Anzeige

So viel zur wahren Liebe Das Märchen über die große Liebe – und worauf es wirklich ankommt

Prinzessin küsst Frosch
© Uncanny Valley / Adobe Stock
Die Gesellschaft erzählt uns so manche Geschichte über die Liebe. Doch wir sind zu alt für solche Albernheiten.

"Und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende" – so erzählen es viele Märchen. Der Prinz hat den Drachen erschlagen, die Prinzessin gerettet und zusammen reiten sie gen Sonnenuntergang. Ein hartnäckiges Narrativ, einer von vielen Mythen über die Liebe, der uns sicherlich nicht dazu führt, unabhängig, selbstbewusst und zufrieden mit uns zu sein.

Der charmante Prinz, der:die "Eine", unsere "andere" oder gar "bessere" Hälfte … Über das komplexe Gefühl der Liebe, über die Sehnsucht nach ihr, die viele von uns an- und umtreibt, gibt es eine Vielzahl an Geschichten, die sich in unser gesellschaftliches Gedächtnis eingebrannt haben und uns bis heute mehr oder minder beeinflussen. Nicht wenige wünschen sich ihren eigenen "Prinz Charming", suchen nach der Bestätigung und Liebe einer anderen Person, die sie sich manches Mal nicht selbst geben können, wollen geleitet und geführt werden. Doch solche Beziehungen enden selten "glücklich bis ans Lebensende". Allzu oft führen sie uns in Abhängigkeiten und toxische Muster. Wir haben zwei große Mythen genauer unter die Lupe genommen.

Der Liebesmythos vom Prinzen

Was verbindet gerade die Prinzessinnen der alten Märchen miteinander? Genau, sie sind zwar oftmals die Namensgeberinnen ihrer Geschichte ("Schneewittchen", "Aschenputtel", "Dornröschen") – aber sicherlich nicht die Protagonistinnen. Ihnen passieren Dinge im Laufe der Geschichte (der Apfel, der königliche Ball, die Spindel), doch sie sind nicht diejenigen, die ihr Schicksal in der Hand haben – diese Rolle übernehmen die Männer in ihrem Leben. 

Der gute Prinz ist etwas, das jemandem passiert: Man begegnet ihm zufällig – oder doch eher "schicksalhaft". Und wie es sich für eine Fantasiefigur gehört, macht er alles besser: Er rettet uns aus einer verfahrenen Situation, aus der wir aus eigener Kraft nicht mehr herauskommen, er nimmt uns mit in sein magisches Reich ohne Sorgen und Nöte und liebt uns um unserer selbst willen. Hach! 

Nur ist es leider so: Solche Dinge geschehen in alten wie modernen Märchen, in Filmen und Serien – sicherlich nicht in der Realität. In der realen Welt würden Prinzessinnen, die sich darauf verlassen, dass ein Mann sie rettet, wohl immer noch in ihrem gläsernen Sarg liegen oder auf dem Dachboden hausen. Die bitterschöne Wahrheit ist, dass niemand uns aus unserem Leben wird "retten" können – das liegt allein in unserer Macht. Wir müssen diejenigen sein, die eine Veränderung anstoßen. Das kann natürlich auch mithilfe von anderen sein, doch niemand wird all unsere Probleme mit einem Fingerschnippen lösen können.

Zwei Hälften eines Ganzen

Eine Fabel Platons wird sehr gerne als unheimlich romantisch verkauft: Demnach lebten in alten Zeiten Kugelmenschen auf der Welt mit vier Armen und Beinen und zwei Gesichtern. So glücklich und stark waren diese Wesen, dass Göttervater Zeus Neid verspürte und sie kurzerhand in zwei Hälften schnitt. Von da an wandelten sie verzweifelt durch die Welt, immer auf der Suche nach ihrer zweiten Hälfte, um wieder "komplett" zu sein.

Was sagt uns diese Geschichte? Letztlich vor allem, dass wir allein nicht viel wert sind. Dass wir immer jemand anderen brauchen, um uns zu erfüllen und dass die Suche nach dieser anderen Hälfte zu unseren Lebensaufgaben gehört. Was für eine furchtbare Sache wäre das, würde dieser Mythos auch nur ansatzweise der Realität entsprechen? Vor allem wird hierbei das (besonders westlich geprägte) Narrativ bedient, dass der Mensch eine monogame, heterosexuelle Zweierbeziehung zu führen hat.

Vor allem aber stellt es die romantisch-sexuelle Beziehung auf ein unrealistisch hohes Podest: Was für ein trauriges Leben würden wir führen, wenn die einzig wertige Beziehung für uns die mit dem:der Partner:in ist? Unsere Familie, unsere engsten Freund:innen – all diese Menschen wären nichts weiter als Randerscheinungen, würden wir den Mythos der "anderen Hälfte" ernst nehmen. Und wie wäre unser Leben erst, wenn wir diese Hälfte niemals finden würden? Oder sie uns verlässt? 

Wer glaubt, einen anderen Menschen zu brauchen, um "komplett" zu sein, verleugnet das eigene Potenzial, gibt die Macht an eine mythische, perfekte Person ab, die so nicht existieren kann. Derart von einem anderen Menschen abhängig zu sein, führt nicht zu einer glücklichen, respektvollen Beziehung auf Augenhöhe, sondern höchstens zu einem von Anfang an zum Scheitern verurteilten Miteinander.

Unser Leben ist kein Märchen

Wir unterschätzen die Macht der Geschichten, die wir uns ein Leben lang anhören mussten. Auch heute noch leben wir in einer Gesellschaft, die romantische Beziehungen hierarchisch an erste Stelle stellt, die heteronormativ ist und Monogamie als Beziehungsform bevorzugt. Das kann selbst in Menschen Unsicherheiten wecken, die diese gesellschaftlichen Normen hinterfragen und einen anderen Lebensweg gehen.

Natürlich ist es in Ordnung, von solchen Dingen zu träumen – wer würde sich nicht gerade in schweren Zeiten jemanden wünschen, der:die alles mit einem Wimpernschlag besser macht? Doch niemandem ist geholfen, wenn wir uns in diesen Träumereien verlieren. Wer die große Liebe sucht, wird sie nicht in Märchen und Fabeln finden, sondern im imperfekten, holprigen, seltsamen Miteinander mit echten Menschen, voller Ecken und Kanten. 

Verwendete Quelle: yourtango.com

csc Brigitte

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel