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Kanareninsel La Palma Magische Wandertage am Meer

Für einen magischen Wandertag am Meer: Im Osten der Insel ist die Steilküste fantastisch.
Für einen magischen Wandertag am Meer: Im Osten der Insel ist die Steilküste fantastisch.
© Julia Knop
Geh, wenn du gehst, und schau, wenn du schaust: Mit dieser Wander-Weisheit im Kopf war Meike Dinklage auf der Kanareninsel La Palma unterwegs – in mächtigen Wäldern und am jüngsten Vulkan Europas.

Als der Ausbruch begann, am 19. September 2021, waren Peter und Lotte von Lignau gerade in der Küche und schnitten Gemüse fürs Mittagessen. Schon am Vortag hatte es in ihrer Gegend, der Gemeinde El Paso im Zentrum von La Palma, Beben gegeben, "aber wir haben dem nicht viel Beachtung geschenkt", sagt Lotte. "Keiner hat geglaubt, dass wirklich ein Vulkan ausbrechen wird." Erst mal war der Alltag weitergelaufen, auch für Lotte und Peter, ein deutsch-peruanisches Paar, das seit sieben Jahren mit seinen drei Kindern auf der Kanareninsel lebt.

Doch an diesem Sonntag gegen drei Uhr nachmittags wackelten auf einmal ihre Küchenfenster, und die Luft davor flimmerte. Die Lignaus holten ihr Fernglas, sahen die Lava, noch in einiger Entfernung, hörten ein Fauchen, laut, rhythmisch, stampfend. "Wir haben eine Stunde zugesehen. Auch wenn der Ausbruch nah war – wir wussten nicht, welchen Weg die Lava nehmen würde." Erst als die Gärten in ihrer Nachbarschaft unter schwarzer Asche verschwanden, war klar: Es wird Zeit, wir müssen hier weg.

Da wurde es ihnen klar? Wow! Ich finde sogar jetzt noch, rund eineinhalb Jahre nach dem Ausbruch, den Anblick des Vulkans Tajogaite einigermaßen einschüchternd, auch wenn nur noch ein bisschen Schwefeldampf über seinem Krater hängt. Und Peter und Lotte von Lignau, die beide als Tourguides arbeiten – und uns einen halben Tag hinauf zum Tajogaite begleiten –, schnitten, während die Erde bebte, weiter das Gemüse.

La Palma – zwischen Nebelwäldern und Bananenanbau

Erst mal abwarten, schauen, wie schlimm es tatsächlich wird. Vielleicht gehört diese Art von Gelassenheit ja zur Gemüts-Grundausstattung der Menschen auf La Palma – epigenetisch verankert, sozusagen. Denn fast jede Generation hat im Laufe ihres Lebens mindestens einen Ausbruch erlebt. Der letzte ereignete sich vor 50 Jahren, als der Teneguía aktiv wurde und fast die ganze Südspitze der Insel mit Geröll überzog; heute ist der Berg ein Naturdenkmal. Davor war 1949 der San Juan gleich an drei Stellen an der Vulkankette der Cumbre Vieja ausgebrochen und hatte große Flächen an Ackerböden und 300 Häuser zerstört.

Lotte von Lignau sagt, das Schlimmste in der ersten Zeit sei die Ungewissheit gewesen, "und mitzukriegen, wie so viele unserer Freunde und Nachbarn alles verloren haben." Noch heute leben etwa 3000 der 7000 Menschen, die durch den Tajogaite obdachlos wurden, bei Verwandten, Freunden, in Hotels. Doch neben aller Verwüstung, die die Vulkane bringen, haben die Menschen auch gelernt, deren Vorteile zu nutzen. Selbst die der Asche, denn so düster und lebensfeindlich sie auch wirkt: Sie ist nährstoffreich und sorgt für fruchtbare Böden. Für den Bananenanbau zum Beispiel, der etwa die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung der Insel ausmacht. 

