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Beziehung Das ist die goldene Ehrlichkeitsregel von glücklichen Paaren

Das ist die goldene Ehrlichkeit-Regel von glücklichen Paaren
© Justlight / Adobe Stock
In einer Beziehung wollen wir ehrlich sein – doch wie kann das gelingen, ohne den:die Partner:in zu verletzen?

Eine ehrliche Beziehung ist eine glückliche Beziehung – die meisten Menschen dürften diese Gleichung nachvollziehen können, gehören Lügen und Betrug doch meist eher nicht zu den Bestandteilen eines gesunden Miteinanders auf Augenhöhe. Auch Studien zeigen, dass es sich gut auf die Gesundheit beider Partner:innen auswirkt, wenn möglichst wenig gelogen wird.

In einer Welt, in der Fake News und Bildbearbeitungen Alltag sind, in der in sozialen Netzwerken ein Leben gezeigt wird, über das mindestens zehn Filter gelegt wurden, liegt die Vermutung nahe, dass wir anderen Menschen einen Gefallen damit tun, wenn wir sie mit der Wahrheit konfrontieren. Vor allem jene Menschen, mit denen wir eine Beziehung führen. Und sicherlich ist der Grundgedanke auch nicht falsch. Aber: Was ist denn überhaupt die Wahrheit? 

Kurzgefasst: Die Wahrheit ist kein Fakt, sondern eine Perspektive, eine persönliche Wahrnehmung, die nicht brutal sein muss – und bei der Timing eine große Rolle spielt. Wer sich darüber bewusst ist, der:die kann mit einer anderen Person eine tiefe, innige Beziehung führen, die auf Ehrlichkeit und Respekt aufbaut – und in der Meinungen nicht gedankenlos ausgesprochen werden und verletzen.

Die Wahrheit ist eine persönliche Geschichte

Wer von Wahrheit spricht, sollte sich über die Frage im Klaren sein, was "Wahrheit" denn überhaupt bedeutet und darüber, dass eine solche Frage auf unterschiedlichen Ebenen beantwortet werden kann. Der öffentlich-rechtliche Sender 3sat beispielsweise schreibt hierzu: "Wahrheit definiert sich [im 19. Jahrhundert] als 'Übereinstimmung zwischen dem Wissen und dem Seienden'". 

Später wurde weiter unterschieden zwischen der absoluten Wahrheit ("Die Erde ist eine Kugel") und der relativen Wahrheit ("Die Erde ist durch die Rotation und die Polkräfte von Milliarden von Jahren etwas aus der Form geraten und an vielen Stellen eingebeult. Aber prinzipiell ist sie natürlich eher eine Kugel als eine Scheibe"). Im Idealismus wiederum rückt der Mensch als Individuum in den Mittelpunkt. Seine Herkunft, kulturelle Einflüsse, Erziehung, moralische Grundsätze, kurzum: Das Verstehen und Interpretieren der Welt und ihrer Wahrheiten steht im Kern dieser Wahrheitsdefinition.

Das bedeutet letztlich vor allem eine Sache: Die "Wahrheit" ist nicht zwangsweise "wahr", je nachdem, auf welcher Ebene sie – und von wem – betrachtet wird. Zu unterscheiden ist Wahrheit auch unbedingt vom Fakt: Letzteres ist messbar, (theoretisch) unbestreitbar. Was wiederum die Fakten für das Individuum bedeuten, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, so wie es auch seine jeweiligen Wahrheiten sind. Und das bedeutet im Umkehrschluss, dass Wahrheiten am Ende aller Tage Geschichten sind. Menschliche Geschichten, deren Inhalt vom Leben der erzählenden Person abhängt. 

Niemand will die brutale Wahrheit hören – höchstens die nackte Wahrheit

Und viele von uns haben das mehr oder minder starke Verlangen, unsere Geschichten, unsere Wahrheiten, die wir als vermeintlich universelle Wahrheiten und Fakten oft missverstehen, anderen Menschen nahezubringen. Weil wir das Gefühl haben, sie würden es "verdient" haben, die Wahrheit zu erfahren. Wenn eine gute Freundin vor uns steht und nach langem Suchen im Geschäft stolz ein Kleid präsentiert, dann haben diejenigen, die das Kleid ganz scheußlich finden, eine Entscheidung zu treffen:

