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Wellness im Schwarzwald Das neue alte Trend-Reiseziel

Schwarzwald: Obermünstertal
© Oliver Soulas / Brigitte
Der Schwarzwald ist eine sagenumwobene Naturschönheit – die junge Hotel-, Gastro- und Design-Profis mit kreativen Ideen gerade trendy machen.

Sterne zum Greifen nah

Noch nie schwitzte ich dem Himmel so nah wie in der Baumhaussauna am Ende des Tonbachtals, umschlungen von mächtigen Ästen in zehn Meter Höhe. Gut, der Stamm ist der Statik wegen aus Stahl und Beton. Egal, man sieht es nicht. Die Krönung: Aus der Hitze hinauszutreten aufs Balkönchen in die frische Luft mit Wiesen und waldigen Höhen im Blick und Bachgemurmel im Ohr. Geht man durch den Garten, steht man im "Hotel Tanne" in Baiersbronn. Ein Klassiker, ganz neu gemacht.

So wie hier scheint eine ganze Generation junger Hotel- und Gastro-Profis angetreten zu sein, das Schwarzwald-Image vom behäbigen Senior:innenziel mit in die Jahre gekommene Traditionshäusern und muffigen Pensionen zu entstauben.

Sie möbeln Ferienwohnungen auf, modernisieren – wie in der "Tanne" – Zimmer im Wälder-Look, beherbergen Gäste in einer "Hühnersuite", die mal ein Stall war (bergdorf-bader-alm.de), in Hängezelten (naturtraeume.de) oder "Bubble Tents" (booking-badduerrheim.de).

Schwarzwald: Baumsauna
© Oliver Soulas / Brigitte

Natur so wild wie früher

Morgens um acht im Nationalpark: Rangerin Friederike Schneider ist mit ihrem Wolfshund auf Kontrollrunde im alten Bannwald. Ein schmaler Naturpfad, vorbei an riesigen Tannen, Fichten, Birken und Buchen. Dazwischen liegen gefallene Bäume kreuz und quer. Aus toten Stämmen quellen Schösslinge und Pilze, Flechten überwuchern Wurzeln, auf Lichtungen wachsen Heidelbeeren. "Hier ist der Schwarzwald fast so, wie er früher einmal war. Er wird wieder wilder, weil er seit über 100 Jahren er selbst sein darf." 

Schwarzwald: Rangerin
© Oliver Soulas / Brigitte

Die Vielfalt, sagt Friederike, macht‘s: Rehe können sich im Dickicht verstecken, Auerhühner naschen an Beeren, Totholz ist wichtig für Spechte, Nager und Käfer. "So findet jede Tierart ihren Platz, und wir überlassen der Natur das Ruder." Offen, vergnügt und heimatverbunden ist diese junge Schwarzwälderin, sie weiß: Du kannst nur von und mit der Natur leben, wenn du sie schützt. Das erklärt sie freundlich, aber bestimmt auch dem Radfahrer, der uns mit zwei frei laufenden Hunden begegnet. Geht gar nicht! Er hört zu und hat sofort ein Einsehen.

Wanderungen für jeden Geschmack

Einfach still sein. Einatmen. Ausatmen. Durchatmen. Ich stehe allein zwischen Fichten, Kiefern, Tannen, lege den Kopf in den Nacken, schnuppere. Ein frischer Geruch erfüllt die Luft. Das müssen die Terpene sein, ätherische Duftstoffe, die besonders Nadelbäume verströmen. Mir kommen Tränen vor Glück, hier, auf dem nicht zufällig so benannten "Himmelssteig", einem von fünf Premium-Wanderwegen um Bad Peterstal-Griesbach, und könnte die ganze Welt umarmen. Es kommt aber nur ein Bauer vorbei, der mich fragt, ob ich den Überblick verloren habe. In dem Fall, sagt er grinsend, solle ich hoch auf "Vogtmaiers Kanzel" auf dem Hauptkammdes Schwarzwalds ganz in der Nähe. Weit gleitet der Blick von hier über das sanfthügelige Renchtalund den Dollenberg. Und ganz hinten im Dunst sehe ich sogar die Vogesen. Fast 24 000 Kilometer beschilderte Wanderwege pflegt der Schwarzwaldverein. Ob durch Reben an badischen Weinhängen, hinauf auf denFeldberg oder hinein in die Wutachschlucht im Südschwarzwald, in sonnenbeschienene Täler oder tiefe Wälder. Es gibt Barfuß-, Baumwipfel- und Genießerpfade oder bequeme Panoramawege. Also, los geht‘s!