Alles Asche: Das Aridanetal zwischen Westküste und der Vulkankette Cumbre Vienna wurde vor dem Tajogaite-Ausbruch landwirtschaftlich genutzt.
Alles Asche: Das Aridanetal zwischen Westküste und der Vulkankette Cumbre Vienna wurde vor dem Tajogaite-Ausbruch landwirtschaftlich genutzt.
© Julia Knop

Jeder Ausbruch lässt neue, faszinierende Landschaften entstehen, die fast magisch wirken, wenn man die Insel zum ersten Mal besucht. Der Outdoor-Tourismus ist deshalb die zweite große Einkommensquelle La Palmas – was man auch daran erkennt, dass auf dem Gepäckband am Flughafen an mindestens jedem zweiten Rucksack Trekkingschuhe baumeln. Macht Sinn, schließlich bietet die Insel vieles von dem, was die Kanaren ausmacht: schwarze Tuffsteinfelder im Süden, die an die bizarren Mondlandschaften auf Lanzarote erinnern; in der Mitte und im Norden der gewaltige Nationalpark Caldera de Taburiente, dazu dschungelähnliche Wälder, die es mit den Nebelwäldern auf La Gomera aufnehmen können.

Eine Wald wie eine Zeitreisen-Schleuse

Einer der schönsten ist der Cubo de La Galga im Nordosten, ein Lorbeerwald von der Art, wie er einstmals weite Teile Südeuropas bedeckte, aber nun nur noch hier zu finden ist. Auch Mahagoni wächst hier, außerdem Gagel-Bäume, Ginster und Mammut-Farne. Lianen hängen von den Felswänden, die Vegetation ist so grün und dicht, dass man die Tiefe der umgebenden Schluchten, die hier Barrancos heißen, nur erahnen kann. Bis zu 30 Meter sind die Lorbeerbäume hoch, Moose wachsen an ihren Stämmen.

Kurze Rast im Lorbeerwald Cubo de La Gala. 
Kurze Rast im Lorbeerwald Cubo de La Gala.
© Julia Knop

Es ist ganz still, man hört kein Zirpen, keine Insekten wie in tropischen Dschungeln, nur ein paar Vögel. Die Ursprünglichkeit dieser Vegetation hängt wie Dunst über den Bäumen, man geht in den Wald hinein wie in eine Zeitreisen-Schleuse. Dreieinhalb Stunden dauert der Rundweg, auf zum Teil rutschigen Pfaden, denn der Cubo ist durchzogen von Wasseradern, man braucht einen sicheren Tritt.

Fast wie im Atlantik: Das Naturschwimmbecken Charcot Azul in der Gemeinde San Andres y Los Sauces im Nordosten der Insel.
Fast wie im Atlantik: Das Naturschwimmbecken Charcot Azul in der Gemeinde San Andres y Los Sauces im Nordosten der Insel.
© Julia Knop

Geologisch gehört La Palma zu den jüngsten Kanaren-Inseln, sie hat sich vor zwei bis vier Millionen Jahren aus 4000 Metern Meerestiefe heraufgestülpt, und die Kraft, die das vermochte, ist, das spürt man noch immer, mit der Insel noch nicht fertig. Je länger wir unterwegs sind, je mehr begleitet uns dieses Urkraft-Gefühl. Bald reden wir nicht mehr über Alltagskram, die Gedanken schnurren auf ein Mantra zusammen, das buddhistisch sein könnte, aber wohl eher vom Alpenverein ist: Geh, wenn du gehst, und schau, wenn du schaust.

Eine Reise aus der Wundertüte

Enjoy! Unsere Autorin entspannt in einem Café in der entzückenden Altstadt von Los Llanos.
Enjoy! Unsere Autorin entspannt in einem Café in der entzückenden Altstadt von Los Llanos.
© Julia Knop

Die Routen, die man auch ohne besondere Wander-Kondition gut schaffen kann, sind wie eine Wundertüte, jeder Tag, jede Tour ist anders. Mal gehen wir die Steilküste entlang, von Puntallana ganz im Osten in Richtung des Mirador de San Bartolo, einem Aussichtspunkt mit herrlichem Rundblick über den gesamten Nordosten der Insel, in gewaltige Schluchten, die wie Keile in die Berge getrieben sind. Mal flanieren wir durch bildschöne Dörfer wie San Andrés im Norden und setzen uns ins Café auf einen "Barraquito", das Nationalgetränk der westlichen Kanaren: eine Art Likör-Schichtkaffee mit Milchschaum, süßer Kondensmilch, Espresso, Zimt und spanischem Zitrus-Gewürz-Likör. Das macht ein bisschen satt, aber vor allem gute Laune.

