpersonen und Hobbyforscher nicht herankommen. Darüber hinaus haben wir ein Netzwerk von Historikern und Genealogen, so dass wir deutschlandweit unsere Forschungen anbieten können.

Zur Person

Andrea Bentschneider ist die Gründerin und Eigentümerin der Ahnenforschungsagentur "Beyond History". Sie selbst begann sich für das Thema zu interessieren, als sie mit 19 ein Foto ihrer Großmutter im selben Alter fand: "Die Ähnlichkeit war so frappierend, dass ich unbedingt wissen wollte, wer diese Frau war", sagt Andrea Bentschneider.

Mittlerweile blickt Andrea Bentschneider auf über 20 Jahre Erfahrung in der privaten Ahnenforschung zurück. Beruflich führt sie ihre Agentur für Ahnen- und Familienforschung seit fast 8 Jahren erfolgreich. Privatpersonen aus aller Welt (neben Deutschland hauptsächlich aus den USA, Australien und Südamerika), sowie verschiedene nationale und internationale Institutionen und Fernsehproduktionen zählen zu ihren langjährigen Kunden

Service

Hilfe und Dienstleistungen rund um das Thema Ahnenforschung finden Sie unter anderem hier: www.beyond-history.com (Agentur von Andrea Bentschneider) www.abenteuer-ahnenforschung.de (Blog von Andrea Bentschneider mit Tipps zur Ahnenforschung) www.ancestry.de ( Online-Plattform zur Erstellung von Familienstammbäumen und zur Recherche in weltweiten Datenbanken historischer Dokumente, z. B. Passagierlisten, Militärlisten, Volkszählungen) www.genealogy.net (deutscher Genealogieserver mit diversen Datenbanken)

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