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Endlich drinbleiben 4 Gründe, warum ich im Herbst des Lebens den Herbst lieben lernte

Ich bleibe hier!
Ich bleibe hier!
© Pixel-Shot / Adobe Stock
Bis Mitte 50 hielt Susanne Arndt sich für eine geborene Sonnenanbeterin. Nun stellt sie fest: Im Herbst des Lebens ist der Herbst gar nicht so übel.

Ich bin ausgewiesene Sonnenanbeterin und genieße einen entsprechenden Ruf. Freund:innen drücken mir Mützen auf den Kopf und ihr Beileid aus, sobald das Thermometer unter 15 Grad fällt: "Du Arme. Tee!?“ Alle wissen: Ich liebe den Süden und hasse die Kälte.

Kamin? Ich bin mein eigener Ofen

Das habe ich jedenfalls selbst immer geglaubt. Doch im Herbst des Lebens ändert sich ja manches. Unter anderem habe ich begonnen, das nasskalte deutsche Herbstwetter zu feiern wie in jungen Jahren die Schwüle der Tropen. Erstens wegen der ganzen Hitze, die mein Körper nun selbst produziert, sodass ich auf wärmende Sonnenstrahlen inzwischen ganz gut verzichten kann. Aber auch wegen der ganzen Dunkelheit vor meinem Fenster, die es mir erlaubt, mich schon sehr früh am Abend wahlweise mit Buch, Serie, Handy, Tee, Alkohol, Mann oder allem gleichzeitig ins Bett zu verziehen und nicht mehr aufzustehen, bis der Wecker am Morgen mich dazu zwingt. 

Endlich keine "lauen Sommerabende“ mehr, die ich "auskosten" muss

Bereits im vergangenen Sommer und im letzten Italienurlaub habe ich gemerkt: Sonne kann auch nerven. Sie ist grell und lässt einen schwitzen, macht Blasen an den Fersen und bringt körperliche Unzulänglichkeiten ans Licht, indem sie einen dazu verdammt, leicht bekleidet aus dem Haus zu gehen. Wobei wir beim wichtigsten Punkt angelangt wären: dem Rausgehen. Die Sonne zwingt mich dazu, ob ich will oder nicht, und ich will immer seltener. Doch wenn ich bei Sonnenschein drinbleibe, erfasst mich ein Anfall von "Fear of missing out". Ich stelle mir vor, dass draußen alle glücklich und Hand in Hand durch die Sonne flanieren, am Wasser Eisbecher mit Krokant essen und sich küssen, und da will ich natürlich mitmachen. Ist das Wetter dagegen ungemütlich, kann ich drinbleiben, mich dem Wohnen hingeben und dabei verpasse ich: nichts.

Dieses Jahr bin ich zum ersten Mal in den Herbst geschlüpft wie die Hand in einen gut sitzenden Handschuh. Denn diese gnädige Übergangszeit zwischen Sommer und Winter hat keine Erwartungen an mich und lässt mich in Frieden tun und vor allem lassen, was ich will – in den eigenen vier Wänden, in der immerselben Jogginghose. Ab und zu mal eine Tüte Popcorn in einem dunklen Kino oder deftige Knödel in einem von Kerzen nur mäßig beleuchteten Restaurant – was will ich mehr? Der Herbst ist mein neuer Freund und wir gehen gemeinsam durch dick und dünn, so viel steht fest. Auch dann noch, wenn der letzte Kürbis auf dem Kompost verrottet ist und sämtliche bunten Blätter von den Laubbläsern über den Jordan gepustet worden sind.

Brigitte

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