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Liebesfragen Mein Partner hält mich klein – was tun?

Liebesfragen: Frau mit nachdenklichem Blick
© Lucky Business / Shutterstock
Liebe ist die Antwort auf alle Fragen? Nicht ganz. Sie stellt auch ziemlich viele. Psychologe und Paartherapeut Oskar Holzberg beantwortet sie alle.

Was, wenn ich das Gefühl habe, mein Partner macht mich klein?

Dann galoppieren die berüchtigten apokalyptischen Reiter durch die Beziehung.

Für eine lange Zeit waren wir alle sehr klein. Es dauerte viele Jahre, bis wir groß waren und die gleichen Rechte wie die Erwachsenen hatten, und wohl noch länger, um wirklich erwachsen zu sein (und einige schaffen das auch nie, aber das ist eine andere Geschichte).

Deine Bedürfnisse sind so wichtig wie meine

Die Grenze zwischen klein und groß, also zwischen Abhängigkeit und Selbstständigkeit, ist niemals eindeutig und leicht zu ziehen. Besonders in unseren Liebesbeziehungen nicht. Denn dort begeben wir uns ja in eine Abhängigkeit von einem anderen Menschen, den wir so wichtig werden lassen, dass wir ohne ihn nicht leben wollen. Daher können wir uns in der Liebe sehr schnell klein fühlen. Allein schon deshalb, weil wir jemanden so lieben, wie wir zuvor nur unsere Eltern geliebt haben.

In einer guten Liebesbeziehung achten die Partner:innen deshalb auf emotionalen Ausgleich, auf Fairness und Gerechtigkeit. Deine Bedürfnisse sind so wichtig wie meine. Niemand verhält sich wie bestimmende Eltern und drängt den anderen dadurch in die Kinderrolle. Wir erreichen das, indem wir respektvoll und achtsam miteinander umgehen, uns einfühlen und bereit sind, eigenes Verhalten infrage zu stellen. Immer gelingt uns das natürlich nicht. Aber wir bemühen uns und entschuldigen uns, wenn es uns nicht gelingt.

Sobald einer von beiden in der Beziehung Respekt und Achtsamkeit aufgibt, beginnt der andere, sich klein zu fühlen. Sobald kritisiert wird, wer wir sind, und nicht mehr, was wir tun, beginnen Entwertung und Verachtung. Dann heißt es nicht mehr: "Oh, wie blöd, dass du vergessen hast, Eier mitzubringen!" Sondern: "Wie blöd kann man sein, ausgerechnet die Eier zu vergessen!" Oder gar: "Wieso kriegst du eigentlich nie was auf die Reihe?" Solche Entwertungen führen schnell dazu, dass wir uns wie ein Kind fühlen und uns auch so verteidigen: "Ich habe aber an alle anderen Einkäufe gedacht!" oder "Das stimmt gar nicht, ich vergesse ganz selten was!"

Neu in den Partner verlieben: Oskar Holzberg
Oskar Holzberg, 67, berät seit über 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und ist seit über 30 Jahren verheiratet. Sein aktuelles Buch heißt "Neue Schlüsselsätze der Liebe" (240 S., 11 Euro, DuMont).
© Ilona Habben

Um sich nicht klein zu fühlen, sind Konflikte unumgänglich

Aber wir sollten uns nicht wie ein Kind verteidigen, dass doch schon sooo viel richtig macht. Sondern erwachsen bleiben und Respekt einfordern. Sich nicht gegen die Vorwürfe wehren, sondern gegen die Haltung, die herablassende Position, die der oder die Partner:in uns gegenüber einnimmt: "Ich möchte nicht, dass du so verächtlich mit mir sprichst." Oder sogar: "Ich lasse nicht so mit mir sprechen! Ich will nicht so von dir behandelt werden."

Ja, es kann so ein ganz schöner Konflikt entstehen. Aber der ist unumgänglich, wenn wir uns nicht kleinmachen lassen wollen. Es ist gleichgültig, ob unser Gegenüber einfach ein Verhalten wiederholt, das es als Kind selbst erlebt hat, oder uns kleinmacht, um eigene Selbstwertzweifel abzuwehren, oder so starke Ängste hat, von uns verlassen zu werden, dass er oder sie uns deshalb entwertet: Verachtung, Dauerkritik und Entwertung sind die apokalyptischen Reiter in einer Beziehung. Sie sind die Vorboten einer Trennung. Wenn es uns nicht gelingt, sie – also unseren Partner – vom hohen Ross zu stoßen und zu einem liebevollen Miteinander auf Augenhöhe zurückzukehren.

"Paaradox" ist der Podcast mit Oskar Holzberg und seiner Frau Claudia. Sie sprechen offen über Themen, die Beziehungen immer wieder herausfordern. Lustig, spannend und erkenntnisreich! U. a. auf Audio Now.

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BRIGITTE 15/2021 Brigitte

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