Schwarzwald: Ausblick auf den Wald
© Oliver Soulas / Brigitte

Handwerk mit Twist

Ein handgefertigtes Täschchen aus Leder und Fuchsfell-Resten: Kreativ sind sie, die Leute hier! Auch Gudrun Neuchel, die mit ihrem Label Gutoli (gutoli.de) in Freudenstadt solche Design-Stücke herstellt. Sie gehört zu denjungen Kreativen, die alte Handwerkstraditionen wiederentdecken und weiterentwickeln. Sie bauen Fahrradrahmen aus Holz, stricken witzige Bollenmützen, brennen Gin, verpassen Kuckucksuhren Knallfarben. Odermachen Mode wie der Designer Jochen Scherzinger, der großstadtmüde aus Berlin zurückkehrte und im abgelegenen Hübschental das Label Artwood Black Forest (artwood.de) gründete.

Schwarzwald: Tasche
© Oliver Soulas / Brigitte

Er entwirft Kapuzenpullis und Hemden, nimmt als Grundschnitte alte Bauernhosen und verwandelt sie in lockere Männer-Streetwear, "mit der wir Schwarzwälder uns identifizieren können" – Heimat auf der Haut, die in seinem neuen Laden in Gütenbach hängt. Daneben posieren sexy Schwarzwald-Supermädels mit schwarz geschminktem Mund,Piercing und Bollenhut auf Kunstdrucken oder T-Shirts mit der Aufschrift "Tradition is the shit". Ich frage, ob das als Provokation gemeint sei. "Nein. Das ist für mich Freiheit und meint: Tradition ist geiler Scheiß."

Köstliches aus dem Vollen gefischt

Was wird im Schwarzwald aus einer Forelle? Ein Forellen-Maultäschle! Oder wie eh und je: die "Müllerin Art". Hauptsache, gute Qualität. Dafür sorgt Richard Eifler, der Fischwirt auf dem "Forellenhof Buhlbach", eine 100 Jahre alte Zuchtanlage mit Gasthof in herrlicher Natur, auf den neuesten Stand gebracht von der Hoteliersfamilie Bareiss. "Wir haben hier reines Quellwasser, direkt aus dem Berg, arbeiten ohne Medikamente und lassen den Tieren Zeit zum Wachsen." Sein Herzensprojekt: Mit wissenschaftlicher Unterstützung will er Bodenseefelchen und Edelkrebse wieder heimisch machen, um mehr nachhaltige ökologische Produkte aufzutischen. Kochen kann man in der Region sowieso granatenmäßig gut. Klassiker wie Flädlesuppe, Rehrücken mit Pfifferlingen, Schäufele mit Schupfnudeln, aber auch Rauchfleisch oder Innovatives wie Wildschwein-Dim-Sum. Statistisch gesehen hat jeder Ort hier mehr als eine von Gourmetführern ausgezeichnete Küche. Und nirgendwo in Deutschland hängt der Himmel so voller kulinarischer Sterne wie hier.

Schwarzwald: Fischwirt
© Oliver Soulas / Brigitte

Unsere Reisetipps für den Schwarzwald

HOTELS IM SCHWARZWALD
Hotel Kimmig.
Familiär geführtes Gasthaus, frisch renoviert, der Chef kocht (z. B. Rehschnitzel mit Pilzen und Spätzle, ca. 25 Euro). DZ/F ab 100 Euro (Bad Peterstal-Griesbach, Kniebisstraße 57, Tel. 078 06/10 55, hotel-kimmig.de).

Gasthaus Rössle. Als Manuel Häringer und seine Frau Kirstin in fünfter Generation das "Rössle" in Elzach übernahmen, haben sie alles umgekrempelt, dazu noch ein gradliniges Hotel mit elf Zimmern und eine Kochschule eröffnet ("Regio-Menü" 55 Euro). DZ/F ab 120 Euro (Elzach, Hauptstraße 19, Tel. 076 82/212, roessleelzach.de).

Hotel Tanne. Im Tonbachtal betreibt Familie Möhrle seit 1868 das Hotel mit Restaurant und parkähnlichem Garten. Die "Wälder-Zimmer" und die Baumhaussauna mochte ich besonders. DZ/F, inkl. Bike-Verleih ab 200 Euro (Baiersbronn, Tonbachstraße 243, Tel. 074 42/83 30, hotel-tanne.de).

