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Erfahrungsbericht Katzen aus dem Tierschutz? Krieg ich nicht!

Katzen aus dem Tierschutz? Orange Katze
© Alena Ozerova / Shutterstock
Hunderttausende Katzen und Hunde landen jährlich allein in deutschen Tierheimen. Unsere Autorin wollte zwei Katzen adoptieren – gab das "Projekt Tierschutz" aber schnell wieder auf.

Große hoffnungsvolle Hundeaugen und Katzen, die einem schnurrend um die Beine streichen: Wer in ein Tierheim geht, tut dies oft in der Hoffnung, einen neuen tierischen Gefährten zu finden. Gerade jetzt während Corona, wo viele Leute zum ersten Mal lange zu Hause sind und kaum raus können, wird vielen bewusst, dass ihnen tierische Gesellschaft fehlt.

Ich muss zugeben: Mir ging es genauso. Als Single in der klassischen Zweizimmerwohnung (mit genau 58,5 Quadratmetern – das wird noch mal wichtig! ) war ich während der Ausgangssperre-Light der letzten Monate recht einsam. Tatsächlich hatte ich schon zwei Katzen aufnehmen wollen, als ich vor fast drei Jahren in diese Wohnung gezogen war, denn ich bin mit Katzen aufgewachsen. Aber: Mein Vermieter stellte sich damals quer. Und wer vergleichsweise günstig in einer schönen Wohnung mitten in Hamburg wohnt, der streitet nicht mit seinem Vermieter.

Wo bitte bekommt man hier Tiere?

Da mittlerweile aber mehrere Tiere im Haus wohnen, startete ich einen zweiten Versuch. Und bekam diesmal die Erlaubnis für zwei Katzen. Was ich da noch nicht wusste: Bis ich tatsächlich zwei süße Miezen mein eigen nennen konnte, würde es ein ganz schön steiniger Weg sein.

Zunächst durchstöberte ich noch hoffnungsvoll Tierheim-Seiten – stieß aber schnell auf das erste Problem. Das Tierheim in Hamburg schrieb auf seiner Seite beispielsweise, dass die meisten Katzen Freigänger seien und nicht in Wohnungshaltung vermittelt werden können. Grundsätzlich vollkommen richtig, denn einen Freigänger in eine Wohnung einzusperren, kann zu ziemlich vielen Problemen führen und sollte einem Tier schlichtweg nicht angetan werden. Aber das Ganze ist ein Dilemma: Natürlich ist es schön, wenn den Katzen im Tierheim der Freigang ermöglicht wird. Aber damit fallen all diese Tiere für eine Vermittlung für den klassischen Stadtbewohner leider meist schon raus.

Kritische Grenzen

Das traf auch mich – gut 90 Prozent der verfügbaren Katzen waren Freigänger. Und das blieb nicht das einzige Problem. Die meisten Tierheime bieten direkt auf ihrer Seite einen Fragebogen zu Selbstauskunft an, in dem man beispielsweise einträgt, wie groß die Wohnung ist und ob und wie viel man arbeitet. Die meisten Fragen fand ich logisch und nachvollziehbar, ich stolperte aber auch über den einen oder anderen fragwürdigen Punkt. Zum Beispiel geben viele Tierheime für zwei Katzen eine Wohnungsmindestgröße von 60 Quadratmetern an. Und ja – meine 58,5 Quadratmeter wurden mehrmals als zu wenig abgelehnt. Während gleichzeitig viele Tierheime am Rand der Belastungsgrenze sind und nicht wissen, wie sie alle Tiere richtig versorgen sollen. Äh, wie bitte?

Ins Netz gegangen

Die Listen beinhalteten aber noch einige andere mehr oder weniger lustige Fragen. Ganz kritisch wurde beispielsweise die Balkonsicherheit beleuchtet. Ich war nicht sicher, ob ich meinen Balkon vollständig mit dem klassischen Katzennetz absichern durfte. Aber mein Onkel ist handwerklich begabt und bot an, eine Deckenbenetzung selbst zu bauen, die man nach Bedarf ein- und ausfahren konnte. Auch das wurde abgelehnt – kein klassisches Katzennetz, keine Katze.

