Anzeige

Coupleontour Vanessa und Ina: "Wir müssen uns weder schämen noch verstecken!"

Coupleontour: Die lesbischen Frauen Vanessa und Ina kuscheln auf Mallorca
© Vaginasontourx / Privat
Teil 4 unserer Serie #dubiststark: Vanessa und Ina. Die beiden Berlinerinnen gehören schon jetzt zu den Frauen, die die Welt verändern. Im BRIGITTE.de-Interview erklären sie, warum sie auf Instagram meist knutschend zu sehen sind.

Teil vier unserer #dubiststark-Reihe: Darin stellen wir jeden Monat eine bewundernswerte Frau vor, die uns bewegt, inspiriert und Mut macht. Diesmal sind‘s sogar gleich zwei starke Ladys: Ina und Vanessa. Die beiden studieren und leben in Berlin – und möchten Menschen dazu ermutigen, zu ihrer Identität zu stehen, sich nicht zu verstecken und ihren eigenen Weg zu gehen, auch wenn der abseits der traditionellen Lebensentwürfe liegt. Checkt auch unseren Instagram-Kanal, auf dem ihr noch mehr über inspirierende Frauen erfahrt!

Schwul? Lesbisch? Bi? Wen interessiert’s?! Welche sexuelle Orientierung wir haben, ist ja mittlerweile bekanntlich tooootal egal und üüüüüberhaupt kein Thema mehr. Schließlich leben wir in einer toleranten Gesellschaft, in der gleichgeschlechtliche Paare sogar in den heiligen Stand der Ehe eintreten dürfen. 

So weit, so theoretisch. Nur sieht die Lebenswirklichkeit anders aus. Besonders, wenn man in einem brandenburgischen Dorf aufwächst, in dem um 18 Uhr die Leberwurststulle auf den Abendbrottisch kommt. Dann ist das einzig Realitätsnahe an der beschriebenen Theorie das Wörtchen sogar, weil es impliziert, dass es eben doch noch etwas Besonderes ist, dass Schwule und Lesben heiraten dürfen ... 

Pubertät + unsicher + lesbisch + Dorf = gar nicht mal so schön ...

Ina und Vanessa jedenfalls sind in so einem brandenburgischen Dorf aufgewachsen und für sie war sexuelle Orientierung immer ein Thema – vor allem die eigene und lange Zeit vor allem ein unangenehmes. Aber eben keines, über das man sprach oder mit dem man sich mal bewusst auseinandergesetzt hätte. "Als Jugendliche waren wir beide fest davon überzeugt, dass wir auf Jungs stehen", erzählt Ina, "unsere Eltern haben uns immer nur gefragt, ob wir einen Freund haben oder ein Date mit einem Jungen. Dadurch haben wir überhaupt nichts Anderes in Betracht gezogen." 

Dabei, sagen sie heute, hätten sie es eigentlich schon viel früher erahnen können. Zum Beispiel, weil sie sich als Teenies nie so hundertprozentig zugehörig fühlten zu den anderen Mädels in ihrer Klasse. Oder weil sie Serien cool fanden, mit denen sonst niemand etwas anfangen konnte. Oder weil sie Frauen selbstverständlich für attraktiv hielten – tut das nicht jede? Ist doch gar nichts dabei! Aber dass all das bedeuten könnte, dass sie lesbisch sind, auf die Idee kamen Ina und Vanessa erst einige Zeit, zahlreiche frustrierende und verunsichernde Erfahrungen und unzählige einsame Momente später ...

Wie sie einander – und sich selber – wirklich kennenlernten

In ihrer Heimat gingen Vanessa und Ina für ein paar Jahre auf dasselbe Gymnasium. Sie kannten sich flüchtig, waren aber nie besonders enge. Freundinnen? Nope! Beide machten schön ihr Ding, jede für sich – beziehungsweise für ihre Eltern, Lehrer, Freundeskreis ... Immerhin hatten sie nach dem Abi (unabhängig voneinander) das gleiche Ziel: Berlin, auf in die Freiheit!

Doch auch dort hätte sich für die Zwei nicht sonderlich viel geändert – wäre nicht Ina auf die glorreiche Idee gekommen, sich die Haare abschneiden zu lassen. Und hätte nicht Vanessa den Mut gefunden, ihrer Schulbekanntschaft zu ihrem ersten Insta-Post zu schreiben, auf dem sie ohne langen, blonden Zopf zu sehen ist. Genau genommen haben sie damit gemeinsam den Grundstein für ihre Freundschaft gelegt. Und natürlich für das, was daraus wurde.

