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Uganda Reise in ein ursprüngliches Afrika

Uganda: Antilope im Nationalpark
© Gulliver Theis / Brigitte
Im Norden von Uganda ist noch Platz für Tiere und traditionelles Leben. BRIGITTE-Autorin Astrid Joosten hat sich mit ihrer Reise nach Uganda einen Traum erfüllt.

Montags ist in Moroto Markt. Männer, Rinder und Ziegen strömen auf einen großen Platz in der Savanne, bis kaum noch ein Durchkommen ist. Über der staubigen Erde und den Akazienbäumen, die ihre weiten Kronen wie Schirme aufspannen, liegt Stimmengewirr. Händler und Käufer, die Wolldecken in Rot und Grün, Orange und Türkis im Tunika-Stil über ihre Körper gelegt haben, schieben sich an uns vorbei. Die Jüngeren tragen große Ohrringe und mehrere Lagen Perlenreifen um den Hals, als gingen sie auf Brautschau. Stapel von Geldscheinen wechseln die Besitzer, dazwischen schreit eine Predigerin die Worte Gottes Richtung Himmel. Es ist laut, es ist bunt, es ist irreal schön.

Uganda: Rinder
Kostbar. Rinder sind die teuerste Ware auf dem Viehmarkt von Moroto.
© Gulliver Theis / Brigitte
Wir stechen aus der Masse heraus wie zwei Mehlwürmer in einer Schüssel Kaviar

Ichumar Peter schüttelt überall Hände. Auch unser Guide gehört zum Stamm der Karamojong, der hier im Nordosten Ugandas lebt. Fotograf Gulliver und ich sind froh und verwundert, dass die Leute uns höflich übersehen und höchstens mal aus den Augenwinkeln mustern, obwohl wir aus der Masse herausstechen wie zwei Mehlwürmer in einer Schüssel Kaviar. Die Karamojong sind ein Hirtenvolk, das seine Rinder liebt und von ihnen lebt, von der Milch, dem Fleisch und der Haut. "Wer keine Kühe hat", sagt Ichumar, "der ist arm." Um mit ihrem wertvollen Gut Geschäfte zu treiben, kommen die Menschen von weit her, manche sind zu Fuß sieben Stunden unterwegs, bis sie den Markt erreichen. Erst seit zwei Jahren führt eine Asphaltstraße zu dem unscheinbaren kleinen Ort Moroto. Er ist unsere erste Station auf einer einwöchigen Tour durch diesen wenig besuchten Teil Ugandas.

Wir sind auf der Suche nach dem alten Afrika

Wir sind auf der Suche nach dem alten Afrika, so wie es Naturschützer Bernhard Grzimek früher jede Woche im Fernsehen gezeigt hat. Nach einem Land, in dem das Leben noch beständig und langsam läuft und wo es einen Platz für Tiere gibt. Ichumar aber interessiert sich nicht für die Lieblinge des deutschen TV-Publikums, Löwen, Büffel oder Elefanten. Er winkt, damit wir in den Jeep steigen: Er will uns zeigen, wo die Rinderherden weiden – und wo die Karamojong zu Hause sind. Also los, über Schotterstraßen und trockene Flussläufe durch die Savanne, bis wir das Gefühl haben, wie im Autoscooter hin- und hergeschleudert zu werden.

Uganda: Regenzeremonie
Weites Land. Zwei Karamojong halten in der Savanne beim Dorf Lobeei eine Regen­zeremonie ab.
© Gulliver Theis / Brigitte

Zuerst hören wir den Gesang. Kehlige Stimmen, von rhythmischem Klatschen begleitet. "Sie haben schon angefangen", sagt Ichumar, als wir aus dem Auto steigen, um auf einem Trampelpfad durch die trockene, weite Landschaft zu laufen. Jeden Morgen und jeden Nachmittag treffen sich die Menschen von Lobeei, um zu singen und zu tanzen, so wie es die Tradition gebietet.

Als hätte uns eine Zeitmaschine in diese archaische Welt geführt

Durch einen zaunartigen Wall aus Dornenzweigen gehen wir zwischen Grashütten hindurch zum Dorfplatz. Männer und Frauen stehen in der Runde und schmettern ihre Lieder, und jeder, der sich gut fühlt, tritt in die Mitte und springt so hoch, wie es nur eben geht – Tanzen auf Art der Karamojong. Am Rande sitzt ein Medizinmann und bestreicht mit einem Wässerchen, das er in einem umgedrehten Schildkrötenpanzer aufbewahrt, die Bäuche von allen, die eine Stärkung benötigen. In einer Grassenke hinter den Hütten treffen sich die Alten, die diskutieren, ob sie eine Regenzeremonie abhalten sollen, weil das Gras schlecht wächst. Unser Guide erklärt und übersetzt, und wir fragen uns, ob nicht Ichumar, sondern eine Zeitmaschine uns in diese archaische Welt geführt hat.

Sind wir Selbstoptimierer auf der falschen Seite des Lebens?

Als die Sonne tiefer sinkt, fahren wir zum Kral von Lobeei, einem Viehgehege in der Savanne. Tagsüber fressen die Rinderherden das weiße Gras der Ebene, nachts schlafen sie hier, geschützt von einem Ring aus Akazienzweigen. Die Hirten haben sich ein Feuer angezündet und hocken drum herum. Wir setzen uns dazu. Ein Eimer mit selbst gebrautem Hirsebier macht die Runde. Ob wir auch Kühe haben, fragt uns Lokee Maracello, der Kralchef. Wir schütteln den Kopf.

Die Karamojong gucken – und lachen dann laut, wir sind die ersten Weißen, die den Clan besuchen. Sie würden ihr Leben mit ihrem Vieh für nichts aufgeben, sagt Lokee, und in diesem Moment, der so viel Zufriedenheit ausstrahlt, fühlen wir uns als ständige Selbstoptimierer ein bisschen auf der falschen Seite des Lebens. Während das Feuer züngelt und die Scheite knacken, singen die Hirten ihre Lieder. Von der Schönheit ihrer Rinder, von der Farbe ihrer Lieblingskuh und von der neuen Kuh des Schwiegervaters.

In der Gegend von Lobeei leben nicht mehr viele wilde Tiere. Die Hirten jagen Hasen und Gazellen und verscheuchen manchmal eine Hyäne, die versucht, ein Tier zu reißen. Eine Zeit lang hatte sich hier eine Löwin herumgetrieben, aber das ist schon lange her. Weiter im Norden, vier Stunden im Jeep von hier, liegt der Kidepo-Nationalpark, unser nächstes Ziel, ganz dicht an der Grenze zum Südsudan.

Wir erleben einen Grzimek-Film in echt

Am nächsten Tag passieren wir den Schlagbaum am Parkeingang und fahren in ein weites Tal, das Narus Valley. Bäume mit mächtiger Krone sitzen wie Tupfen auf der Savanne, am Horizont zeichnen sich Berge ab, die Morungule Mountains mit ihren bis zu 2700 Meter hohen Gipfeln. Kein Mensch weit und breit, kein Auto, nur Stille. Jetzt einfach im Savannengras sitzen und nichts tun, den Moment feiern. Aber dafür bräuchte man in Kidepo ein Gewehr.

Der Ranger geht nur mit seiner Kalaschnikow aus dem Haus

Viel Großwild lebt hier im Schutzgebiet, erzählt uns eine halbe Stunde später Ilukol Daniel. "Die Büffel und nicht, wie viele denken, die Löwen sind die gefährlichsten Tiere." Er ist seit 16 Jahren Ranger in Kidepo – und geht nur mit seiner Kalaschnikow aus dem Haus. Er stellt sie neben sein Bein, als wir zu einer Pirschfahrt in unserem Jeep aufbrechen. Zuerst sehen wir nur hübsche Vögel wie die knallblaue Senegalracke und einen Schlangenadler mit rotem Schnabel. Aber dafür sind wir nicht hier. Wir wollen einen Grzimek-Film in echt, und als wir uns einem Wüstendattel-Baum nähern, fängt der Film tatsächlich an zu laufen.

