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Ayan Yuruk "Keinen Stil zu haben, ist auch ein Stil"

Ayan Yuruk
Ayan Yuruk
© Robert Lehmann / PR
Mit Interior-Trends kennt sich Kreativdirektor Ayan Yuruk aus. Mit BRIGITTE spricht er über die Wohntrends für 2024 uns verrät uns seine persönlichen Tipps gegen Unordnung zu Hause.

"Wenn ich einkaufe, dann nehme ich die krumme Gurke" erzählt uns Interior-Designer Ayan Yuruk im Interview. Warum? Mehr dazu später. Der gebürtige Schwabe lebt inzwischen in Berlin und gründete 2018 seine Kreativfirma "SHOWZ". Als Mitglied der "Fab 5" des deutschen Netflix-Ablegers der Erfolgsserie "Queer Eye" setzt er sich für die Sichtbarkeit der queeren Community ein und erfüllte die Wohnträume der Kandidat:innen – mit jeder Menge Empathie und Charisma. 2023 erhielten er und das restliche Ensemble der Show für ihre herausragende Leistung den Grimme-Preis. 

Auch auf Social Media setzt Ayan sich für eine gerechtere Welt ein und liebt es, modische Statements zu setzen – was "genderneutrales Design" für ihn bedeutet, erklärt er uns im Interview und gibt uns seine Wohn-Trendprognose für 2024. 

Ayan Yuruk: "Anders ist sexy!"

BRIGITTE: Was inspiriert dich als Designer?
Ayan Yuruk: Außergewöhnliche Sachen. Also wirklich Sachen, die in ihrer eigenen Umgebung herausstechen. Das können die simpelsten Dinge sein. Let's say: In einem Haufen von Kisten ist eine pinkfarben bemalt – dann ziehe ich Inspiration daraus. Oder, wenn ich im Supermarkt bin und einkaufe, dann nehme ich bei den Gurken die Krumme, weil alle anderen gleich aussehen. Das zieht mich irgendwie an – das Anderssein macht die Sache spannend und anders ist sexy!

Was ist dein persönlicher Lieblingstrend für 2024 im Bereich Wohnen? 
Da gibt es einiges. Was mich persönlich am meisten anzieht, sind Farbverläufe. Viele trauen sich sowas nicht, aber man braucht nur jemanden, der so streichen kann. Farbverläufe erzeugen einfach eine sehr geile Wirkung, wenn man in den Raum reinkommt – gerade, wenn man vom Dunklen unten ins Helle nach oben geht. Das mag ich sehr! Geometrische Muster sind natürlich auch sehr cool. Blumenmuster etwa stehen im Trendreport, für den ich aktuell mit "Taskrabbit" zusammengearbeitet habe, ganz oben. Die sind persönlich jetzt aber nicht meine liebsten Muster. 

Wohntrends 2024: Glas, Glas, Glas und die Farbe Rot

Viele Trends kommen immer wieder. In den letzten Jahren gab es vor allem einen Hype um Vintage-Mode und den Y2K-Style. Auch im Interior-Design sehen wir Stile, die beispielsweise an die 1970er erinnern. Welche Dekade kommt 2024 wieder?
Der Midcentury-Stil zum Beispiel ist ja wirklich mittlerweile im Establishment angekommen. Den kann man schon fast nicht mehr als Trend bezeichnen. Also die 50er, 60er, 70er, die sind da und bleiben. Im Trendbarometer lassen die aber gerade stark nach und die Y2Ks, also die 2000er holen laut und euphorisch auf. Ich glaube, es ist so ein Mix, der sich gerade ziemlich deutlich macht – ein Mix aus Y2K und sehr futuristischen, vielleicht sogar retro-futuristischen Sachen. 

Hast du dafür konkrete Beispiele? 
Auf den Designmessen sehe ich sehr viel Aluminium, verglaste Flächen und Marmor – das nenne ich immer "the jewel of the apartment", also das Juwel der Wohnung. Marmor verleiht ein sehr hochwertiges Flair. Generell sehe ich den Mix aus Glas, silbernen Flächen, wie Chrome oder Aluminium – ob geschliffen oder auf Glanz – und Glas, Glas, Glas. Auch getönte Glasflächen – vor allem in Richtung rot, wie beispielsweise Korall-Töne.


Welche Trends aus 2023 entwickeln sich 2024 weiter?
Die Beliebtheit von kleinen Räumen steigt. Die Menschen kommen wieder zurück in die Städte und möchten aus den kleinen Räumlichkeiten das Beste herausholen. Home-Office-Setups werden langsam weniger, man kann wieder in die Büros gehen und sich mit den Kolleg:innen treffen. Zu Hause wird es dadurch wieder gemütlicher, man möchte nicht permanent mit der Arbeit konfrontiert sein und wieder eine Trennung schaffen.

Was sind deine Tipps, um aus kleinen Räumen das meiste herauszuholen?
Durch den geschickten Einsatz von Spiegeln kann man viel herausholen. Wichtig dabei ist, sie so zu positionieren, dass sie das Sonnenlicht von außen einfangen und in den Raum lenkenDas macht in kleinen Räumen einen bedeutenden Unterschied. Generell sind große Spiegel immer ratsamer als viele kleine – das wirkt schnell unruhig. Ansonsten kann man versuchen, den Raum in seinem ganzen Volumen zu nutzen und nicht nur in der Fläche – heißt: auch mal hochschauen! Da gibt es so viel Freiraum, der als Stauraum genutzt werden kann oder eben für dekorative Zwecke – eine Pflanze muss nicht auf dem Boden stehen, die kann auch von der Decke hängen.