Und manchmal, nach einer Wanderung ins Tal, am tiefsten Punkt eines Barranco, nehmen wir einfach auf einem Felsbrocken Platz, packen unsere Brotzeit aus und genießen den fast feierlichen Moment, in dem Erschöpfung so entspannt, dass es sich anfühlt, als fließe die Umgebung in einen hinein, ein Zustand wie ein umgekehrtes Runner’s High.

Der Tajogaite begleitet uns, prangt unübersehbar an der Westflanke der Cumbre Vieja. Nähert man sich ihm, passiert man verlassene, halb versunkene Orte. Der Ausbruch hat 10,5 Quadratkilometer unter sich begraben, 1345 Wohnhäuser, 370 Hektar landwirtschaftliche Fläche vernichtet und fast 74 Kilometer Straßen. Mancherorts ragen nur noch Dächer aus der Lavadecke, an anderen Häusern hat die Lava bloß geleckt, sich wie eine schwarze Schlange um die Fassade gewickelt; bei wieder anderen blickt man in Fenster, die intakt aussehen, und erschrickt, weil dahinter alle Räume mit Lava ausgefüllt sind, auch Schulen, das Gemeindezentrum, die "Bar Central". 

Wie schwarzer Schnee: Die Landschaft am Tajogaite.
Wie schwarzer Schnee: Die Landschaft am Tajogaite.
© Julia Knop

Das Leben nach dem Ausbruch

Peter und Lotte hatten Glück: Die Lava kam 200 Meter von ihrer Haustür zum Stillstand. Drei Monate wohnte die Familie bei Freunden, erst im Norden der Insel, dann zogen sie wieder und wieder um, "wie alle in der Zeit", sagt Lotte. Peter fegte die Asche vom Dach, jeden Tag, "man konnte sonst nicht viel tun, nichts planen, man wusste nicht, wie es weitergehen würde, wollte einfach nur die Familie in Sicherheit wissen".

Die Risse in der Fassade hat Peter inzwischen repariert und seinen Zweitberuf als Gärtner aufgegeben – kein lohnender Job, wenn die Gärten unter Lava begraben sind. Er ist jetzt in das Touristik-Unternehmen seiner Frau eingestiegen, führt Gruppen hinauf zum Tajogaite. Immer nur 14 Menschen zur Zeit, mehr sind nicht gestattet, denn ganz ungefährlich ist die Gegend noch immer nicht, der Feinstaub wird täglich gemessen, und wenn die Belastung zu hoch ist, wird das Gebiet gesperrt.

Zwei Stunden läuft man vom Aussichtspunkt Llano de Jable oberhalb des Aridanetals hinauf zum Sockel des 1122 Meter hohen Kraters. Es ist eine eigenartige Wanderung, die Landschaft wirkt wie verschoben, denn die Asche hat den Boden um einen Meter angehoben und liegt nun wie schwarzer Schnee darauf – nur, dass er nie mehr schmelzen wird. Kanarische Kiefern sind lose in die Landschaft gestreut, einige haben grüne Nadeln, sie können Hitze, Glut und Staub überstehen, weil sie bis zu 50 Schichten Rinde haben, und wenn nur die innersten intakt bleiben, reicht das zum Überleben.

Vulkane statt Sandburgen

Oben, am Kratersockel, zeigt Peter Bilder des Ausbruchs, die er in einer Mappe gesammelt hat: die Feuerfontäne, die glühenden Ströme. Dann nimmt er einen Stock, malt zwei Kreise in den Staub und erklärt, dass sich die Erdkammern langsam wieder mit Magma füllen. Die Erde ist weiter aktiv, der nächste Ausbruch eine Frage der Zeit – vielleicht zehn oder 30 Jahre.

Ihre Kinder, sagt Lotte, gehen ganz anders als die Erwachsenen mit dem Erlebten um, entspannt. Sie bauen am Strand jetzt Vulkane statt Sandburgen.

Unsere Reisetipps für La Palma

Hinkommen und Rumkommen

Es gibt auf La Palma zwar keinen Massentourismus, trotzdem kann man von mehreren deutschen Flughäfen direkt hinfliegen, alternativ mit Zwischenstopps auf Gran Canaria oder Teneriffa. Fähren nach La Palma verkehren von Teneriffa und La Gomera (z. B. von San Sebastian de la Gomera nach Santa Cruz, der Hauptstadt, ab 135 Euro). Die kürzeste Verbindung nach La Palma ist die Strecke von Los Cristianos/Teneriffa nach Santa Cruz, sie dauert ungefähr zweieinhalb Stunden.