Zwei Elefantenkühe mit ihren Babys fressen dort die süßen Früchte. Jugendliche Dickhäuter werfen ihre Rüssel hoch und wackeln mit den Ohren drohend in unsere Richtung. Als wir weiterfahren, trompeten sie hinter uns her, offenbar informieren sie die anderen Tiere. Nach wenigen Metern sehen wir an die 50 Elefanten, die zum Narus-Fluss hinuntertrotten. Und noch mehr Bilder erwarten uns: Eine Herde gigantischer Rothschild-Giraffen frisst Blätter von Büschen. Zebras führen Vögel spazieren, die Zecken von ihrem Rücken fressen. Paviane sitzen im Gras der Savanne und spielen mit ihren Jungen. Und schließlich begegnen wir einer riesigen Büffelherde – "an die 2000 Tiere", schätzt Ilukol. Der Staub, den sie aufwirbeln, sieht in der Sonne aus wie ein magischer Schein.

Uganda: Elefantenfamilie
Familienleben. Elefanten im Nationalpark Kidepo.
© Gulliver Theis / Brigitte

Die "Perle Afrikas" hat Winston Churchill Uganda genannt, damals war das Land noch eine britische Kolonie. Die Perle schimmert bis heute. "Kidepo", sagt Ilukol Daniel, "gehört zu den drei schönsten Nationalparks Afrikas." Und er ist der unberührteste: Hier kann man auf Safari gehen, ohne anderen Besuchern zu begegnen.

Die ugandischen Royals

Vielleicht blieb Uganda bisher von Touristenmassen verschont, weil viele Menschen bei "Uganda" nur an Idi Amin denken, und das, obwohl der Diktator und Massenmörder schon vor über 40 Jahren von der Bevölkerung verjagt wurde. Seit Jahrzehnten regiert der ebenso autoritäre wie umstrittene Präsident Museveni. Fünf der alten Könige, die ursprünglich über den Vielvölkerstaat herrschten, wurden wieder ins Amt gesetzt. Sie sind die ugandischen Royals, die offiziellen Hüter von Tradition und Kultur.

In Hoima versuchen wir, etwas über diese Royals zu erfahren. Fast jeden Morgen trommelt eine Gruppe Männer vor dem Königspalast der Stadt, wenn es Zeit ist aufzustehen für Solomon Iguru I. und seine Frau. Hoima, unweit des Lake Albert, hat an die 30000 Einwohner, aber zufällig liegt unsere Unterkunft gegenüber vom Palast. Am ersten Morgen stelle ich mir meinen Wecker auf 5.15 Uhr, denn die Trommler legen früh los, hatte mir Tumuuekuuase Ronald gesagt. Als mein Handy klingelt, lausche ich in die Dunkelheit – und höre nichts. Das ist wohl der Nachteil, wenn man in einem Reetdachhäuschen umgeben von einem weitläufigen Garten schläft. Und nicht neben der Straße wie unser Guide von der "Hoima Cultural Lodge".

Der Karuziika Palace, das Heim der Royals, entpuppt sich als moderner ebenerdiger Bungalow in der Farbe Mausgrau. Ich frage ungläubig dreimal nach, ob das wirklich der Wohnsitz des Königs ist. "Ja, ja", sagt Tumuuekuuase und deutet auf zwei Wachen, die am Eingang zum Grundstück stehen. Iguru I. hat in Cambridge studiert, er ist Geschäftsmann, wenn er nicht gerade seinen Aufgaben als König nachkommt. Er habe einen Thronsaal mit Leopardenfellen und Speeren. Bei traditionellen Festen empfange er dort Gäste. Er tue viel für die Bunyoros, sein Volk, sagt Tumuuekuuase. "Wir lieben ihn. Wenn in einem Dorf Masern oder die Ruhr ausbrechen und die Behörden zu langsam reagieren, hilft der König mit Medikamenten."

