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Skifahren mit Kind Hier wird die ganze Familie glücklich

skischule
© Anja Haegele
Skischulen versprechen, dass das Kind in einer Woche Skifahren lernt. Anja Haegele hat es mit ihrem Sohn Joris (7) ausprobiert.

Skiferien mit einem siebenjährigen Anfänger bedeutet für die Mutter vor allem: Schleppen. Ich trage seine Skier, seinen Helm, seine Schneebrille und seine Handschuhe. Joris (7) selbst ist vollends damit ausgelastet, in den schweren Skistiefeln zu laufen. Und die Aufregung im Zaum zu halten, dass er „gleich! hier! den! Berg!“ runterdüsen wird. So stellt er sich das zumindest vor, als wir in der Ratschingser Gondel zur Bergstation schweben, unterhalb derer das „Kinderparadies“ der Südtiroler Skischule liegt. Dort soll er, so das Versprechen, binnen einer Woche so gut fahren lernen, dass er einfache Abfahrten selbständig bewältigen kann.

„Zauberteppiche“ bringen die Kinder den Berg hoch

Mit dem „Idiotenhügel“, an dem ich vor mehr als 40 Jahren in vielen Wochen Skikurs den Schneepflug gelernt habe, hat das, was im „Kinderparadies“ geboten wird, nichts zu tun. Zum einen, weil es überhaupt kein Hügel ist, sondern eher eine kleine Senke, innerhalb derer es kaum bergab geht. Und weil es, statt angsteinflößender Tellerlifte, dort „Zauberteppiche“ gibt, Laufbänder, die die Skizwerge bergauf bewegen.

Im Moment ist unser Problem allerdings, dass von der Bergstation bis zum „Kinderparadies“ gut hundert Meter Piste überwunden werden müssen. „Wir haben noch 20 Minuten Zeit, das schaffen wir lässig“, sage ich, damit Joris sich entspannt.

Ich lege seine Skier zurecht und kniee mich auf den Boden, um ihm beim Anschnallen zu helfen. Er stellt das rechte Bein in die Bindung und fällt in den Schnee. Aufstehen, Skier wieder zurechtlegen, neuer Versuch. Diesmal klappt es. Ich lege Ski Nr. Zwei zurecht, robbe um das Kind herum, sortiere den linken Fuß in die Bindung, drücke die Ferse herunter. „Klack“ macht die Bindung. „Uuargh“ macht Joris und fällt um. Die Bindung löst sich. Er schafft es nicht, alleine aufzustehen, am rechten Bein hängt ja noch ein Ski. Also stehe ich auf und ziehe ihn hoch. Wieder auf die Knie, Ski Nr. Zwei festschnallen. „Klack.“ „Uuargh!“

So schnell ich kann, suche ich das Weite

Nach dem vierten Versuch bleibt Joris endlich stehen. Ich bin völlig durchgeschwitzt. Joris friert. Noch fünf Minuten, bis der Skikurs beginnt und noch immer liegen hundert Meter zwischen uns und dem „Kinderparadies“. Ich drücke dem Kind meine Skistöcke in die Hand. „Halt Dich fest, ich ziehe Dich!“ Das klappt super! Für vier oder fünf Meter, bis der Hang ein Minimum an Gefälle bekommt und Joris einen Hauch von Fahrt aufnimmt. „Maaaamaaaa!“, jault er. Panisch. Und lässt sich fallen. Ich stelle ihn wieder hin. „Komm, wir laufen da runter, der Kurs fängt gleich an“, beschließe ich. Und bekomme als Antwort: einen Wutanfall. Also ziehe ich meine eigenen Skier an und transportiere mein brüllendes Kind wie einen nassen Sack zum Sammelplatz. Ich übergebe ihn der Skilehrerin und suche, so schnell ich kann, das Weite.

Bis 12.30 Uhr habe ich jetzt selbst Zeit zum Skifahren – herrlich! Die Pisten über mir glitzern verführerisch im Sonnenschein, nur wenige andere Skifahrer sind unterwegs. Im Vorbeifahren kann ich die Fortschritte meines Sohnes beobachten. Und die sind erstaunlich: Schon nach einer Stunde fährt Joris die kleine Mulde, die für die ersten Versuche angelegt wurde, recht rasant entlang. Vielleicht auch deshalb, weil er nicht bremsen muss – denn am Ende der Mini-Piste wurde ein Hügel aufgeschüttet, der die Kinder stoppt. Dass sie dabei rückwärts in den Schnee purzeln, scheint nicht zu stören.