Mit Pflanzen und Kissenbezügen Highlights setzen – und Geld sparen

Welchen Interior-Tipp empfiehlst du für viel Veränderung mit wenig Budget?
Das wollen natürlich alle wissen (lacht). Mit Pflanzen kann man zum Beispiel einiges bewirken – damit kommt Frische rein und sie wirken aufmunternd. Ich finde es immer ganz toll Pflanzen zu gruppieren und nicht zu vereinzelt aufzustellen. 

Kakteen würde ich sehr empfehlen: die sind einfach zu pflegen und sehen hot aus – so wie ich!

Wie können wir sonst noch Highlights setzen?
Mit Kissenbezügen kann man auch ziemlich viel zaubern – gerade, wenn man Farbige benutzt. Das sind immer schöne Highlights, die man nutzen kann, wenn die Möbel eher in Naturtönen gehalten sind. Was gibt es noch? Teppiche! Die sind auch sehr unterschätzt und die meisten trauen sich nicht ran. Allerdings kann man einen Raum mit Teppichen komplett verändern. Das sieht oft sehr harmonisch aus, wenn man dazu auch noch die Vorhänge wechselt.


Und noch ein kleiner Tipp von mir: Küchenschränke. Die Küche kann man ja oft nicht austauschen, die bleibt schnell mal so 10-15 Jahre drin. Man kann die Schranktüren aber einfach mit Folie bekleben, statt sie zu streichen. Dazu müsste man die Türen einmal abnehmen und drumherum bekleben. Wenn man dann noch poppige Griffe kauft, ist die Küche fast wie neu!

Hast du spontane Deko-Tipps für eine coole Silvester-Party? 
Ich finde, Silvester darf auch mal kitschig sein. Also so richtig over the top: Kitsch, Glitzer, Lametta. Ich persönlich würde aber nicht allzu bunt werden, sondern eher bei den Metallic-Farben bleiben. More is more!

Ayans Tipps gegen Unordnung zu Hause

Was ist dein absolutes Interior-No-Go?
Mein größtes No-Go ist auf jeden Fall Unordnung. Das ist ja für viele ein großes Thema: Die meisten Leute möchten keine Unordnung zu Hause haben, bekommen es aber in ihrem Alltag auch nicht wirklich in den Griff. 

Ich gebe dir da mal ein paar einfache Tipps mit. Als allererstes: Alles braucht einen Platz – egal, ob das eine neue Mütze oder eben Deko ist. Das hört sich zwar simpel an, viele haben aber einfach eine große Schublade für alles, was keinen Platz hat – falsch!

Wenn alles seinen Platz hat und man immer noch Unordnung hat – oft stapeln sich ja Dinge, wie Geschirr oder Wäsche und der Haufen wird gefühlt immer größer– dann kommt hier der nächste Tipp: Der Trick ist nämlich, sich keine genaue Zeit fürs Aufräumen zu blockieren. Das nimmt so ein bisschen den Zwang und man kommt nicht in dieses Mindset: "Jetzt muss ich noch aufräumen und hab eigentlich keine Lust". Jedes Mal, wenn du an diesem Stapel vorbeigehst, nimmst du nur eine Sache mit. So wird der Haufen dann mit jedem Teil immer kleiner und ist irgendwann weg. Das Tolle dabei ist, wenn du dann wieder etwas Neues auf den Haufen werfen willst, klingelt es und du denkst dir: "Eine Sache mitnehmen!" – somit hast du dann eigentlich gar keine Unordnung mehr. 

"Kein Stil ist auch ein Stil!"

Wie findet man seinen persönlichen Einrichtungsstil? 
Experimentier rum, probier aus, schau dir Kataloge an, guck dir Fotos auf Social Media an! Pinterest ist auch eine schöne Quelle, um für sich ein bisschen zu erforschen, was es alles gibt und, um sich vorzustellen, ob man sich damit auch zu Hause wohlfühlen würde. Wenn du es spürst, go for it – wenn du es nicht spürst, let go! Es ist auch vollkommen okay, keinen eigenen Stil zu haben. Man kann sich da nicht so reinzwingen. Keinen Stil zu haben, ist auch ein Stil! 

Was bedeutet "genderneutrales Design" für dich?
Mir ist ganz wichtig, dass man versteht, was damit gemeint ist – da kommt es schnell zu Missverständnissen. Es geht nicht immer nur um Mode-Themen. Ich denke da eher an Spielzeugläden für Kinder, zum Beispiel. Wenn Mädchen da reinkommen, sind sie automatisch in der rosafarbenen Welt beheimatet und die Jungs in der blauen Welt – das ist für mich ein ganz großes No-Go. 

Ich bin ein Junge und meine Lieblingsfarbe ist rosa. Warum darf ich mich da nicht wohlfühlen? 

Ich finde, man sollte zuallererst diese Farbzuschreibungen auflösen. Und natürlich auch, was dort angeboten wird: Bei den Mädchen gibt es Kitchenettes oder Puppen und Schminksachen und bei den Jungs dann Astronauten, Handwerker und Autos. Warum gibt man den Mädels vor, dass sie keine Formel-1 spielen dürfen und sich daran gar nicht erst versuchen? Das impliziert ja auch, dass nur Jungs Formel-1-Piloten werden dürfen.

Von Anfang an sollten Spielzeuge für alle da sein. Danach sollten auch die Werbung und die Website, bis hin zum Schaufenster, ausgerichtet sein. Warum müssen Schaufensterfiguren immer männlich oder weiblich sein und sind nicht einfach neutral? Dann könnte ich ja einfach selbst aussuchen, ob ich es tragen will oder nicht. Wenn wir die Generationen nach uns und unsere Gesellschaft freier und offener erziehen wollen, dann müssen wir dort ansetzen.

Brigitte

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