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Sri Lanka Unentdeckte Ostküste

Sri Lanka Ostküste Sonnenuntergang
© Stefanie Füssenich
Wer nach Sri Lanka reist, lässt die Ostküste meist links liegen. Doch BRIGITTE-Autorin Susanne Arndt entdeckte hier das authentischere Leben.

Wir gleiten über die Autobahn, sie ist neu und makellos wie der Toyota, in dem wir sitzen, die Raststätten sind modern wie Flughafenterminals. Nur das wogende Palmenmeer und die große weiße Buddha-Statue auf dem Berg erinnern mich daran, dass ich in Sri Lanka bin. Und der Fahrer neben mir, der uns vom Flughafen abgeholt hat.

"Mahinda, bedeutet dein Name irgendwas?", frage ich ihn. "Mahinda heißt Sohn Buddhas", sagt er, und so sieht er auch aus: blankrasierter Schädel, freundliches Gesicht, große Ohren, kleiner Bauch. Er ist Singhalese und gläubig, wie der Mini-Buddha erkennen lässt, der auf seiner Wagenablage klebt. Mahinda wird Fotografin Stephanie und mich acht Tage lang durch den Osten Sri Lankas fahren, wo nicht die Singhalesen, sondern Tamilen und Muslime in der Mehrheit sind.


Es ist mein drittes Mal Sri Lanka. 1986 erlebte ich ein Land von schockierender Schönheit und bestürzender Armut: Überall, wo ich staunend stehen blieb, hängten sich Trauben bettelnder Kinder an mich. 2002 reiste ich in die Berge und an die Strände des Südwestens - Traumstrände zwar, aber damals schon dicht bepackt mit Liegen. Doch ich verliebte mich in diese Insel, die alles hat, was exotisch ist: wo Pfauen umherlaufen wie bei uns die Tauben, wo man Currys mit den Händen isst und wo Orte Namen tragen wie Mahakumbukkadawala.

Sieben Jahre nach Ende des Bürgerkriegs will ich auch Sri Lankas Ostküste kennenlernen

Sieben Jahre nach Ende des Bürgerkriegs will ich nun endlich auch die Ostküste kennenlernen. Nachdem die Tamilen dort fast drei Jahrzehnte lang erfolglos für ihre Unabhängigkeit gekämpft haben und 2004 der Tsunami wütete, wartet die Region heute wieder auf Urlauber. Noch kommen sie eher spärlich - auch weil der Flughafen an der Westküste liegt und man fast zwei Tage bis zur anderen Seite braucht. Doch wir haben Zeit, und wir freuen uns auf die Einheimischen.

Die erste Nacht verbringen wir im Kolonialstädtchen Galle, und ich bin sofort wieder verliebt: in die knatternden Tuk-Tuks, die Männer mit den wehenden Rockschößen, die Frauen mit ihren geflochtenen Zöpfen, die über stolze Rücken pendeln, die bunten Fischerboote am Strand. Im historischen Hotel dann poliertes Tropenholz unter den nackten Füßen, und am Morgen ein Ananas-Shake zum tiefschwarzen Kaffee.

Nach dem Frühstück brechen wir auf nach Kataragama. In der Tempelanlage am Tor zur Ostküste wird fröhlicher Pluralismus gelebt. Seite an Seite verbeugen sich Gläubige verschiedener Ethnien und Religionen vor Göttern und Weisen, die sie großzügig miteinander teilen: Hinduistische Tamilen verehren Buddha, Buddhisten Hindugötter wie Kataragama, der dem Tempel seinen Namen gibt. Eine Moschee für die Nachkommen arabischer Seefahrer gibt es auch.