  • Sie lügen die Freundin an und behaupten, das Kleid würde ihr wunderbar stehen
  • Sie sagen ihr ins Gesicht, dass das Kleid furchtbar an ihr aussieht

Doch was viele Menschen in so einem Moment vergessen: Sie müssen ihre Freundin nicht anlügen. Sie können sich auf einen Aspekt konzentrieren, der passt ("Das Kleid lässt dich größer wirken") oder die Aufmerksamkeit auf die Meinung lenken, die am Ende wirklich zählt ("Wie gefällt es dir denn?") und vor allem können sie sich gewahr werden, dass der vermeintliche Fakt – nämlich, dass der Freundin das Kleid überhaupt nicht steht – lediglich ihre Wahrheit ist, die geformt wurde durch ihre Erziehung, durch die Gesellschaft, in der sie leben und durch ihren Blick auf die Welt und auf Schönheit und Ästhetik. 

Eine von uns ausgesprochene brutale Wahrheit soll unsere Mitmenschen schützen, sie auf den richtigen Weg bringen. Wir meinen, unsere Mitmenschen verletzen zu müssen, weil wir glauben, dass sie noch viel größeren Schmerz erleben würden, wenn wir ihnen nicht eine "ungeschminkte Wahrheit" an den Kopf stoßen. Natürlich sollte man andere Menschen nicht anlügen, doch sie zu verletzen ist nicht das andere Extrem.

Es gibt einen Unterschied, ob wir einem Freund, der seine Lebenszeit in unseren Augen durch Nichtstun verschwendet, ins Gesicht sagen: "Denk daran, dass du irgendwann sterben wirst." Oder ob wir ihm stattdessen mit auf den Weg geben: "Irgendwann bist du tot und jede Entscheidung, die du je getroffen hast und treffen wirst, ist damit unbedeutend, denn für das Universum bist du weniger als ein Staubkorn."

Das Timing ist entscheidend

Auf der Social-Media-Plattform TikTok wird in einem Video zum Thema Ehrlichkeit ein sehr gutes Beispiel erklärt, das zeigt, dass die Wahrheit auch immer eine Sache des Timings ist. Eine gute Freundin spielt in einem Stück mit, doch es ist (deiner Meinung nach) grauenvoll, du hasst jede Minute und nach der Aufführung steht sie erwartungsvoll vor dir und fragt nach deiner Meinung.

  • Du könntest ihr ehrlich sagen, wie furchtbar du es fandest – aus mehr als einem Grund wird sie diese brutale Wahrheit höchstwahrscheinlich schwer verletzen
  • Alternativ kannst du dir auch einen Aspekt heraussuchen, der auf ihre Frage eingeht und sie nicht verletzt – beispielsweise, dass du es wundervoll fandest, sie auf der Bühne sehen zu können

Im genannten Beispiel lügst du die Freundin nicht an – vielmehr bist du dir darüber im Klaren, dass es eine bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort gibt, an dem man über die "nackte Wahrheit" reden kann. Und du weißt, dass dieser Zeitpunkt nicht direkt nach ihrer Aufführung ist und nicht noch vor Ort so kurz nach dem Stück. In einem späteren Telefonat kannst du sie fragen, ob sie deine Meinung zum Stück hören möchte und sollte sie das bejahen, kannst du ihr konstruktiv und ehrlich sagen, was du von der Aufführung gehalten hast.

Wir müssen uns darüber klar sein, dass wir uns über nichts klar sind

Wir möchten unseren Liebsten nie etwas Schlechtes und denken oftmals, dass die ungefilterte Wahrheit stets der beste Weg der Kommunikation ist. Doch wie die Beispiele und Ausführungen zeigen sollten: Wer sind wir schon, dass wir meinen, die einzig wahre Wahrheit für uns gepachtet zu haben? Unsere Wahrheit ist nur eine von vielen, unsere Perspektive nur eine von Milliarden. Was wir als gutgemeinte Hilfestellung sehen, kann für unser Gegenüber eine taktlose, unfaire Gemeinheit sein.

Wer sich dieser Dinge bewusst ist, hat die eigene Formulierung und Perspektive zumeist besser im Blick und kann in verschiedenen Situationen einerseits dem Anspruch an Ehrlichkeit in der Beziehung genügen als auch den:die Partner:in damit nicht vor den Kopf stoßen.

Verwendete Quellen: psychologytoday.com, apa.org, 3sat.de, medium.com, practicaldramatics.com, tiktok.com

csc Brigitte

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