Und dass Joris dabei verlässlich mindestens einen Ski verliert, ist ihm auch egal: Skilehrerin Sarah, die außer ihm nur noch einen anderen Anfänger betreut, kommt jedes Mal flott herbeigelaufen, hebt meinen Sohn auf seine Beine, kniet vor ihm nieder und schnallt den verlorenen Ski an. Er hat nicht mal Hemmungen, sie ungeduldig zu rufen, wenn sie gerade mit dem anderen Kind beschäftigt ist. Ganz schön peinlich, finde ich.

Deshalb gebe ich mich auch nicht zu erkennen, sondern genieße meine Skizeit. Um 12.15 Uhr stehe ich randvoll mit Glückshormonen am „Kinderparadies“ und beobachte mit stolzerfüllter Brust, dass Joris bereits das zweite Level im „Kinderparadies“ erreicht hat: Den „Kamelhöcker“ – eine weitgehend waagerechte Piste, auf die zwei kleine Hügel geschaufelt wurden. Stolz wie ein Pfau fährt er im Schneepflug und mit ordentlich Schwung drüber, hebt die Arme, wenn er oben ist und senkt sie wieder, wenn es bergab geht. „Ich bin ein super Skifahrer, Mama!“ grölt er. „Ganz ohne Hinfallen!“

Der Schneepflug heißt jetzt „Pizza“, die Schussfahrt „Pommes“

Am nächsten Tag fährt Joris die 100 Meter (blaue Piste!) von der Bergstation zum „Kinderparadies“ schon alleine – und lässt sich nur zwei Mal in den Schnee fallen, um zu bremsen. Als ich ihn mittags abhole, liefert er sich auf den „Kamelhöckern“ ein wildes Rennen mit einem etwas älteren Mädchen. Stolz zeigt er mir, dass er gelernt hat, die erste Kurve zu fahren und spricht den ganzen restlichen Tag von „Pizza“ (früher hieß das Schneepflug) und „Pommes“ (Schussfahrt).

Als ich Joris am dritten Tag abhole, hat er die dritte (und letzte) Stufe im „Kinderparadies“ erreicht: Dort geht es deutlich bergab und durch einen Slalom-Parcours. „Morgen früh brauchst Du ihn gar nicht mehr hier nach oben zu bringen“, sagt Sarah. Sie wechselt mit ihrer Gruppe zum Tellerlift im Tal. Und statt zu denken, „Wahnsinn, macht die einen guten Unterricht“, denke ich „Wahnsinn, ist mein Kind begabt“, - und biete Joris an, schon an diesem Nachmittag dort mit ihm zu üben.

Von Mama lässt er sich jetzt nichts mehr sagen

Keine gute Idee. Denn natürlich fällt er erst mal aus dem Tellerlift und gibt mir wütend die Schuld. Meine Ratschläge, wie er die Kurven am leichtesten fährt, wann er welchen Ski be- oder entlasten soll und welche Rolle die Arme dabei spielen könnten, sind weder willkommen, noch werden sie befolgt. „Du hast ab-so-lut keine Ahnung, Mama, Du sagst nur falsche Sachen! Lass! mich! in! Ruuu! he!!!“, heult er.

Am nächsten Morgen gebe ich ihn also an der Talstation ab und fahre allein auf den Berg. Und das, was ich mittags zu sehen bekomme, ist sensationell: Mein Skizwerg fährt mit seiner Gruppe in netten Bögelchen den Anfängerhügel hinunter. Obwohl Skilehrerin Sarah abrät, schlage ich Joris vor, seine erste Sesselliftfahrt mit mir zu unternehmen.

Die Pisten am Kalcheralm-Lift sind piccobello präpariert, sehr breit und wenig frequentiert. Ich bin sicher: Das schafft er. Er selbst ist während der Liftfahrt seltsam ruhig, hat wohl doch Respekt vor dieser schwebenden Bank, die ihn auf den Berg transportiert. „Die ganze Strecke fahren wir gleich runter?“ fragt er kleinlaut. „Ja, und morgen die Talabfahrt“ sage ich, um uns beiden Mut zu machen.

1000 Meter lang ist die Piste, die vor uns liegt, normalerweise fahre ich sie in ein paar Minuten. Mit Joris dauert es fast eine halbe Stunde, denn er braucht immer wieder Pausen, zum Durchatmen, zum Schauen und Staunen: Die anderen Skifahrer – wie schnell sie sind! Die Berge, der Schnee und der Himmel – erst hier oben entdeckt er, wie weit das alles ist. Und natürlich die Angst – seine, an den steileren oder eisigen Stellen, und meine – dass er mit einem anderen Skifahrer kollidieren könnte. Wie ein Wachhund kreuze ich dicht hinter meinem Kind, um es mit vollem Körpereinsatz gegen Pistenrowdys abzuschirmen. Unten sind wir beide erschöpft - aber selig.

