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Beim Partner einziehen: Das ist zu beachten

Beim Partner einziehen: Paar steht mit Umzugskartons in Wohnung
© Jacob Lund / Shutterstock
Liebe ist die Antwort auf alle Fragen? Nicht ganz. Sie stellt auch ziemlich viele. Psychologe und Paartherapeut Oskar Holzberg beantwortet sie alle.

Kurz gesagt:

Dass man statt großen Glücks auch Ablehnungsgefühle und Revierkämpfe erwarten kann.

Jetzt mal ausführlich:

Lukas und Diana sagen, sie verstünden sich selbst nicht mehr. Sie lieben sich, aber momentan würden sie sich ständig in den Haaren liegen, es werde immer schlimmer. Später erzählen sie mir, dass sie erst seit ein paar Wochen zusammenwohnen: Sie ist mit in sein Haus eingezogen, in dem er schon als Kind gelebt hat. Jetzt bin ich irritiert. Ist dies nicht sogar ganz offensichtlich der Grund für ihre Konflikte? Doch als ich das sage, ist wiederum das Paar irritiert: Nein, für sie sei doch damit ein Traum in Erfüllung gegangen. Endlich zusammenzuleben, im Grünen, mit viel Platz auch für die geplanten Kinder. Sie hätten doch jetzt alles, was sie sich wünschten. Aber was sie eben auch haben, ist ein heftiger Revierkampf, den sie nicht wahrhaben wollen.

Zusammenziehen ist immer eine Herausforderung.

Zusammenzuziehen ist immer eine Herausforderung. Die riesige Rund­deckeltruhe von 1784, das einzige Erbstück seines Onkels Balduin, kommt ihr nicht über die Haustürschwelle. Er sagt jedem einzelnen Prachtstück ihrer hundertteiligen 50er-Jahre-Vasensammlung den Kampf an. Sie will das Zimmer zum Garten als Schlafzimmer, er möchte es als Arbeitszimmer. Steht von nun an ihr englisches Landhaus-Geschirr auf dem Frühstückstisch oder seine schwedischen Designteller? Und wieso stellt sie den Joghurt immer in das falsche Kühlschrankfach? Was für uns gut, stimmig und selbstverständlich ist, geht unserer Partnerin als völlig sinnlos und überflüssig auf den Keks und umgekehrt. Wir müssen klären, verhandeln, zurückstecken und Kompromisse finden.

Porträt Oskar Holzberg
Oskar Holzberg berät seit mehr als 20 Jahren in seiner Hamburger Praxis Paare und bekommt immer wieder Beziehungsfragen gestellt. Sein aktuelles Buch heißt: "Neue Schlüsselsätze der Liebe".
© Ilona Habben

Und all das gilt umso mehr, wenn plötzlich zwei in dem Revier ihre Duftmarken hinterlassen, das zuvor einer für sich alleine beansprucht hat. Dann kämpft die eine darum, sich ihren Platz zu erobern, um nicht auf ewig nur Gast in der eigenen Wohnung zu bleiben. Und der andere ringt damit, das, was gewohnt, geliebt und selbstverständlich war, aufzugeben, ohne sich vom Eindringling verdrängt und dominiert zu fühlen. Das ist es, was auch zwischen Diana und Lukas passiert: Sie sind wütend aufeinander. Er fühlt sich ständig kritisiert, weil nichts mehr gut genug und richtig ist. Sie fühlt sich klein und abhängig, als seien sie und ihre Bedürfnisse weniger wert. Als Paar gerät man da leicht in eine Eltern-Kind-Dynamik.

Warum es selten so leicht ist, wie man denkt

Am besten wäre es, die Wohnung völlig leer zu räumen, nach gemeinsamen Plänen umzubauen und dann gemeinsam neu einzuziehen. Dann gibt es später auch keinen Streit über den noch von der Ex mit ausgesuchten Fotodruck. Doch das wäre teuer und aufwendig. Und es wird gerade aus Kostengründen noch häufiger geschehen, dass einer in die Wohnung des anderen einzieht, wenn die Miet- und Hauspreise weiter so explodieren und immer mehr Patch­work-Konstellationen Wohnraum suchen. Also hilft nur, sich klarzumachen, dass es selten einfach ist.

Aber was Paare tun können: durch alle Räume gehen und detailliert planen, wie die gemeinsame Wohnung aussehen soll. Und einander die Geschichten verstehen lassen, die sie an bestimmte Möbel und Dinge bindet. Erst wenn wir wissen, wofür seine Plattensammlung und ihre Stofftiere stehen, erst wenn wir gemeinsam die emotionale Bedeutung erfassen, können wir uns als Paar gemeinsam einrichten, wo vorher nur einer sein Revier hatte.

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BRIGITTE 7/2020

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