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Paartherapeut verrät Erhalten Kleinigkeiten wirklich die Liebe?

Oskar Holzberg: ein Paar sitzt im Kofferraum eines Autos auf einem Feld
© bernardbodo / Adobe Stock
In der Kolumne unseres Paartherapeuten Oskar Holzberg dreht sich alles um typische Liebesweisheiten und ihren Wahrheitsgehalt, er seziert Sprichwörter, Songtexte und berühmte Zitate. Diesmal: "Liebe lebt von liebenswürdigen Kleinigkeiten" (Theodor Fontane, Schriftsteller)

Kurz gesagt: Klares Ja. Auch wenn es in der Liebe keine Kleinigkeiten gibt.

Jetzt mal ausführlich: Die Liebe zwischen Franziska und Niels hängt schlaff in den Seilen, ihre Nähe ist im alltäglichen Familienwahnsinn untergetaucht. Niels hofft, dass schöne gemeinsame Paar-Erlebnisse helfen könnten. Deshalb schlägt er vor, mal richtig schick Essen zu gehen, mit Sternekoch und allem. Doch zu seiner Enttäuschung schüttelt Franziska den Kopf. "Wir müssen erst mal wieder zueinanderfinden. Überhaupt mal wieder reden."

Dabei ist die Idee von Niels ja nicht schlecht. Oft fehlen einer langjährigen Beziehung belebende gemeinsame Aktivitäten: der Kinobesuch, das Wochenende am See. Und miteinander zu reden ist ganz sicher hilfreich. Aber ohne sichere Nähe fällt es schwer, offen zu sprechen.

Es gibt aber einen anderen Weg, einander wieder näherzukommen: durch bewusste liebenswürdige Kleinigkeiten. Selbst mitten im Beziehungsstress können wir uns noch zu einer kleinen freundlichen Geste entscheiden. Wir können einander Kaffee ans Bett bringen, eine kleine Notiz hinterlassen, vom Einkauf den Lieblingsjoghurt des anderen mitbringen, einander danken oder loben, mit einer Umarmung den Alltagstrott durchbrechen.

Kleine Gesten und Rituale wahrnehmen

Oft nehmen wir, wenn die Beziehung gut läuft, diese kleinen Gesten kaum noch wahr. Sie gehören zu den Ritualen unseres gemeinsamen Lebens. Doch liebenswürdige Kleinigkeiten sind Liebesbeweise. Die Grundnahrung unserer Beziehungen. Sie zeigen, dass wir aufmerksam sind, dass wir aneinander denken: "Das könnte ihm gefallen.“ "Wenn ich sie jetzt anrufe, wird sie sich freuen.“ Dadurch wissen wir, dass wir dem Partner, der Partnerin wichtig sind. Das ist emotionale Verbundenheit.

Die liebenswerten "Kleinigkeiten“ sind daher keine Kleinigkeit. In der Liebe gibt es keine Kleinigkeiten. Paare stürzen in schwere Krisen, weil eine immer das Licht brennen oder jemand stets die Haare im Abfluss lässt. Dafür kann es aber auch verschlossene Herzkammern öffnen, dem Menschen an unserer Seite sein Lieblingsgericht zu kochen oder sich nach seinen Trainingsfortschritten zu erkundigen. Damit aber unsere Liebenswürdigkeiten auch bei unserem/unserer Partner:in ankommen, sollten wir wissen, was er oder sie mag. Welche Bücher sie gern liest, welche Musik er liebt, wer wirklich heute ihre beste Freundin ist. Solche gegenseitigen "Liebes-Landkarten“ veralten. Aus der Paarforschung weiß man, dass wir sie aktuell halten sollten. Der Austausch über die Tagesereignisse ist entscheidender für eine zufriedene Partnerschaft als drei Tage Romantik-Suite. Wobei das eine ja das andere nicht ausschließt.

Um Affären oder schwere Enttäuschungen zu überwinden, sind kleine Liebenswürdigkeiten allerdings ungeeignet. Wenn wir zu verletzt sind, nehmen wir sie nicht an. Das müssen wir direkt klären – und reden. Doch Theodor Fontane weist zu Recht auf die Bedeutung liebenswürdiger Kleinigkeiten hin. Es gibt dazu eine kleine Übung, die Sie bewusst als Paar miteinander verabreden können, Sie können sie aber auch allein, sozusagen "geheim“, machen. Bereiten Sie ein Wochenende (oder eine Woche) lang Ihrem/Ihrer Partner:in jeden Tag mindestens zweimal eine kleine Freude. Und umgekehrt: Notieren Sie alle liebenswürdigen Kleinigkeiten in dieser Zeit, die er oder sie für Sie oder die Beziehung getan hat. Anschließend können Sie sich darüber austauschen: über die liebenswürdigen Kleinigkeiten in Ihrer Beziehung.

Oskar Holzberg therapiert seit fast 30 Jahren Paare und schreibt darüber. Er sagt: "Liebe ist keine Illusion, aber wir haben zu viele Illusionen über die Liebe.“

Neu in den Partner verlieben: Oskar Holzberg
Oskar Holzberg, 67, berät seit über 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und ist seit über 30 Jahren verheiratet. Sein aktuelles Buch heißt "Neue Schlüsselsätze der Liebe" (240 S., 11 Euro, DuMont).
© Ilona Habben
Brigitte

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