Die Altstadt von Los Llanos im Inselwesten ist unbedingt einen Ausflug wert – zum Bummeln und Shoppen.
Die Altstadt von Los Llanos im Inselwesten ist unbedingt einen Ausflug wert – zum Bummeln und Shoppen.
© Julia Knop

Wanderreisen werden von vielen Veranstaltern angeboten, etwa von Wikinger Reisen. Die achttägige Tour "Grünes Juwel zwischen Vulkanen und Ozean" z. B. kostet ab 1298 Euro, inkl. Anreise, geführten Touren (für Menschen mit normaler Kondition gut zu schaffen), Unterkunft im Vier-Sterne-Hotel mit Frühstück/Abendessen (wikinger-reisen.de). 

Halbtageswanderungen zum Vulkan Tajogaite, aber auch Gipfel- und Schluchtentouren kann man unter anderem bei Lotte von Lignaus Graja Tours buchen (wandern-auf-la-palma.de).

Übernachten

H10 Taburiente Playa. Das Hotel in Los Cancajos an der Ostküste hat vier Sterne, drei Außenpools, viele Zimmer (293) und liegt schön am Meer. Die Mitarbeiter:innen sind sehr nett, und das Buffet ist eines, an dem man nach einer Woche noch gern isst. DZ/F ab 86 Euro (Tel. 34/922/18 12 77, h10.taburiente.playa@h10hotels.com) 

Faro Punta Cumplida. Charmante Zimmer mit Ausblick, gelegen ganz im Norden der Insel, an einem der ältesten Leuchttürme Spaniens. Gäste können hier in drei Suiten luxuriös übernachten – und mit ein wenig Glück vom Infinitypool aus Delfine beobachten. DZ/F ab 290 Euro (Tel. 030/81 86 45 91, farocumplida.de). 

Genießen

Mercadillo Puntagorda. Der Bauernmarkt von Puntagorda im Nordwesten vereint Kunsthandwerk und lokale, auch ökologisch erzeugte landwirtschaftliche Produkte, inklusive Bananenchips in allen Geschmacksrichtungen und leckerem Mandelmus – der Ort ist nämlich berühmt für seine Mandelblüte (samstags 15 bis 19 Uhr, sonntags 11 bis 15 Uhr, Cno. el Pinar 56A, Tel. 34/922/49 30 77).

Destillerie Aldea. Einblicke in Produktion und Philosophie des La-Palma-Rums bietet diese Traditionsdestillerie in Charco Azul, die Zuckerrohr von der Nordküste der Insel verarbeitet. Das Besondere daran: Der Rum – direkt abgefüllt oder in Eichenfässern eingelagert – wird nicht aus Melasse, also Zuckersirup gemacht, sondern aus frisch gepresstem Zuckerrohrsaft. Besuch mit Verkostung 5 Euro (Tel. 34/922/45 05 68, nueva.destileriasaldea.es). 

Wer in Puntagorda im Nordwesten ist, dem legen wir das Restaurant "Pino de la Virgen" ans Herz. Tolle Tapas! (Tel. 34/922/493 32 28, Pino de la Virgen Nr. 6, Quatro Caminos)
Wer in Puntagorda im Nordwesten ist, dem legen wir das Restaurant "Pino de la Virgen" ans Herz. Tolle Tapas! (Tel. 34/922/493 32 28, Pino de la Virgen Nr. 6, Quatro Caminos)
© Julia Knop

La Isla de Goya. Snacks und lockere Atmosphäre: Das grundsympathische Lokal in Santa Cruz liegt an der Küstenstraße Avenida Maritima, bekannt für ihre Häuser mit historischen Holzbalkonen (Tel. 34/922/42 03 89, laisladegoya.com).

Mehr Infos findest du auf visitlapalma.es/de

Zuweilen unterstützen uns Agenturen, Hotels oder Veranstalter bei den Recherchen. Unsere Reportagen und Informationen sind dadurch in keiner Weise beeinflusst.

Brigitte

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