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Paartherapeut verrät Beziehung ohne Liebe: Geht das?

Beziehung ohne Liebe: Mann und Frau in der Küche
© fizkes / Shutterstock
Liebe ist die Antwort auf alle Fragen? Nicht ganz. Sie stellt auch ziemlich viele. Psychologe und Paartherapeut Oskar Holzberg beantwortet sie alle.

Reicht es, als Paar ein "gutes Team" zu sein? Wenn wir es wirklich schätzen können, ein gutes Team zu sein.

Angenommen, wir müssten uns zwischen zwei Optionen entscheiden: Wollen wir die große Liebe füreinander sein oder lieber ein gutes Team miteinander? Wir würden uns vermutlich für die große Liebe entscheiden, für die großen Gefühle. Ein gutes Team zu sein, das klingt viel zu sachlich, vernünftig, nach Arbeitsplatz. Haben wir nicht gerade das Teambildungsseminar hinter uns? Doch andererseits wird eine Beziehung auf Dauer zur Hölle, wenn zwar die Liebe groß ist, aber das Paar kein gutes Team wird. Ein Team, das nicht nur seinen Alltag, sondern vor allem gemeinsam seine Krisen bewältigen kann.

Verbindung und Freundschaft als Basis jeder Beziehung

Denn ein gutes Team erkennt man daran, dass es auch dann noch ein gutes Team ist, wenn es eigentlich gerade kein gutes Team ist. Das heißt: Wenn wir als Partner wieder zueinanderfinden können, selbst wenn wir uns im Moment nicht verstanden und allein gelassen fühlten. Wenn wir durch Flirts und Affären gekränkt sind, uns bei Entscheidungen übergangen fühlen, uns von der inneren Welt der Partnerin ausgeschlossen fühlen. Ein gutes Team im Haushalt, finanziell, auf Reisen oder in der Kinderbetreuung zu sein, ist nicht gering zu schätzen. Aber nur gut zu funktionieren und das Leben gemeinsam zu bewältigen, wird auf Dauer für eine Liebesbeziehung nicht ausreichen. Entscheidend ist vielmehr, ob wir ein gutes Team sind, das dafür sorgt, es auch zu bleiben.

Neu in den Partner verlieben: Oskar Holzberg
Oskar Holzberg, 67, berät seit über 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und ist seit über 30 Jahren verheiratet. Sein aktuelles Buch heißt "Neue Schlüsselsätze der Liebe" (240 S., 11 Euro, DuMont).
© Ilona Habben

Und damit für eine Beziehung, in der respektvoll miteinander umgegangen wird, in der es offene Aussprachen gibt, in der schlechte Gefühle geklärt werden. Darüber entsteht Verbindung und Freundschaft. Und das ist die Basis jeder Beziehung. Es ist der Boden, auf dem Liebe gedeihen und sich Erotik und Sexualität erhalten kann. Die Gefahr besteht darin, dass wir zu sehr versuchen, vorrangig ein harmonisches Team zu sein. Konflikte und Provokationen zu vermeiden, keine wichtigen Bezüge von außerhalb zuzulassen. Dann wird es öde. Und der Horror davor, als Paar nicht mehr als nur das "gute Team" zu sein, wird verständlich. Wir leben im ewigen Widerspruch, eine feste Paarbeziehung zu ersehnen, aber auf keinen Fall unsere Ansprüche auf Glück, Zufriedenheit und ein erfülltes Leben dadurch einschränken zu lassen. Die Liebe verspricht, diesen Widerspruch aufzulösen.

Die Liebe erscheint uns als der magische Klebstoff, der uns auf wunderbare Weise zusammenhält, was auch immer kommen mag. Ein Team kann man verlassen, und selbst das beste Team kann sich auflösen. Einen Schutz gegen die Zerbrechlichkeit unserer Beziehungen scheinen uns nur unsere unbeherrschbaren Liebesgefühle geben zu können. Doch die Trennungsquote und die Einsicht in die Dynamik von Paarbeziehungen sprechen dagegen. Auf Liebe ist kein Verlass. Und wir können sie nicht aktiv gestalten. Ein gutes Team zu sein dagegen schon. Vielleicht geht es darum, klarer anzuerkennen, wie wichtig es ist, ein gutes Team zu sein. Und mehr noch: wie sehr wir es lieben, als Team zu leben. Wenn wir diese Liebe teilen, dann sind wir nicht mehr nur ein Team. Wir schaffen auch eine verbindende Liebe.

"Paaradox" ist der neue Podcast mit Oskar Holzberg und seiner Frau Claudia. Sie sprechen offen über Themen, die Beziehungen immer wieder herausfordern. Lustig, spannend und erkenntnisreich! U. a. auf Audio Now. 

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BRIGITTE 05/2021

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