Hoima wirkt verschlafen, freundlich und aus der Zeit gefallen. An der Hauptstraße, an einem Shop, der nur Kabel und Schrauben verkauft, hält eine Familie auf dem Motorrad: Vater, Mutter und drei Kinder quetschen sich auf den Sitz, auf dem Gepäckträger sind noch zwei Säcke mit Einkäufen geschnallt. Dass das Motorrad noch fährt, ist erstaunlich. Schaufenster stellen Zuckersäcke aus oder Damenkleider mit Spitzenkragen und Schleife in der Taille wie in den 50er-Jahren. Über solche Orte hat Bernhard Grzimek nicht berichtet, aber er kannte sie, und sie gefielen ihm bestimmt so gut wie uns.

Astrids Tipps für Nord-Uganda

KLIMA
Der Äquator verläuft mitten durchs Land, aber große Teile Ugandas liegen auf einer Hochebene von 1000 bis 1500 Metern, das mildert das Tropenklima angenehm ab. Trockenzeiten von Mitte Dezember bis Ende März und von Juni bis September.

HINKOMMEN & RUMKOMMEN
Uganda wird vom RKI nicht als Risikogebiet eingestuft – das Land wurde von der Covid-19-Pandemie bisher weniger getroffen. Einreisende müssen ein negatives Test-Ergebnis vorweisen, das nicht älter als fünf Tage sein darf. In der Öffentlichkeit besteht Maskenpflicht, und es gilt eine nächtliche Ausgangssperre von 21.30 bis 5.30 Uhr. Das Auswärtige Amt rät derzeit von nicht notwendigen Reisen nach Uganda ab. Im Gegensatz zu den Nachbarländern Kenia, Südsudan und Kongo ist es in Uganda seit den 90er-Jahren politisch stabil. Besuche der Nationalparks Kidepo und Murchison Falls sind problemlos und am sichersten mit Guide möglich.

Die Flugzeit nach Uganda beträgt etwa 13 Stunden, Tickets für Hin- und Rückflug gibt es ab ca. 500 Euro.

Wir empfehlen, innerhalb Ugandas mit einem örtlichen Veranstalter zu reisen. Die von uns beschriebene Tour wurde von "Churchill Safaris" organisiert. Die Agentur, von der Uganderin Ether Birungi aufgebaut und geleitet, bietet keine festen Programme an, sondern maßgeschneiderte private Rundreisen, je nach Standard der Unterkünfte variiert der Preis. Sieben Tage für zwei im DZ/VP, Jeep mit Fahrer, Eintrittsgeldern, lokalen Führern ab ca. 1780 bis ca. 2500 Euro. Die Übernachtungstipps sind auch über den Safariveranstalter buchbar (www.churchillsafaris.com).

ÜBERNACHTEN
Kidepo Savannah Lodge. 
Tolle Anlage an einem Felshang mit Blick über den Kidepo-Nationalpark. Man schläft in Luxuszelten mit Holzfußboden und breiten, sehr bequemen Betten. DZ/F ca. 100 Euro (www.naturelodges.biz).

Karamoja Safari Lodge. Papayagelbes Haus am Stadtrand von Moroto, davor sieben große Safarizelte zum Schlafen, freundlich-familiäre Atmosphäre, Platz für ein Lagerfeuer im Garten. Ausflüge zu den Karamojong sind ebenfalls möglich. Doppelzelt/F ca. 50 Euro (www.kara-tunga.com/camp).

Hoima Cultural Lodge. Anlage am Rand von Hoima: ein großer Garten mit mehreren gemütlichen Häusern, man schläft in Himmelbetten. DZ/F ca. 105 Euro (www.ugandaculturallodges.com).

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BRIGITTE 06/2021

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