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Breckenridge: Wintersport in den Rockies

Skifahren in den Rocky Mountains? Das geht am besten im alten Goldgräberort Breckenridge in Colorado, dem wohl lässigsten Skiort der Amerikaner.

Wie eine weiße Wand steht der Berg in der Landschaft. Ein haushohes Katapult aus Schnee und Eis. Eine Arena für Wagemutige. Oben warten junge Menschen in bunten Skijacken, unten johlen die Zuschauer, wenn sich wieder jemand über die Kante hinweg in den Himmel katapultiert. Der Funpark sei "the big thing", sagen sie hier in Breckenridge alle. "Muss man echt mal gemacht haben", sagt auch Silvia. Also gut. Aber können wir vielleicht nebenan bei den Anfängern ...? Meine Begleiterin grinst. "Logo", sagt sie. "Jeder hat mal klein angefangen." Das Problem ist nur: Wir sind in Amerika, und Amerika kann nicht so gut klein-klein.

Genau deshalb ist die junge Spitzensportlerin hier: um auf den riesigen Kickern von Breckenridge, Colorado, Sprünge zu üben. "Hier habe ich jeden Tag perfekte Trainingsbedingungen." Silvia Mittermüller stammt aus München, Bayern, eigentlich ein gutes Terrain für Wintersportler. Aber die Berge dort sind ihr zu klein. Silvia ist Profi-Snowboarderin, ihre Disziplin heißt "Slopestyle". Über die Kicker schießt sich die Sportlerin in die Luft und macht dort atemberaubende Kunststücke: Drehungen, Schrauben, Salti.

Die Frau ist eine der besten Slopestylerinnen der Welt, bei den Olympischen Spielen 2014 hat sie gute Chancen, eine Medaille zu gewinnen. Doch heute ist trainingsfrei, und so zeigt Silvia mir das Skigebiet von Breckenridge - ein 4000-Einwohner-Dorf mit knapp 30 000 Gästebetten in den Rocky Mountains. Ein alter Goldgräberort, gegründet 1859, in einem Hochtal 3000 Meter über dem Meeresspiegel. Sie haben hier 300 Tage im Jahr Sonnenschein und 335 Tage Frost. Das macht Breckenridge allein schon wegen des Klimas zu einem Sehnsuchtsort für Skifahrer: Die Lifte drehen sich von November bis April, in den Wintermonaten liegt fast täglich eine frische Schneeschicht auf den Hängen. Man muss sich nicht groß entscheiden, ob man Piste fährt oder ins Gelände aufbricht, denn in Breckenridge liegen frisch gewalzte Abfahrten und Tiefschneehänge direkt nebeneinander. Das Gebiet erstreckt sich über vier Gipfel, der Höchste liegt auf 4000 Meter. Dazu: 150 Kilometer Pisten aller Schwierigkeitsstufen, verbunden durch 30 Lifte. Wem das nicht genügt zum Glücklichsein, der kann in den drei Funparks Luftsprünge machen.

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Andauernd halten Snowboarder neben uns an und rufen: "Hey, Silvie!" Silvia Mittermüller ist in Breckenridge so etwas wie ein bunter Hund, und das liegt nicht an ihrer pinkfarbenen Jacke, Modell XL. Die Amerikaner kennen die Deutsche aus dem Fernsehen, bei Slopestyle-Wettbewerben landet sie regelmäßig auf dem Podest. Silvia sagt, das liege vielleicht auch daran, dass ihre Kondition besser sei als die vieler Kolleginnen. "Ich wohne hier ja auf 3000 Meter Höhe. Breckenridge liegt höher als die Zugspitze."

Mir als Flachländerin hat das am Anfang ganz schön zu schaffen gemacht. Am Tag eins nach der Landung in Denver bin ich schnaufend über blaue Pisten gekurvt und habe natürlich prompt das große Ganze infrage gestellt: Weshalb bin ich zehn Stunden lang über den Atlantik geflogen, wo man doch auch in Europa vorzüglich Ski fahren kann? Wir haben die Alpen, Berge von Garmisch bis an den Gardasee. Lifte, Sonne, Hüttengaudi, alles vorhanden.

Stimmt schon, da war noch was, es gibt bei uns nicht diesen legendären Pulverschnee, von dem alle schwärmen, die in den Rocky Mountains Ski fahren waren. Die Wirbelwinde, die von der amerikanischen Westküste nach Osten stürmen, kühlen sich in den Rockies ab und verlieren Feuchtigkeit. Was dann vom Himmel kommt, besteht zu 90 Prozent aus Luft. "Champagne Powder" nennen die Amis den feinen Puder, der ihre Hänge bedeckt. Häufig kommt über Nacht mehr als ein halber Meter davon herunter, Riesen-Flocken, die nicht pappen. Am Morgen ist es dann, als würde man leicht angeschickert auf Wolken fahren. Der Ausflug in die Rockies war eines meiner großen "Once in a lifetime"-Projekte.

