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Reisetipps Borneo: Wie aus einer anderen Zeit

Reisetipps Borneo: Wie aus einer anderen Zeit: Fluss und Sumpflandschaft
© Julia Knop
Schon das Wort weckt Dschungel-Sehnsucht: Borneo – und bei einer Reise durch die Inselprovinz Südkalimantan kann man sogar den Boden unter den Füßen verlieren.

Der Regen knallt aufs Dach unserer Lodge, als wolle er Löcher hineinreißen. Erst sind es nur ein paar Tropfen, die von der Decke auf meine Matratze fallen, dann ein dichtes Rinnsal. Ich krieche tiefer in meinen Schlafsack. Ich mag Urgewalten, aber nicht unbedingt in meinem Zimmer. 

Borneo macht dem Begriff "Regenwald" alle Ehre

Bevor ich nach Borneo kam, hatte ich nie darüber nachgedacht, welchen Anteil der Regen am Zustandekommen eines Regenwaldes hat, wenngleich das Wort deutliche Hinweise liefert. Regen und Wald sind quasi Synonyme für Borneo – drittgrößte Insel der Welt, geteilt in den zu Malaysia gehörenden Norden, darin das Sultanat Brunei, und Kalimantan, der großen indonesischen Südseite. Der Regen hat den Wald geformt, der Wald das Leben der Menschen. Auch hier, in Loksado am Fuße des Meratus’, der sich herrschaftlich aus tropischem Dickicht fast 1900 Meter erhebt.

Eigentlich wollten wir durch den Dschungel wandern, hinauf zu einem der Dörfer des indigenen Volkes der Dayak, die dort als Jäger und Bauern seit Jahrhunderten in Großfamilien leben. Wir - Fotografin Julia, Guide Yusup und ich – wollten bei Sonnenaufgang los. Stattdessen verschanzen wir uns in unseren Zimmern und versuchen, Optimismus zu bewahren. Ich, indem ich daran denke, wie schön unsere Reise begonnen hat. Nach 30 Stunden Flug waren wir in Banjarmasin gelandet, der geschäftigen Hauptstadt der Provinz Südkalimantan. Den Tropenflash - schwüle 35 Grad und sieben Stunden Jetlag – hatten wir mit viel Kokosnuss-Wasser niedergekämpft und uns nach kurzer Nacht zügig auf den Weg zum Berg Meratus gemacht, in die Wildnis.

Auswirkungen der Palmöl-Wirtschaft

Vier Stunden dauerte die Fahrt, je weiter wir uns von der Großstadt entfernten, desto ärmer wurde die Gegend. Borneo gehört zum wirtschaftlich schwächeren Teil des indonesischen Inselstaates – nur ein Bruchteil dessen, was die Großunter nehmen durch die Ausbeutung der Bodenschätze und die exzessive Palmöl-Wirtschaft verdienen, für die weite Teile des Regenwaldes gerodet werden, kommt bei den Menschen an.

Reisetipps Borneo: Wie aus einer anderen Zeit: Fluss und Sumpflandschaft
© Julia Knop

Wir hielten im Städtchen Nagara, das ein üppiger Sumpf umgibt, und mieteten ein Klotok – ein Holzboot, das eigentlich nur aus einem Dach über einem sehr niedrigen Innenraum besteht. Wir streckten uns an Deck aus und ließen den Fahrtwind die Hitze auf unserer Haut herunterkühlen. Im Vorbeigleiten sahen wir den Menschen vor ihren auf Pfählen ins Wasser gebauten Häusern zu. Eine Frau spülte Geschirr im Fluss, ein Mann reparierte Fischerkörbe, ein anderer sprang, von oben bis unten eingeseift, ins Wasser.

Begegnung der besonderen Art

Dann machte der Skipper den Motor aus, wir trieben hinein in eine riesige, grün wogende Seegras-Wiese, als wir sahen, wie sich Wasserbüffel, deren Hörner wie Kronen aus dem Fluss ragten, langsam auf uns zuschoben, 20, 25 Tiere. Ich überlegte kurz, ob schwimmende Büffel Boote umschmeißen, aber die Riesen interessierten sich überhaupt nicht für uns. Sie paddelten friedlich schnaubend vorbei, erst die Kühe mit ihren Kälbern, dann die Bullen, drei Meter lang, eine Tonne schwer. 

