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Beziehung in der Coronakrise: Experte verrät, worauf es jetzt ankommt

Beziehung in der Coronakrise: Ein Mann nimmt seine Frau von hinten in den Arm
© bbernard / Shutterstock
Es wird eng für Familien und Paare. Die Wohnung ist plötzlich Arbeitsplatz, Schule, Kindergarten. Viel Zeit, aber wenig Platz – und eine Menge Angst, wie es weiter gehen wird. Die Frage ist nicht, ob es Streit geben wird, sondern wann. Paartherapeut Eric Hegmann verrät, wie wir mit der Situation umgehen können.

Der Volksmund sagt: Angst ist ein schlechter Ratgeber. Und er hat Recht. Denn auf Angst haben Menschen evolutionär nur 3 direkte Reaktionen: Flucht, Gegenangriff und Starre. Argumente, Abwägen, Überdenken – all das geschieht erst nachgelagert. Diese Teile des Gehirns, die dazu überhaupt fähig wären, die wurden erst viel später entwickelt. Unsere Vorfahren mussten aber dennoch bereits überleben können und dieses Instinkt-Verhalten steuert uns in Gefahrensituationen immer noch. Warum dieser Ausflug in die Evolution? Weil gerade eine Gefahrensituation droht, die Beziehungen von innen und außen bedroht und die Partner in Angst versetzt. Und das sorgt für Stress, der sich in Beziehungskrisen entladen kann. Und ehrlich, jetzt auch noch Streiten, das ist das Letzte, was man braucht.

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Die Bedrohung von außen: Das Virus

Das Miteinander wird reduziert. Menschen, extrem soziale Lebewesen, müssen sich abschotten. Soziale Kontakte machen nun Angst, denn sie könnten tödlich sein. Und die Schreckensszenarien, die wir durch die Medien und das Internet erfahren, sorgen für noch mehr Panik: Kommen Zustände wie in Italien? Werden meinen 80-jährigen Eltern die Beatmungsgeräte weggenommen, um sie 60-Jährigen zu geben, weil nicht genügend Plätze und Geräte vorhanden sind? Was geschieht, wenn ich selbst krank werde, was, wenn mein Partner, meine Kinder Betreuung benötigen?

Die Bedrohung von innen: Die Nähe

Ausgerechnet Nähe ist nun, was Paare und Familien bedroht. Wenn man sie nicht hat, wird sie erhofft. Fast alle Paaren klagen in der Paartherapie, sie würden zu wenig Zeit miteinander verbringen. Jetzt haben sie zu viel davon. Also genauer gesagt, es kommt uns als zu viel vor, weil wir natürlich als Individuen unterschiedliche Bedürfnisse zu unterschiedlichen Zeiten haben. Dadurch kollidieren unsere Wünsche. Ein Kind braucht Hilfe bei den Hausaufgaben, das andere will spielen und der Partner muss telefonieren – in Ruhe, wenn möglich und man selbst müsste ja eigentlich auch Homeoffice machen, aber alle anderen erwarten, dass man gleichzeitig hinter ihnen her aufräumt, einkauft und kocht. 

Flucht ist unmöglich

Eine unserer drei spontanen Krisenbewältigungsstrategien fällt schon einmal in der heimischen Isolation weg: die Flucht. Weil alles geschlossen hat: das Sportstudio, die Kita, das Büro. Damit bleiben nur noch zwei: der Gegenangriff und die Starre. Wer sich schon einmal Tiere angesehen hat, die zusammen in einen kleinen Käfig gesperrt werden, weiß, was nun geschieht: Revierkampf. Übertragen auf die Familie oder das Paar bedeutet das: Meine Bedürfnisse sind jetzt wichtiger als deine! Das kann gar nicht funktionieren.

Schafft Freiräume

Nicht jede Wohnung ist geplant worden für einen oder womöglich zwei Homeoffice-Arbeitsplätze. Seid kreativ, wenn ihr euch Raum zum Arbeiten schafft. Bedenkt aber, als Homeoffice-Platz ist das Sofa und ein Laptop auf dem Schoß nicht geeignet und ebenso wenig der Esstisch. Definiert eine oder zwei Ecken, die ihr sonst nicht benötigt, damit ihr nicht permanent umräumen müsst. Wenn ihr viel telefonieren müsst, solltet ihr eine Türe hinter euch schließen können.

Erlaubt körperliche Nähe

Statt euch zurückzuziehen, wenn es heikel wird, nehmt euch lieber in den Arm. Berührungen und Umarmungen beruhigen. Der Blutdruck sinkt, der Herzschlag wird langsamer, Angstzustände lösen sich auf, Stresshormone werden abgebaut. Was ihr bei Kindern ganz instinktiv machen würdet und was bei denen ja auch funktioniert, das klappt auch mit dem Partner. Eine Umarmung von mehr als zwei Minuten (und als Bonus noch ein Kuss) – und der Stress ist weg.

Erlaubt emotionale Nähe

Das ist so wichtig, denn nur wenn ihr über eure Ängste sprechen könnt, dann könnt ihr sie auch ernst nehmen und ihr fühlt euch umgekehrt auch ernst genommen. Schämt euch nicht dafür. Vor eurer Türe und auf der ganzen Welt spielt sich eine verdammte Pandemie ab, für die es (noch) keine Impfung und keine Medikamente gibt! Die meisten Menschen werden sich irgendwann infizieren. Du, dein Partner, eure Kinder, eure Eltern. Ihr habt allen Grund Angst zu haben. Daraus muss aber keine Panik werden, wenn ihr spürt, dass ihr nicht alleine und füreinander da seid!

Seht das Positive

Eine gute Grundstimmung schlägt seltener um ins Negative. Wärt ihr voneinander getrennt, würdet ihr euch um einander sorgen. Gebt euch gegenseitig Halt, wahrt eure Rituale oder schafft euch neue: esst wieder zusammen, kocht gemeinsam, spielt etwas. Sprecht miteinander über eure Ängste, das befreit und vor allem, es bewahrt euch vor dem eigentlichen Problem, das euch bedroht: die Furcht, alleingelassen zu werden. 

Falls ihr als Paar trotzdem in dieser Zeit an eure Grenzen kommt: Paartherapeut Eric Hegmann bietet online Krisenberatung und Unterstützung an. Infos und Kontaktmöglichkeiten findet ihr auf seiner Website.

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