RESTAURANTS IM SCHWARZWALD
Forellenhof Buhlbach.
Aus dem "Fischerstüble" ist ein unverkitschter Gasthof geworden, Regie führen die Köche des sternegekrönten "Bareiss-Resort", das den Traditionsfischzuchtbetrieb übernommen hat (Eintopf mit Forellen-Maultäschle und Filets 18,50 Euro; Baiersbronn, Schliffkopfstraße 64, Tel. 074 42/470, bareiss.com).

Café Zuckerbergschloss. Schwarzwälder Kirschtorte (3,30 Euro) zum Reinlegen, in einem Schloss-Café mit Terrasse im Park (Kappelrodeck, Grüner Winkel 60, zuckerbergschloss.de).

Romantik Hotel & Restaurant Spielweg. Wildschwein-Dim-Sum (14,50 Euro), Grünes Thai-Curry mit gebratener Wildentenbrust (32 Euro): So habe ich Wild noch nie gegessen. Die junge Köchin Viktoria Fuchs, die mit ihrer Schwester Kristin das weithin bekannte Hotel führt (DZ/F ab 159 Euro), erhielt für ihre nachhaltige Gastronomie einen grünen Michelin-Stern. Frühzeitig reservieren! (Münstertal, Spielweg 61, Tel. 076 36/70 90, spielweg.com).

ERLEBEN IM SCHWARZWALD
Schnapsbrunnenpfad Kappelrodeck.
Flachmann überflüssig: Die vier Brennerei-Höfe, an denen diese Wanderung mit herrlichen Aussichten bis in die Rheinebene vorbeiführt, präsentieren ihre Destillate frei zugänglich zum Verkosten – draußen vor ihren Toren in Brunnen oder Riesenfässern. 6,5 Kilometer, Start Markplatz Kappelrodeck, Schnapsgeld, ab 1,50 Euro, in die Kasse werfen (diese und viele andere Routen sind zu finden unter touren-schwarzwald.info).

Nationalpark Schwarzwald. Keine Axt, kein Holzfuhrwerk: Hier im Norden darf der Schwarzwald ohne menschliche Eingriffe immer wilder werden. Das nagelneue Nationalparkzentrum Ruhestein (gute Ausstellung!) ist ein prima Ausgangspunkt für Wanderungen. Mein Tipp: durch den alten Bannwald zum Wildsee; 5 Kilometer, beschildert. Auch geführte Touren und Trekkingcamps (10 Euro/Nacht; Baiersbronn, Ruhestein 1, nationalpark-schwarzwald.de).

Vogtsbauernhof. Als hätten die Bewohner:innen gerade erst ihre Häuser verlassen. Das toll gemachte Freiluftmuseum zeigt – sogar mit Viehzeug und Vorführungen – wie man im Schwarzwald früher gelebt und geschafft hat: Stuben, Ställe, Backhäusle, Schmieden, Nähstuben, viele schöne alte und hier in Gutach wieder aufgebaute Häuser. Eintritt 10 Euro (Gutach, Wählerbrücke 1, vogtsbauernhof.de).

SHOPPEN IM SCHWARZWALD
Kuckucksuhren.
Ich find’s ja lustig, wenn der Vogel aus seinem Häusle ruft. Deshalb war ich begeistert von "Rombach und Haas" in Schonach: Der Familienbetrieb fertigt neben geschnitzten Uhren aus Holz auch hochwertig-poppige, schlicht-moderne und edle Designmodelle. Ab 189 Euro (Schonach, Sommerberg-straße 2, rombachhaas.de). Gekauft habe ich mir aber eine schrillpinke Uhr aus Pappe für 29,90 Euro in der Heimwerkstatt von Steffen Brinkmanns "Kult AG" (Gaggenau, Feldstraße 5, kultag-shop.de).

Hofläden. "Vier Wochen geräuchert über Fichtenreisig, hier oben in der Scheune", sagt Martin Braun vom wunderschönen Ospele-Hof bei Hinterzarten, während ich verzückt seinen hauchfein geschnittenen Schinkenspeck (Kilo 35 Euro) koste. Im Laden verkaufen er und seine Frau auch selbst gemachten Käse und Molkekosmetik (Hinterzarten, Windeck 2, ospelehof.de). Und auch den neuen Hofladen im "Gasthof Rössle" in Gutach finde ich einen Abstecher wert (Gutach, Steingrün 24, gasthofroesslegutach.eatbu.com).

Hätte ich das gewusst ...

Freiburg hatte ich nur als Stippvisite auf dem Plan – und wäre dann am liebsten über Nacht geblieben. Die Altstadt ist zauberhaft renoviert, mit hübschen Cafés und besonderen Läden wie Schwarzwald Couture, die moderne Trachtenmode machen (Hildastraße 62).

Brigitte

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