Reisetipps Borneo: Wie aus einer anderen Zeit
Wasserbüffel voraus! BRIGITTE-Redakteurin Meike Dinklage erfreut sich vom Klotok aus an den schwimmenden Riesen.
© Julia Knop

Es lag eine kleine Evergreen-Erkenntnis in dieser Szene, an die ich jetzt, auf meinem feuchten Lager in der Lodge, denken muss: dass Reisen auch bedeutet, aufzuhören, sich wegen Dingen, die man nicht ändern kann, zu sorgen. Und dass letztlich immer alles gut geht.

Keine Restaurants - dafür Tee und Toast mit Nusscreme

So ist es auch mit dem Regen. Der lässt schließlich nach, und ich kann endlich vor die Tür treten. Auch der Dschungel atmet durch, seine Insekten, die Vögel, das Gebälk der alten Bäume, alles knarrt, zirpt, singt. Wir frühstücken schnell an einem der langen Holztische im Garten der Lodge, Yusup hat Tee, Toast und Nusscreme im Kiosk in der Nähe gekauft; Restaurants gibt es im Ort nicht, aber an jedem Kiosk gutes Gado-Gado, Salat mit Erdnuss-Soße, Sojasprossen, Ei und Krabbenchips.

Reisetipps Borneo: Wie aus einer anderen Zeit: Menschen auf Mopeds
Unterwegs: Das Moped ist in Nagara das bevorzugte Verkehrsmittel.
© Julia Knop

Dann ziehen wir los, den Meratus hinauf, ein Stück zumindest, doch die Waldwege sind so aufgeweicht, dass unsere Füße im Matsch einsinken und wir lieber auf der Straße laufen, die auch die Dayak benutzen, wenn sie ihre Ware in Loksado verkaufen wollen. Einige kommen uns mit ihren knatternden Mopeds entgegen. Unterwegs legt Yusup ein paar Zigaretten als Opfer - gaben an Bäumen ab, von denen er sagt, dass sie heilig sind, was sich uns mit bloßem Auge nicht erschließt. 

Später erzählt er uns, dass die Dayak ein Heilöl besitzen, dass auch er – seine Frau ist Dayak – früher im Haus gehabt habe. Nun nicht mehr, es sei ihm unheimlich geworden, es habe nachts gesungen. Ich ahne, dass das Öl etwas ist, das die Dayak, ein einstmals animistisches Volk mit komplizierten Ritualen und Zeremonien, keiner Touristin zeigen werden.

Reisetipps Borneo: Wie aus einer anderen Zeit: Mann und zwei kleine Kinder sitzen auf Veranda
Leben mit und vom Dschungel: Die Dayak sind die größte Ethnie auf Borneo, sie gehen auf die Jagd und betreiben Landwirtschaft.
© Julia Knop

Nach zwei Stunden erreichen wir das Dorf Manutui. 16 Familien leben dort, aus dem und mit dem, was der Dschungel ihnen gibt. Sie jagen Wildschweine, trocknen die Rinde des Zimtbaumes und fermentieren sie, bauen Reis und Papaya an, Mangos und Jackfrucht. Ihre Ernte lagern sie vor ihren Häusern, Körbe voller Muskatnüsse und rotem Chili.

Geschmäcker sind verschieden

Wir probieren eine Durian, die viele Menschen in Indonesien wohlschmeckend finden, ich öffne die Schale, beiße in das weiche Fruchtfleisch und weiß dann nicht, wie ich den schauerlichen Geschmack nach Schwefel und Käse wieder loswerde.

Früher lebten alle Familien zusammen in einem riesigen Langhaus, einem imposanten Gebäude, das heute leer steht. Die Dayak halten dort ihre Zeremonien ab, drei Mal im Jahr, zur Reispflanzung, nach der Ernte und zu Neujahr. Es sind Relikte ihrer Kultur – ansonsten führen sie ein modernes Leben. Die Kinder gehen in Loksado zur Schule, viele Jugendliche studieren in den größeren Städten. Mit Yusups Dolmetscher-Hilfe verabreden wir uns mit Saberi, einem jungen Mann und Vater von drei Kindern, für den nächsten Morgen zur Flussfahrt über den Amandit-Fluss, der direkt neben unserer Lodge fließt.

Flussfahrt mit Saberi

Saberi hat sein Floß dabei, ein mit Seilen zusammengehaltenes Gefäß aus Bambusstäben. Einen Tag, sagt er, brauche er, um den Bambus zu schlagen, drei Stunden, um das Floß zu bauen. Wir klettern vom flachen Ufer aus auf sein schmales Boot und legen ab. Das Wasser ist ruhig, nur manchmal wer - den Strudel zu kleinen Stromschnellen. Dann hält Saberi das Floß mit seinem Körper im Gleichgewicht, der ganze Mann stählerne Balance. Oder er springt an seinem Stab in die Luft wie ein Kunstturner, der wieder und wieder einen Salto übt.

Wir gleiten über den Fluss wie durch einen wunderschönen Wassergarten. Manchmal sieht es aus, als stürze der Dschungel vom Ufer in die Tiefe, nur von ein paar uralten Wurzeln gehalten; manchmal strecken die Bäume nur ihre Lianen ins Wasser, wie Finger, die vorsichtig hineintippen. Längst haben wir verstanden, dass der Regenwald keine Einladungen ausspricht und Fremden nur so viel preisgibt, wie es ihm gefällt. Also scannen wir das Ufer mit unseren Blicken, versuchen, Tiere zu entdecken, in der Hoffnung, vielleicht einen Orang-Utan zu sehen.

Orang-Utan: eine bedrohte Art

Vor unserer Abreise hatten wir lange überlegt, ob wir ein Orang-Utan-Reservat besuchen sollten. Wie die meisten Menschen finde ich Menschenaffen faszinierend, ihr tiefer, weiser Blick, ihre ledernen Hände, die struppigen Haare, ihre Geschicklichkeit. Borneo ist ihre Heimat, es gibt viele Angebote für organisierte Ausflüge in Schutzgebiete und Auffangstationen. Aber die Affen sind bedroht, ihr Bestand dezimiert sich kontinuierlich, allein in den vergangenen 15 Jahren um 150 000 Tiere - nur noch 50 000 bis 100 000 leben auf Borneo. Eine Tierschützerin, gut mit der Insel vertraut, hatte mir gesagt, dass Menschen die Affen stören und dass man vor dem Betreten eines Reservats drei Wochen in Quarantäne gehen soll, um keine Keime hineinzutragen.

Also entschied die Vernunft, nicht zu den Orang-Utans zu gehen. Wir sehen stattdessen kleine, leuchtend grüne Warane, die sich von überstehenden Ästen faul ins Wasser plumpsen lassen. Dann noch ein Wildschwein und einen Frosch. Doch bei diesem Rafting geht es nicht um Tiere, sondern um die Stille, die sich einstellt, wen man nur sitzt und schaut. Wir fahren unter Hängebrücken entlang, denen fast alle Bretter fehlen, pressen unsere Rucksäcke in den Strom schnellen an uns, loben Saberis elegante Manöver. Als wir zurück ans Ufer kommen, merken wir, dass wir nass sind bis auf die Unterwäsche.

Reisetipps Borneo: Wie aus einer anderen Zeit: Hängebrücke
Kleine Mutprobe: Die Hängebrücke schwankt und knarzt bei jedem Schritt.
© Julia Knop

Das Wasser begleitet uns auch durch die nächsten Tage. Von seinen Flüssen aus erleben wir Borneo nicht als Land der großen Dschungelabenteuer, sondern auf eine ruhige, subtile Weise. Die Höhepunkte unserer Reise sind leise, aber ihre Bilder mächtig. Das Schönste liefert uns in Banjarmasin der schwimmende Markt auf dem Martapura-Fluss. Ich stelle den Wecker auf fünf Uhr früh, mäßig motiviert, so zeitig aufzustehen, weil ich fürchte, dass uns auf dem Markt vor allem Folklore für Touristen erwartet.

Besuch auf dem schwimmenden Markt

Aber dann ist alles echt. Der Mondschein, der auf die Ruderboote fällt, von den Händlerinnen – auf dem Martapura- Markt handeln nur Frauen untereinander, ihre Männer gehen derweil in die Moschee - beladen mit Kaffee, Reis, Gebäck, roten, stachligen Rambutan- Früchten, Bananenblüten, Kürbissen und Ingwer. Die weiße Paste aus Reis und Rinde, die sie sich ins Gesicht streichen, gegen die Sonne. Die mehr als 100 Boote, die auf dem Fluss wie ein Mikadohaufen eng beieinander treiben. Die konzentrierte Ruhe, mit der die Frauen ihre Waren tauschen, wie vor 400 Jahren.

Reisetipps Borneo: Wie aus einer anderen Zeit: Händlerinnen auf dem schwimmenden Markt
Boots-Geschäfte: Händlerinnen auf dem schwimmenden Markt von Banjarmasin.
© Julia Knop

Die Morgenröte taucht den Himmel in ein samtrotes Licht, die Boote stoßen sanft schaukelnd aneinander, die Gespräche der Händlerinnen liegen wie ein weicher Teppich über der Szene. Wir kaufen Papaya und ein paar Bananen, und als alle Geschäfte gemacht sind und der Markt sich aufzulösen beginnt, schauen wir den Booten nach, wie sie leise, wie in einer geübten Choreografie, davongleiten, während am wolkenlosen Himmel die Sonne aufgeht.

Meikes Tipps für Borneo

Hinkommen
Zum Beispiel mit Emirates ab Frankfurt nach Jakarta, ab 624 Euro. Von dort weiter via Semarang nach Pangkalan Bun mit Garuda Indonesia ab 179 Euro für die einfache Strecke oder direkt ab Semarang für 72 Euro, einfache Strecke (www.emirates.com, www.gurado-indonesia.com).

Rumkommen
A&E Erlebnisreisen bietet auf Borneo mehrere organisierte Individualreisen zum Wunschdatum an. Borneo lässt sich gut in Kombination mit anderen Inseln der Region erkunden, beispielsweise in Kombination mit Java, auch dazu bietet A&E Erlebnisreisen zahlreiche Optionen an. Um wie ich Borneo vom Wasser aus zu erleben, sind Hausboot touren zu empfehlen: zum Beispiel 5 Nächte zu den Dayak ab/bis Balikpapan, ab 1235 Euro p. P. inkl. Transfer, VP. Man fährt mit dem Hausboot entlang des Mahakam-Flusses in Ost-Borneo, taucht tief in den tropischen Dschungel ein und besucht abgelegene Stammesdörfer (www.ae-erlebnisreisen.de).

ÜBERNACHTEN
Mountain Meratus Resort.
Wunderschön am Fluss Amandit gelegene Lodge mit großer Picknick-Zone und Freiluft-Badezimmer (inklusive Dschungel- käfern). Großartiger Ausgangspunkt für viele Wanderungen! DZ ab ca. 99 Euro (Loksado, South Hulu Sungai Regency, Tel. 81 12 26 99 20).

Hotel Victoria River View. Nett und zentral – ein guter Start in den Borneo-Urlaub, DZ/F ab 80 Euro (Banjarmasin, Jl. Lambung Mangkurat No. 48, Tel. 51 13 36 02 44).

Summer Bed‘n Breakfast. Hotel Kleine, moderne Zimmer, launig eingerichtet, Boutique-Stil. Dachterrasse mit Blick auf den Martapura-Fluss und einer Karte mit gutem indonesischen und europäischen Essen DZ/F ab 30 Euro ( Banjamarsin, Jt. Veteran No.3, Tel. 51 13 27 70 07).

GUT ZU WISSEN
Klima & Kleidung. Südkalimantan ist ein Ganzjahresziel, die Temperaturen liegen um die 27 Grad, die Luftfeuchtigkeit um die 80 Prozent. Ganz wichtig ist also eine gute Regenausstattung, die Kleidung sollte wegen der Wärme atmungsaktiv sein.

Gesundheit. Es besteht eine generelle, ganz jährige Malaria-Gefahr – Stand-by-Medikamente reichen aber aus.

Essen. Kann man sehr gut in den Garküchen – oft schon für einen Euro. Basis ist fast immer Reis, dazu gibt’s meist eine Erdnuss-Chilli-Paste. Sehr lecker!

TELEFON
Die Vorwahl von Indonesien ist 00 62.

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