Leider ist der Große Schneemann mir nicht hold. Als ich in Breckenridge ankam, lag zwar noch ein weißer Teppich auf den Pisten. Aber es ist gewöhnlicher Frühlingsschnee, morgens ein bisschen eisig, mittags sulzig und nix Powder. "Es ist einfach viel zu warm für Mitte März", sagt auch Silvia Mittermüller. "Aber das macht nix, dann müssen wir halt einfach weiter hoch."

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"Weiter hoch", das heißt in diesem Fall: nach ganz oben, auf den Gipfel von Peak 8. Die Aussicht von dort raubt mir den Atem. Rundherum buckeln Drei- und Viertausender, in der Ferne schimmert der Lake Dillon silberblau, und unten im Tal schläft der Ort in der Sonne. Ich lasse mich in den Schnee fallen, stumm und überwältigt von so viel Panorama. Die Amis sind da anders: Kaum haben sie den Aufstieg zu diesem Aussichtspunkt geschafft, werfen sie ihre Skier auf den Boden und fahren die Lautsprecher hoch. "Oh my Gooooooood", rufen sie, sobald sie wieder Sauerstoff in der Lunge haben, "it's amaaaaaaaazing!"

Unglaublich ist aber auch die Abfahrt von Peak 8 durch den Imperial Bowl, eine Schüssel mit fast senkrechten Wänden. Die ersten Schwünge kann ich gar nicht fahren, sondern muss um die Kurven springen. Nur so können sich meine Kanten im Schnee festkrallen. Danach wird es ein bisschen flacher, aber immer noch steil genug, dass man ein Gefühl von freiem Fall hat. Solche Hänge sind der Traum jedes guten Skifahrers. In Europa findet man so was praktisch nur mit einem Bergführer. In Breckenridge liegen sie fünfzig Meter neben dem Lift.

Als ich unten ankomme, verlangt mein Magen eine Pause. "Dann auf zur Hüttenjause", sagt Silvia. Wir fahren gemütlich über autobahnbreite Pisten auf die andere Seite des Skigebiets. Der gesamte untere Teil des Areals ist mit Tannen gespickt, die Pisten dort sind schwungvolle Schneisen im Wald. Kurz darauf schwingt Silvia vor einer schicken Holzhütte ab, lässt sich auf die Polster fallen und bestellt einen vegetarischen "Black Bean Burger" und dazu ein alkoholfreies "Low Carb"-Bier. Ich ordere den Cheeseburger und stelle fest: Burger können sie hier, aber hallo! Das Fleisch ist saftig und kross und perfekt gewürzt, die Pommes dazu sind selbst gemacht. Gut, dass mein Skipass keine Kalorien zählen kann. Ansonsten registriert der nämlich jede Bewegung. Die Lichtschranken an den Liften zeichnen alle gefahrenen Höhenmeter auf, und abends kann ich am Laptop den Tag rekapitulieren: "Glückwunsch, du bist 8000 Höhenmeter gefahren", vermeldete der Computer am Vortag.

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Und ich habe eine virtuelle Medaille gewonnen, weil ich fünf Mal den "Imperial Super-Chair" benutzt habe, den höchsten Skilift Nordamerikas. Man kann das ein bisschen als "Big Brother" finden. Man kann es aber auch als eine Art Tagebuch sehen und beim Après-Ski mal eben über sein "Diary" plaudern. Mit der Frage: "Hey, wie viele Höhenmeter hast du heute geschafft?", macht man sich in "Breck" tatsächlich neue Freunde. "Um nette Leute kennenzulernen, gehst du am besten ins ›Mi Casa‹", rät außerdem Silvia. Das "Mi Casa" ist die mexikanische Kantine unten in Breckenridge. Wer mittags keinen Super-XL-Burger auf der Hütte hatte, schaut nach dem Skifahren hier rein und ordert Tacos, Nachos oder Burritos. Es ist laut, es ist heiß, und es ist urgemütlich. Solche Läden hätten in den Schicki-Skiorten Aspen und Vail ums Eck kaum Überlebenschancen. "Deshalb kommen die Jungen lieber nach Breck", erzählt Silvia.

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Und wenn die Happy Hour vorbei ist, ziehen sie weiter über die Main Street, auf ein Körbchen Chicken Wings im "Epic Burger" oder auf einen Drink in den "Gold Pan"-Saloon, jener Kneipe, in der es noch immer so aussieht wie zu Goldgräberzeiten.

Die ersten Goldsucher kamen Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie schürften so erfolgreich im Fluss, dass sie 1859 den Ort gründeten und ein Bergwerk errichteten. Doch mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs endete der Goldrausch in Breck.

Vielleicht wäre auch der Ort heute nur noch Geschichte, wenn nicht ein paar Männer Anfang der 1960er-Jahre einen Sessellift an den Berg getackert hätten. Schon in der ersten Saison kamen fast 17 000 Touristen. Inzwischen sind es 1,5 Millionen jeden Winter, und die Pistenplaner überlegen, wie sich ein weiterer Gipfel mit Liften erschließen ließe. Wobei: Gedrängel nach Alpenländer Art gibt's in Breckenridge eigentlich nie. Selbst in den Schulferien ist auf den Pisten massig Platz, und an den Liften wartet jeder brav in seiner Reihe, bis er in die Sessel eingewiesen wird.

Als Europäer kann man außerdem ganz vorzüglich seine Standort-Vorteile ausspielen: Während die Amerikaner morgens um 8.30 Uhr noch am Frühstückstisch sitzen, treibt mich der Jetlag auf die Piste. So früh morgens bin ich praktisch allein auf dem weißen Spielplatz, kann weite Carving-Schwünge fahren und auch mal Vollgas geben. Und oben am Peak 8 habe ich das Panorama für mich allein, und das diesmal ganz still und leise.

Die Reise-Infos für Breckenridge

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Hinkommen Einige Reiseveranstalter haben Breckenridge als Pauschalreise im Programm. So kostet zum Beispiel bei "American Ski&Sun" eine Woche im Doppelzimmer in einem Hotel am Fuße der Pisten ab 1840 Euro pro Person inkl. Skipass und Flughafentransfer. Teilen sich sechs Leute ein Appartment in vergleichbarer Lage, zahlt jeder ab 1500 Euro (www.ski-sun.com). Ähnliche Angebote gibt's auch von "Faszination Ski" (www.faszinationski.de) und "Wingert Reisen" (www.wingert.de). Wer lieber auf eigene Faust unterwegs ist: Lufthansa fliegt für rund 800 Euro täglich von Frankfurt nach Denver.

Übernachten Eins vorweg: Die Preise sind nur eine grobe Orientierung, denn in Amerika ändern sie sich je nach Tag, Belegung und Saison. So können sich die günstigen Tarife zur Hochsaison verdreifachen, auf der anderen Seite gibt es "Arrangements", bei denen der Skipass und/oder das Frühstück inklusive sind. Wer seine Reisedaten auf der Internetseite eingibt, erhält aktuelle Angebote. Statt über die Hotelseiten, kann man auch über www.booking.com reservieren, auch dort gibt es oft günstige Angebote.

Das Hotel Double Tree liegt am Fuße der Pisten von Peak 9. In der Lobby prasselt das Kaminfeuer, der Skiverleih ist direkt im Haus und viele der Zimmer so groß, dass man darin auch Bowling spielen könnte. Das Frühstück kostet extra (wie in allen Hotels), ist aber eine Wucht. DZ ab 145 Euro. www.breckenridge.doubletree.com

Ganz großartig wohnt man in den "Bluesky"-Appartments. Die liegen ebenfalls am Fuße der Pisten und sind liebevoll eingerichtet mit viel Holz und Stein. Die kleinsten Appartments bieten Platz für sechs Personen (ab 250 Euro/ Tag), in den größten (ab 600 Euro/Tag) können bis zu zwölf Leute wohnen. Alle haben eine geräumige Marmor-Küche, einen eigenen Kamin und einen gemütlichen Balkon. Sauna und Pool sind ebenfalls im Haus. www.blueskybreckenridge.com

Manche Eigentümer vermieten ihre eigenen Ferienwohnungen. Buchen kann man sie über "Vacation rental by owner". Die Preise variieren je nach Lage und Größe, ein Appartment mit 3 Schlafzimmern (also mit Platz für 6 Personen) bekommt man um 300 Euro/ Tag. www.vrbo.com

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Skifahren Das Skigebiet hat vier Gipfel (Peak 7, Peak 8, Peak 9 und Peak 10), die untereinander mit 30 Liften verbunden sind. Etwa die Hälfte des Skigebiets ist ungespurtes Freeride-Gelände. Für Könner ist also reichlich Platz und Herausforderung vorhanden. Aber auch Anfänger kommen auf ihre Kosten: Die Pisten im unteren Teil des Skigebiets sind flach und breit wie Autobahnen. Perfekt zum Lernen! Die Lifte drehen sich von Mitte November bis Ende April, der schneereichste Monat ist normalerweise der März. Wer den legendären Champagner-Powder fahren will, sollte aber sicherheitshalber im Januar buchen. Der Skipass kostet rund 100 Dollar pro Tag, der Sechstagespass 480 Dollar.

Essen und Trinken Die beste Pizza gibt's bei Fatty's. Große Portionen zu kleinen Preisen und Teilen ist ausdrücklich erlaubt. Wer seine Pizza trotzdem nicht ganz schafft, bekommt sie mit nach Hause - schmeckt auch noch am nächsten Tag auf der Piste! Fatty’s, Ridge Street 106, www.fattyspizzeria.com.

Mi Casa, die mexikanische Kantine, besucht man am besten zwischen 15 und 18 Uhr. Dann hängen hier die lokalen Skicracks rum, erzählen von ihren Jumps, Runs und Rides und essen dazu Nachos mit sau-scharfer Sauce. Mi Casa, Park Avenue 600, www.stormrestaurants.com

Die Burger von "Empire Burger" sind in Breckenridge State of the Art. Das Fleisch ist Bio und zu den hausgemachten Fritten gibt es eine Auswahl von mehr 20 Saucen, z.B. "Parmesan Peppercorn" oder "Green Curry". Epic Burger, Main Street 500, www.empireburger.com.

Wer mal eine Pause braucht von der amerikanischen Fleisch-und-Fritten-Sause, ist im „Blue River Bistro“ gut aufgehoben. Es gibt Tomatensuppe, Risotto, gefüllte Ravioli und Salat mit Calamari, dazu eine beeindruckende Auswahl von Martinis. Und ein Gitarrist spielt leise Jazzmusik. Blue River Bistro, Mainstret 305, www.blueriverbistro.com

Richtig gut Essen kann man im "Relish", zum Beispiel Rinderfilet mit Süßkartoffeln, Lamm mit Safran-Risotto oder Schweinelendchen mit Parmesan-Polenta. Gekocht wird mit Zutaten aus der Region. Relish, Main Street 137, www.relishbreckenridge.com

Das "Gold Pan" besitzt die älteste Alkohollizenz der Stadt – in der kleinen Kneipe fließt seit 1879 der Whisky. Früher trafen sich hier die Goldgräber, heute drängen sich die Skifahrer um den Tresen. Anschauen und probieren lohnt sich! Gold Pan, Main Street 103, www.thegoldpansaloon.com

Coffee-Shops Wer bei "Clints" vorbeischaut, sollte Hunger mitbringen. Denn die mächtigen Kunstwerke aus Teig, Früchten und Creme sind unfassbar lecker. Die Kuchen kommen alle aus der eigenen Backstube, der Kaffee dazu aus Italien. Unbedingt probieren: den Carot-Cake und den Blueberry Pie! Clint’s, 131 Main Street.

Bei "Cuppa Joe" tanken die Einheimischen Kräfte, bevor sie auf die Piste gehen. Denn zum Frühstück serviert Johanna ihre legendären "Breakfast Burritos" – die Teigplatten sind gefüllt mit Süßkartoffeln, Lachs oder Ziegenfrischkäse. Cuppa Joe, Ridge Street 118, 2. Stock

Anschauen Die Tourismus-Zentrale unterhält ein kleines, sehr schön gemachtes Museum, das die Geschichte der Stadt von der Goldgräberzeit bis heute erzählt. Der Eintritt ist frei. Breckenridge Welcome Center and Museum, Main Street 203. www.breckheritage.com

Mitbringen Mehr als 50 verschiedene Sorten Cookies gibt's bei Mary's Mountain Cookies, darunter die Klassiker wie "White Chocolate Macadamia" und "Peanut Butter", aber auch Neues wie das "Vanilla Avalanche Sandwich": das sind zwei Schoko-Cookiehälften, gefüllt mit Buttercreme und mit weißer Schokolade überzogen. Mary's Mountain Cookies, Main Street 128

Die Destillerie von Breckenridge ist die wohl höchst gelegene der Welt. Vodka und Bourbon Whisky schmecken überraschend gut, beides kann man in dem kleinen Shop am Markt probieren. Breckenridge Distillery, Central Market, www.breckenridgedistillery.com

Fotos: Matt Nager Text: Stéphanie Souron BRIGITTE BALANCE 06/2012

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