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Chamäleon-Effekt Warum dieses Verhalten deiner Beziehung schadet

Abstraktes Bild von drei Frauen, deren Gesichtszüge teilweise fehlen
© Mary Long / Adobe Stock
Eine Beziehung unterliegt stetigem Wandel, denn die Partner:innen verändern sich im Laufe der Zeit. Der Chamäleon-Effekt scheint Differenzen zwischen Liebenden auf kurze Sicht aufzulösen – wird er aber zum ständigen Begleiter, kann er schädlich sein.

Sich anzupassen und Kompromisse einzugehen, gehört in einer Beziehung dazu. Denn nicht immer können Liebende auf den gleichen Nenner kommen. In den meisten Situationen ist der Charmäleon-Effekt etwas durchaus Harmloses, der eine Bindung sogar stärken kann: Das unbewusste Spiegeln des Verhaltens eines:einer Gesprächpartner:in. Du kennst es sicher auch: Du überschlägst deine Beine im Gespräch und prompt tut es dein Gegenüber dir gleich. Oder ihr übernehmt bestimmte Eigenarten des:der anderen mit der Zeit wie von selbst – das muss nicht zwangsläufig schlecht sein und schafft ein Gefühl von Verbundenheit.

Manche Personen versuchen allerdings bewusst, das Verhalten und auch die Vorlieben ihres:ihrer Partner:in zu spiegeln und sich ihnen immerzu anzupassen. Sie vernachlässigen dabei ihre eigenen Bedürfnisse, hören immer seltener auf sich selbst, vergessen die eigenen Prinzipien oder Hobbys – in solchen Fällen geht der Chamäleon-Effekt zu weit.

Wie man den Charmäleon-Effekt erkennt

Sich zu stark anzupassen und sich mit zu vielen Dingen zufrieden zu geben, hat oft etwas mit "People Pleasing" zu tun. Das ist ein Verhalten, bei dem Menschen versuchen, es anderen recht zu machen – und dafür ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen. Sie meiden Konflikte, weil sie sich ein harmonisches Beisammensein wünschen. In einer Beziehung fallen daher Sätze wie:

  • "Mir ist egal, was wir bestellen. Für mich ist alles okay, was du essen möchtest."
  • "Ja, da stimme ich dir absolut zu" oder "Ja, das sehe ich genauso" (allerdings nicht nur manchmal, sondern möglicherweise immer)
  • "Das ist schon in Ordnung, ich richte mich da komplett nach dir."
  • "So meinte ich das nicht, ich meinte das so wie du!"

Warum für sich einzustehen wichtig ist

Die Sozialpädagogin Jourdan Travers erklärt auf "Psychology Today", welche Ursachen und Folgen es haben kann, wenn man die Verhaltensweisen einer anderen Person bewusst spiegelt – und warum es auf Dauer ungesund für die eigene Psyche sein kann.

Man möchte sich bestätigt fühlen

Menschen möchten dazugehören. Doch wenn der stetige Wunsch nach Bestätigung dominiert, können sie sich selbst verlieren. Das Problem: Ständig nutzen sie eine neue Maske, die zu dem:der Freund:in oder dem:der Partner:in passt. Darunter leidet die wahre Identität. Außerdem kann es das Vertrauen einer Beziehung schwächen, falls herauskommen sollte, dass die eine Person eben nicht all das toll findet, was sie dem:der anderen gegenüber behauptet hat – oder damit "immer okay" ist. Den eigenen Wert zu erkennen ist daher der wichtigste Schritt zur Besserung. Die eigene Meinung, die eigenen Wünsche und die Unterschiede zu anderen machen spannende Interaktionen aus.

Man möchte einfühlsam sein

Menschen, die den Chamäleon-Effekt nutzen, sind oft einfühlsam und möchten anderen ihre eigenen Probleme oder Meinungen nicht aufbürden. Ihnen fehlt es außerdem oft an Selbstbewusstsein, weshalb sie lieber ruhig sind oder zustimmen anstatt ihre Meinung preiszugeben. Schließlich hilft es dem Gegenüber, wenn er:sie sich verstanden fühlt. Um echte Beziehungen zu fördern und die eigene Identität zu bewahren, ist es allerdings wichtig, ein Gleichgewicht zwischen echter Empathie und selbstbewusster Selbstdarstellung zu finden.

Die Folge: Man verliert sich selbst

Die eigenen Grundwerte werden immer schwammiger, wenn sie nicht kommuniziert werden. Wer selten seine Meinung äußert, schadet sich selbst und der Beziehung. Stetige Kompromisse können die Grundlage für persönliches Wachstum und gegenseitigen Respekt untergraben. Und wenn jemand in einer Beziehung sein wahres Ich verliert, wird nicht er:sie selbst geliebt, sondern nur eine Fassade, die aufgebaut wurde. Unweigerlich fragt sich die Person, was passieren würde, wenn sie für sich einsteht: Könnte die Beziehung mit der eigenen Identität überhaupt bestehen?

Normalerweise schätzen Menschen in einer Beziehung die Persönlichkeit des:der anderen – dessen Individualität und Differenzen machen ihn für uns spannend. Wenn man diese Punkte aber wegen des Charmäleon-Effekts gar nicht richtig kennengelernt hat, kann es schwierig sein, aus ihm zu entfliehen. Betroffene müssen lernen, ihre Grundwerte zu bewahren und ihre Einzigartigkeit anzunehmen. Denn eine Beziehung, die auf Authentizität und Ehrlichkeit aufbaut, wird eher bestehen als eine, die nur vorgibt perfekt zu sein.

Verwendete Quellen: Psychology Today, National Library of Medicine, Verywell Mind

lkl Brigitte

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