Die Skischule hat ihr Versprechen gehalten

Der folgende Tag ist unser letzter. Im „Großen Rennen“ am Anfängerhügel belegt Joris den vierten Platz, bekommt aber – wie alle Kinder – eine Goldmedaille. „Zur Belohnung gehen wir den ganzen Nachmittag ins Schwimmbad“, verspreche ich. Er schluchzt: „Du hast mir die Talabfahrt versprochen!“ „Äh, ja, hm.“ Das war natürlich nicht ernst gemeint gewesen. Aber ihm scheint es bitterernst zu sein. Also fahren wir ein letztes Mal mit der Gondel nach oben.

Ich habe kein gutes Gefühl, denn die Talabfahrt ist 2500 Meter lang und teilweise sehr eisig. Aber Joris ist wild entschlossen und macht seine Sache wirklich toll! Völlig angstfrei und flüssig kurvt er vor mir den Berg hinunter. Bisweilen muss ich ihn mahnen, nicht zu sehr in die Mitte des Hangs zu kreuzen, ein Mal rutscht er auf einer Eisplatte aus. Aber sonst? Die Skischule hat ihr Versprechen gehalten: Nach einer Woche ist mein Sohn kein Skizwerg mehr, sondern ein Skifahrer!

Anjas Reisetipps für Skifahren mit Kind in Südtirol

DAS SKIGEBIET

Ratschings-Jaufen. Das Skigebiet ist mit nur fünf Sesselliften, einer Gondelbahn und 25 überwiegend „roten“ (also mittelschweren) Pistenkilometern eines der kleinsten Südtirols – dafür aber, weil auf über 1800 Metern gelegen und nach Norden ausgerichtet - sehr schneesicher. In der letzten Wintersaison wurde der „Enzian“-Sessellift eröffnet, die erste 8er-Sesselbahn Italiens. Die Skischule Ratschings arbeitet mit modernsten Lehrmethoden, ein 5-tägiger Kinderkurs (tgl. 2,5 Stunden) kostet 163 Euro, es gibt auch einen Skikindergarten, wo die Kinder von 9.30 -15.30 Uhr betreut werden, inkl. Mittagessen und 2,5 Stunden Skikurs 204 Euro für 5 Tage (www.ratschings-jaufen.it).

ÜBERNACHTEN

Hotel Almina. Ende 2015 neu eröffnetes Designhotel, das es auf sympathische Weise und mit ausgesprochen freundlichen Mitarbeitern schafft, gleichzeitig lässig und familiär zu sein. Reduzierter Schick und bunte Farben, Schwimmbad mit Wasserrutsche, abends Menü und großes Salatbuffet. Die Zimmer sind mit Vorhängen so clever aufgeteilt, dass sie viel größer scheinen als sie sind. DZ/HP ab 140 Euro, für Familien gibt es günstige Ski-Pauschalen (Mittertal 12, 39040 Ratschings – Südtirol/Italien, Tel. 00 39/04 72/76 41 20, www.almina.it).


Hotel Schneeberg. Das „Family-Resort“ mit seinen verschiedenen Häusern, Restaurants, Spa-, Pool- und Fitnessbereichen umfasst beinahe den ganzen Ridnauner Ortsteil Maiern, der malerisch im Talschluss zu Füßen des Schneebergs gelegen ist. Umfangreiches Gästeprogramm von Fackelwanderung über Langlauf bis Wintergolf. Großer Kinder-Badebereich mit mehreren, langen und steilen Wasserrutschen, Babyschwimmbad, Außenpool und mehrere Saunen. DZ/F 178 Euro, für Familien gibt es günstige Skipauschalen (Maiern 22, 39040 Ridnaun – Südtirol/Italien, Tel. 00 39/04 72/65 62 32, www.schneeberg.it).

ESSEN UND TRINKEN

Rinneralm. Sehr schönes SB-Bergrestaurant mit riesiger Sonnenterrasse. Völlig untypisch für SB-Restaurants: Es wird gekocht, nicht aufgewärmt, der köstliche Kaiserschmarrn entsteht „à la minute“. Unterhalb der Bergstation der Gondelbahn.

Saxnerhütte. Hier vorbeizufahren ist für hungrige Mägen schwierig, denn die Haxn und Hähnchen, die sich ab früh morgens am Grill braten, duften bis weit auf die Skipiste. Außerdem köstlich: Hausgemachte Teigtaschen. Auf halber Strecke der Saxner-Abfahrten.

Brigitte

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