Hinter Kataragama beginnt der Busch. Stellenweise säumen Stromzäune die Straße, sie sollen die Menschen vor den Elefanten schützen, erklärt Mahinda. Doch wie die Religionen hält sich in Sri Lanka auch die Natur nicht an Grenzen: Plötzlich steht ein Elefant am Straßenrand. Mahinda gibt Gas und rast im Bogen vorbei. Wenige Minuten später dann der nächste, er hat den Rüssel auf dem Asphalt abgelegt, als wolle er sagen: meins! Mahinda hält an und hat nichts Besseres zu tun als zu erzählen, dass neulich ein Elefant einen Jeep übel zerbeult habe. Ein entgegenkommendes Auto bleibt ebenfalls stehen. Ich spüre, dass Mahinda nervös ist, ich werde es auch, dann sagt er: "Warten wir ab ..." Plötzlich wirft der andere Fahrer dem Elefanten ein Stück Obst zu. Es funktioniert, das Tier wendet sich sofort dem Futter zu. Auch Mahinda nutzt den Moment und fährt schnell vorbei. "Habt ihr Hunger?", fragt er kurz darauf, und ohne unsere Antwort abzuwarten, hält er an und kauft an einem Obststand einen Armvoll Mangos. "Sind die für uns oder für die Elefanten?", frage ich. "Für uns natürlich!", beteuert Mahinda und schaut weg. Klar, Ehrensache.

Es kommt kein Elefant mehr, dafür sehen wir in den Dörfern jetzt Hindutempel, die über und über mit Göttern und Dämonen verziert sind - wir nähern uns Tamilenland. Es wird trockener, nicht nur Kühe, auch Ziegen kreuzen die Landstraße, und zu den Kokospalmen gesellen sich die genügsameren Fächerpalmen. Mahinda staunt wie wir, auch für ihn ist der Osten Neuland. Aber zum Glück ist für ihn normal, was für deutsche Männer undenkbar ist: Er hat weder Landkarte noch Navi und keinerlei Hemmungen, nach dem Weg zu fragen.

Deshalb finden wir unser kleines Strandhotel in Arugam Bay an der Ostküste ohne Probleme. Schon an der Rezeption ermahnt uns ein Schild, zu entspannen: "Love more, worry less!" Das fällt leicht. Gäste und Kellner sind barfuß, auch wir werfen unsere Schuhe ab und schlendern zur Beachbar "Mambo’s", wo die Beats aus dem Laptop kommen, und trinken im Schatten der Palmen die Fruchtshake-Karte durch, bis die ersten Fischer auf den Ozean paddeln.

Höchste Zeit, hören wir, weiter zum "Main Point" zu bummeln, zu den Wellenreitern. Die Sonne geht auf der anderen Seite Sri Lankas unter, hier sind die Surfer das abendliche Spektakel. Sunnyboys schlurfen herbei, wie Tavish aus Colombo, das Brett unterm Arm, eine Dose Lion-Bier in der Hand. Sein Englisch ist exzellent, er ist in der Hauptstadt auf die internationale Schule gegangen, sagt er und setzt sich zu uns in den warmen Sand. Gemeinsam sehen wir den Surfern zu, wie sie virtuos auf Wellen reiten, die im Dezember 2004 so todbringend waren. Und so mögen die Geschichten der jungen Männer nicht recht zur heiteren Stimmung passen. Khan erzählt, er sei auf einen Baum geklettert, als die Riesenwelle kam. Ram, dass er gerannt sei, bis er zusammenbrach. Über den Krieg will er nicht reden. Ich frage trotzdem: "Wollen die Tamilen immer noch Autonomie?" Ram winkt ab: "It’s not happening anyway", "das passiert sowieso nicht."

Am nächsten Abend verpassen wir das Beachlife, denn Ranger Cassun holt uns zur Sonnenuntergangs-Safari im nahen Kumana Nationalpark ab. Der Park war Rückzugsgebiet tamilischer Rebellen, 2010 wurde er wiedereröffnet. Mahinda sitzt mit geschlossenen Augen im Jeep, offenbar froh, mal nicht selbst fahren zu müssen. Wir schaukeln über eine rote Piste durch ein Feuchtgebiet voller Vögel, Krokodile und Büffelherden. Entdecken eine Kobra, die in einen Termitenhügel gleitet, um sich den Bauch mit Insekten vollzuschlagen, sichten Nashornvögel, Schakale, Affen ... und sogar Leoparden, die durchs Unterholz schleichen! "Mahinda, wach auf, du verpasst ja alles!", flüstere ich aufgeregt. Der murmelt nur was von "Augenpause." Vielleicht hätte mir in der Fülle dieses Landes auch mal eine Augenpause gutgetan, dann würde ich jetzt nicht dauernd Elefanten in den runden Granitfelsen sehen oder Krokodile in den Ästen, die auf dem Boden liegen.

Am Morgen fällt der Abschied von Arugam Bay schwer. Allen, denen wir erzählen, dass wir weiter nach Passikudah fahren, rümpfen die Nase - "touristisch", "Betondschungel", und überhaupt: "Hier ist es so viel netter."

Auf der Küstenstraße Richtung Norden wird es einsamer, ein paar Fischer werfen anmutig ihre Netze in den glitzernden Lagunen aus, hier und da gemahnt ein verlassenes Haus an Krieg und Tsunami. Nur die Hindutempel werden prächtiger, die Kuppeln der Moscheen größer und goldener. Was fehlt, sind die eleganten weißen Dagoben und Buddha-Statuen des Westens.

Passikudah überrascht uns: Von Betondschungel keine Spur. Weit und breit nichts als Kokosplantagen, nur ab und zu ein Strandhotel. Allerdings fehlt auch von Sri Lankas überbordender Fülle jede Spur, und das ist es wohl, was man der Region vorwerfen kann. Sie wurde im Krieg komplett aufgegeben, die Hotels waren von den Rebellen besetzt oder geplündert, bevor der Tsunami die Überreste mit ins Meer nahm. 2011 wurde das erste neue Resort eröffnet.


Ich bin müde von der Fahrt, und nach dem Check-in im Hotel dümple ich mir im Infinity-Pool gleich am Strand erst mal die Finger runzelig. Ein reizarmer Ort, der im Wesentlichen aus Meer, Sand und Palmen besteht. Selbst der Ozean ist glatt, die tiefe Bucht besänftigt die Brandung, und statt der üblichen bunten Fischerboote langweilen sich zwei weiße Jetski am Strand. Der ideale Platz für eine Augenpause. Trotzdem vermisse ich das Üppige der vergangenen Tage ein wenig.

Unser letzter Stopp ist dann sogar noch abgeschiedener: Die im Grün versteckten Bungalows des "Jungle Beach"-Resorts in Kuchchaveli sind die einzigen Gebäude an der großen Bucht. Am Morgen lasse ich mir eine Attraktion des Ostens nicht entgehen: Sonnenaufgang am Meer. Ich tauche in wannenwarme Wellen, nur beäugt von sandfarbenen Krabben. Trotz der frühen Stunde haben Luft und Wasser fast Körpertemperatur, die Grenzen zwischen den Elementen scheinen zu zerfließen - es ist das ultimative Wohlgefühl in völliger Einsamkeit.

Doch als sich beim Frühstück im Garten Hotel-Managerin Thimasha Wanasinghe zu uns setzt, wird mir klar, dass wir trotz aller Abgeschiedenheit mitten in Sri Lanka sind. Sie erzählt, dass das singhalesisch geführte Resort vorwiegend Leute aus der Gegend beschäftige, um ihnen eine Perspektive zu geben: 47 Ex-Rebellen - "sie wurden damals einer Gehirnwäsche unterzogen" - und acht Kriegswitwen, damit sie ihre Kinder ernähren können. So einfach kann Versöhnung sein, denke ich. Mein Blick fällt auf den prachtvollen Lotusteich, an dem wir sitzen. Aus Schlamm und Finsternis kämpft sich der Lotus ans Licht. So wie dieses Land, das gerade zu neuer Schönheit findet.

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Sri Lanka - gebeuteltes Land: Im Norden und Süden Sri Lankas kämpfte von 1983 bis 2009 die Terror-Organisation LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) für die Unabhängigkeit der tamilischen Gebiete von singhalesisch dominierten Staat Sri Lanka. Der Bürgerkrieg endete mit dem Sieg der Regierungstruppen über die Rebellen. Die Zahl der Todesopfer wird auf mehr als 80 000 geschätzt. Vom Tsunami 2004 waren der Süden und Osten der Insel stark betroffen, mehr als 30 000 Menachen starben.

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Sri Lankas Ostküste: Die Rundreise

Die "Ostküsten-Tour" (Colombo – Galle – Kataragama – Arugam Bay – Passikudah – Kuchchaveli – Anuradha- pura – Negombo) wird von Lotus Travel angeboten. Die Stopps sind variabel, genau wie die Hotelkategorien (3 bis 5 Sterne). 8 Tage ab 854 Euro pro Person im DZ inkl. Fahrt im Pkw, deutschsprechender Fahrer- Guide, HP, Besichtigungen und Transfers (Lotus Travel Service, Baaderstraße 3, 80469 München, Tel. 0 89/ 20 20 89 90, www.lotus-travel.com).

Hotels an Sri Lankas Ostküste: Hier haben wir übernachtet

Fort Bliss Galle. Süßes B&B im Kolonialstil in einer Altstadtgasse im Fort von Galle. DZ/F ab ca. 70 Euro (84, Light House Street, Fort, Galle, Tel. 912 24 81 68, www.fortblissgalle.com).

Mandara Rosen. Etwas unpersönliches, großes Resort mit Pool in der Nähe der Tempelanlage Kataragama. DZ/F ab 99 Euro (Kataragama, Tel. 472 23 60 30, www.mandararosen.com).

Bay Vista Hotel. Nettes Hotel am Strand von Arugam Bay. Yoga auf dem Dach. DZ/F ab ca. 73 Euro (Arugam Bay, Tel. 632 24 85 77, www.bayvistahotel.com)

Uga Bay. Luxuriöses Strandresort mit Pool, Spa und Beachbar an der Bucht von Passikudah. Bungalow/F ab 110 Euro (Coconut Board Road, Tel. 655 67 10 00, www.ugaescapes.com/ugabay).

Jungle Beach. Einziges Resort an der einsamen Bucht von Kuchchaveli mit Pool, Spa und schönem Open-Air- Restaurant. Toll für Honeymooner! Bungalow/F ab ca. 140 Euro (27th Kilometer post. Pulmuddai Road, Tel. 265 67 10 00, www.ugaescapes.com/junglebeach).

St. Lachlan Hotel & Suites. Gute Basis für die Nacht vor dem Rückflug nach Europa: Boutique-Hotel mit Pool in einer ruhigen Gasse von Negombo. DZ/F ab ca. 73 Euro (25 St.Anthoney‘s Lane, Negombo, Tel. 312 27 50 00, www.stlachlanhotel.com).

Lesen

Stefan Loose Travel Handbuch Sri Lanka. Der informative Reiseführer deckt auch die Ostküste ab (23,99 Euro, Loose).

Reisezeit - Monsun, Regenzeit, Trockenzeit

Nicht Jahreszeiten, sondern Monsunwinde und der Regen, den sie bringen, beeinflussen das tropische Klima der Insel. Während die Westküste von November bis April Trockenzeit (und Hochsaison) hat, herrscht an der Ostküste von April bis September Trockenzeit. Danach setzt mit dem Nordostmonsun ein, der aber nicht sehr viel Nässe bringt.

Telefon

Vorwahl für Sri Lanka: 0094

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EXTRA-TIPP: Viele weitere tolle Rundreisen in der ganzen Welt findet ihr in den BRIGITTE-Reisewelten(Anzeige).

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