Haben Sie Fenster?

Zu der Zeit hatte ich von dieser klischeehaften deutschen Bürokratie schon die Nase voll und schaute parallel auf internationalen Tierschutzseiten. Vor allem in Spanien gibt es viele Auffangstationen mit Tieren in prekären Lagen. Da waren zum Beispiel zwei Katzen, die nur sehr notdürftig auf einem Hof in Südspanien versorgt wurden und zusammen vermittelt werden sollten. Als ich für sie anfragte, bekam ich den längsten Fragebogen überhaupt, der diesmal an Kuriosität kaum zu überbieten war. Unter anderem fanden sich folgende Fragen:

  • Haben Sie Fenster?
  • Lassen sich diese Fenster öffnen?
  • Wie wollen Sie verhindern, dass sich die Katze in einem gekippten Fenster einklemmt?

Während ich über die ersten Fragen noch lachte (wer wohnt denn bitte in einer Wohnung ohne Fenster?), rang mir die letzte doch eher ein Stirnrunzeln ab. Dass gekippte Fenster für Katzen tatsächlich Todesfallen sein können, war mir zwar bewusst. Der Vorschlag, Fenster generell nur bei der eigenen Anwesenheit zu öffnen oder die Katze zum Lüften halt aus dem Raum auszusperren, reichte allerdings nicht: Besser wäre es ja, wenn man jedes einzelne Fenster mit einem Katzennetz versehen würde. Und all das, während die zwei Miezen in Spanien kaum genug zu fressen bekommen. Äh, wie bitte?

Ich muss wohl kaum sagen, dass ich die Katzen nicht bekam. Nicht diese zwei und auch nicht die acht anderen, für die ich bei verschiedenen internationalen Organisationen anfragte. Ich wohne nämlich leider nicht in einem fensterlosen Bunker im Wald, der von der nächsten Straße mehrere Kilometer entfernt ist.

Natürlich ist es gut und richtig, dass es bei der Adoption von Tieren sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern generell strenge Auflagen gibt. Beispielsweise ist ein Wohnungsbesuch von Heimmitarbeitern hierzulande oft bereits obligatorisch. Aber die Anforderungen gehen teilweise leider völlig an der Lebensrealität des Otto-Normalverdieners vorbei.

Und: In verschiedenen Internetforen berichten viele User, dass sie sich beim Besuch eines Tierheims erst einmal unter Generalverdacht gestellt fühlten. Die Mitarbeiter seien oft skeptisch und unfreundlich, als würden sie davon ausgehen, dass erst mal jeder den Tieren etwas Böses will. Und da wundert sich jemand über überfüllte Tierheime?

Kleinanzeigen – Fluch und Segen

Nach sechs Wochen fruchtloser Suche habe ich es aufgegeben, Katzen aus dem Tierschutz aufnehmen zu wollen. Ich wurde schließlich über eine Kleinanzeige fündig und nahm zwei liebe und gut sozialisierte Katzengeschwister von einem Hof in der Nähe Hamburgs auf. Aber: Auch hier muss man die Augen aufhalten, denn über Kleinanzeigen im Internet floriert das Geschäft mit unseriösem Tierhandel. Wer sich hier auf die Suche macht, sollte sich die Anzeige ganz genau ansehen und beispielsweise darauf achten, dass die Tiere geimpft und gechipt sind, nicht mit einem Alter unter zehn Wochen abgegeben werden und man das Muttertier besichtigen kann. Viele unseriöse Händler lehnen das bereits ab. Solange es bei den übermäßig strengen Vorgaben in Tierheimen bleibt, lässt sich der miese Handel bei Kleinanzeigen aber wohl leider kaum richtig eindämmen.

sp

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