Anfangs waren Ina und Vanessa lediglich Freundinnen. Vor allem Ina brauchte eine Weile – etwa ein halbes Jahr – bis sie verstand, dass sie Vanessa liebt. "Wir waren sehr unsicher und konnten es am Anfang einfach nicht glauben. Wir dachten, es sei vielleicht bloß Neugier", erzählt Ina. Doch mit der Zeit wurden sie unzertrennlich und was sie für Neugier gehalten hatten, entpuppte sich als jene Lust, von der sie zwar schon gehört, die sie selber aber nie zuvor empfunden hatten. Damit war die Sache klar. Aber erstmal (leider) nur für Ina und Vanessa. Schließlich musste noch das Dorf in Brandenburg über die Angelegenheit informiert werden ...

Das Coming-Out per WhatsApp

In der Anfangsphase ihrer Beziehung war öffentliches Küssen, Händchenhalten oder was sonst darauf schließen lassen könnte, dass sie zusammen sind, für Vanessa und Ina tabu. Kaum jemand wusste, dass zwischen ihnen etwas lief, die meisten hielten sie für beste Freundinnen. "Einige unserer Familienmitglieder ahnten wohl schon etwas, weil wir ständig zusammen waren. Aber wir hatten einfach nicht den Mumm, es ihnen zu sagen", sagt Ina. Erst nach über einem Jahr bekannten sie sich zu ihrer Beziehung. "Wir haben es vielen über WhatsApp mitgeteilt. Das Coming-Out war echt schwierig für uns", gesteht Ina. "Bevor man etwas sagen kann, muss erstmal die eigene innere Akzeptanz da sein." Und wo soll diese Akzeptanz plötzlich herkommen für etwas, das in dem Weltbild, mit dem man aufgewachsen ist, gar nicht vorkommt ...?

Mittlerweile haben die zwei Wahl-Berlinerinnen diese Akzeptanz aber und damit endlich akzeptiert, wer sie sind: Ina und Vanessa, 23 und 22 Jahre alt, Studentinnen in Berlin, seit zweieinhalb Jahren ein Paar, schminken sich gerne, mögen beide keine Butter. Ein paar Beziehungen sind seit ihrem Coming-Out zerbrochen, die meisten ihrer Verwandten und Bekannten haben aber gut darauf reagiert – Akzeptanz ist eben meistens ansteckend, genauso wie (Selbst-)Liebe ... 

Warum Knutsch-Fotos bei Instagram?

Klar könnten Ina und Vanessa jetzt glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage (oder Liebe) im ruhigen Berlin still und vergnügt vor sich hinleben – tun sie aber nicht. Weil sie nicht vergessen können, wie schwer es für sie war. Wie einsam sie sich als Jugendliche gefühlt haben, wie oft sie an sich zweifelten und wie lange sie später ihre Liebe aus Angst und Unsicherheit versteckt hielten. Weil sie aus eigener Erfahrung wissen, dass unsere Gesellschaft längst nicht so tolerant ist, wie wir es uns wünschen (hier liest du einige der absurden Vorurteile, mit denen sie als Lesben immer wieder konfrontiert werden). Und weil sie jetzt endlich glücklich miteinander sind und sich gegenseitig Kraft geben – und dieses Glück auch anderen wünschen.

Deshalb haben Ina und Vanessa im September 2018 einen gemeinsamen Instagram-Account erstellt, auf dem sie Fotos von sich posten – meistens knutschend.

"Wir wollen zeigen, dass wir uns überall küssen können, wo wir wollen. Wir müssen uns weder schämen noch verstecken. Es soll normal werden, dass auf der Straße zwei Frauen oder Männer Händchen halten oder sich küssen", erklärt Vanessa. Auf ihrem YouTube-Kanal haben die beiden ihre Geschichte erzählt und laden regelmäßig Videos hoch, in denen sie ihre Erfahrungen teilen, auf Nachrichten und Fragen von ihren Follower:innen eingehen oder auch Tipps geben, wie man sich z. B. selber über die eigene Sexualität klarwerden kann. "Wir wollen anderen Menschen die Kraft geben, die wir zu Beginn nicht hatten. Wir wollen Frauen und Männern helfen, Selbstliebe und Selbstakzeptanz aufzubauen. Wir möchten Menschen miteinander vernetzen und in Kontakt bringen", sagen sie. "Wir hoffen, dass alle lesbischen Frauen ihren Weg gehen und glücklich werden mit der Partnerin, die sie an ihrer Seite wollen. Tut das, was EUCH glücklich macht – und nicht die anderen." Amen! Dem können wir nichts hinzufügen, außer, dass sich selbstverständlich ALLE Menschen angesprochen fühlen dürfen, egal ob queer, straight oder asexuell. 

Liebe Ina, liebe Vanessa, vielen Dank für euren Einsatz – für Liebe, Freiheit und Respekt!

Videotipp: "Mama, ich bin schwul" – dieses Outing rührt zu Tränen

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel