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Languedoc-Roussillon: Salut, unbekannter Süden!

Languedoc-Roussillon: Salut, unbekannter Süden!
© Claudius Schulze
Languedoc-Roussillon ist die unterschätzte Schwester der Provence. Dabei kann man in dieser Region noch viel besser den Charme des Echten erleben.

Languedoc-Roussillon - so sperrig ihr Name, so spannend ist die Region an der französischen Mittelmeerküste. In Montpellier erlebt man die Dynamik einer Universitätsstadt, im Städtchen Arles morbiden Schick. In den Cevennen kurvt man durch wilde Berg- und Tal-Landschaft, in der Petite Camargue durch weites Schilf-Grün. BRIGITTE-Mitarbeiterin Tatjana Blobel ist herumgereist und hat schöne Adressen mitgebracht.

Languedoc-Roussillon: Salut, unbekannter Süden!
© Bianca Classen

1) Montpellier - Monumental verjüngt

Weil ich zu faul bin, ins Parkhaus zu fahren und von dort mein Gepäck zum Hotel zu schleppen, wage ich es, durch die engen Altstadtgassen direkt bis vor die Tür zu fahren. Klappt ohne Schramme. Mein erster Eindruck von Montpellier: Die Mauern sind alt, die Menschen jung. Liegt daran, dass in der Hauptstadt von Languedoc-Roussillon mehr Studenten als Gebürtige leben. In Montpellier mischen sich Moderne und Vergangenheit wie selbstverständlich. In den letzten Jahrzehnten trugen berühmte Designer und Architekten Ideen zum Stadtbild bei. Zum Beispiel entwarf Jean Nouvel das moderne Rathaus aus Glas und Stahl, Christian Lacroix konzipierte das Erscheinungsbild der Straßenbahn Nummer 3 mit Seesternen und Glitzerfischen. Das stromlinienförmige Kulturzentrum "Pierres Vives" mit Bibliothek ist ein Entwurf von Zaha Hadid.

"Baudon de Mauny" - Königlich schlafen

Boudon de Mauny
Boudon de Mauny
© Claudius Schulze

Wow. Das ist kein Hotelzimmer, das ist ein Ballsaal. Ein Salon mit sieben Meter hoher Decke. "Baudon de Mauny war im 17. Jahrhundert Geschäftsführer des Königs", erzählt Alain de Bordas, Nachfahre in der siebten Generation. Als er und seine Frau Nathalie aus dem Haus vor ein paar Jahren ein Hotel machten, bewahrten sie den Charme der alten Epoche und kreierten gleichzeitig Neues. Das Interieur ist eine gelungene Mischung aus Louis XIV. und Philippe Starck. Doppelzimmer mit Frühstück ab 155 Euro (1, rue de la Carbonnerie, F-34000 Montpellier, Tel. 04 67/02 21 77, www.baudondemauny.com)

"Chez Boris" - Frische Fritten im Freien

Im Sommer isst man vor dem Bistro unter alten Bäumen auf dem kleinen Platz, zum Beispiel die Spezialitäten Steak Frîtes und Tartare Frîtes, also Steak oder Tartar mit sehr knusprigen Pommes frites, für ca. 20 Euro. Hier treffen sich Montpelliers Jungvolk und Alteingesessene, natürlich auch auf einen Wein. (20 rue de l’Aiguillerie, Tel. 04 67/02 13 22, www.chezboris.com)

Chez Boris
Chez Boris
© Claudius Schulze

"Orchis" - Am liebsten Limonencreme!

In dem Café auf dem Platz vor der kleinen Kirche Saint-Roch in Montpellier herrscht eine lässige Stimmung. Junge Paare aus dem Viertel trinken hier sonntags ihren Café au lait, während ihre Kinder auf nostalgischen Dreirädern und Seifenkisten-Autos um die Wette düsen. Die "Tarte limon meringuée" ist hier eine so fein gerührte Limonencreme (ca. 4 Euro), dass ich sie am liebsten vom Frühstück bis zum Abendmenü löffeln möchte. (8 rue du Plan d’Agde, Tel. 04 67/58 73 57)

Cordonnerie Kidur - Die Sommerschuhe schlechthin

Die besten Espadrilles gibt es bei Cordonnerie Kidur. Ich kaufe mir die Stoffschuhe in Sonnengelb und Türkis, verkneife mir tapfer die rot-weiß gestreiften und die silbernen. Ein Paar kostet ca. 20 Euro und ist überraschend strapazierfähig. (7 Place Jean Jaurès, Tel. 04 67/60 73 79)

L’Heure Bleue - Möbel, Mode, Mittagessen

Rue Foch in Montpellier
Rue Foch in Montpellier
© Claudius Schulze

Herrlicher Mix aus Vintage-Möbeln, Mode und Schmuck. Im Nebenraum werden Teespezialitäten serviert, etwa "Miss Marple" mit Rosen- und Karamell-Aroma. Kleiner Mittagstisch. (1 rue de la Carbonnerie, Tel. 04 67/66 41 05)

Pomme de Reinette - zauberhaftes Spielzeug

"Die kleine Tatjana möchte für eine Nacht im Kinderparadies eingeschlossen werden", denke ich in diesem Laden sofort. Nostalgische Blechspielzeuge, Zauberkästen, Holzschaukelpferde, Handpuppen! Besitzer Alain Simon betreibt das Geschäft seit mehr als 40 Jahren und behandelt jedes Kind wie eine kleine Königin oder einen kleinen König. Kindlich gesinnte Erwachsene auch, einschließen will er mich trotzdem nicht. (33 rue de l’Aiguillerie, Tel. 04 67/60 52 78, www.tradition-jouet.com)

Info:www.ot-montpellier.fr

App "Contemporary Montpellier": Kommentare, Rundwege, Interviews mit Architekten: in französischer bzw. englischer Sprache erfährt man viel über die zeitgenössischen Aspekte in Montpellier (gratis, für iPhone, iPad, Android)

2) Arles - Schau, Bilder!

Der Großraum Arles war mal das Ruhrgebiet des Languedoc, was man den Gewerbegebieten am Stadtrand noch ansieht. Wir lassen uns nicht abschrecken, sondern fahren zum historischen Zentrum am Ostufer der Rhône, wo Schätze aus der Antike wie das Amphitheater stehen. Wir haben Glück, dass auch gerade eines der bedeutendsten Fotofestivals der Welt stattfindet: "Les Rencontres d’Arles". Bis zu 75 000 Besucher pilgern dafür jeden Sommer nach Arles. Die mehr als 50 Ausstellungen teils berühmter Fotografen sind über die ganze Stadt verteilt, zum Beispiel in Kirchen oder Fabrikhallen aus dem 19. Jahrhundert.

Nord Pinus
Nord Pinus
© Claudius Schulze

"Grand Hôtel Nord Pinus" - aufs Schönste altmodisch

Wally ist die Seele dieses Grandhotels. Seit vielen Jahren sitzt sie jede Nacht an der Rezeption. Weil ich nicht schlafen kann, drückt sie mir ein Glas Rotwein in die Hand und wandert mit mir durch das dunkle, stille Hotel mit seinem abgelebten Charme. Im "Nord Pinus" erinnert alles an die 50er Jahre, als Berühmtheiten wie Picasso, Churchill und Hemingway hier ein und aus gingen. Ihre Fotos hängen im Entree. Wally schließt eine Tür auf und sagt stolz: "Das war die allererste Boutique von Christian Lacroix, er stammt aus Arles." Heute verkauft die Boutique edle Bademoden und Korbtaschen, die ich so schön finde, dass ich sofort eine mitnehmen muss. Doppelzimmer ab 170 Euro. Man kann das Hotel auch kennen lernen, wenn man nur auf einen Apéritif in die Bar geht oder in der Lobby einen Café trinkt (Place du Forum, F-13200 Arles, Tel. 04 90/93 44 44, www.nord-pinus.com)

La Chassagnette
La Chassagnette
© Claudius Schulze

"La Chassagnette" - ganz junges Gemüse

Der Sternekoch Armand Arnal lebt im Herzen der Camargue (ca. 12 Kilometer südlich von Arles) mitten in seinem biologischen Gemüsegarten, in dem er allein an Tomaten 50 verschiedene Sorten anbaut. Nach Herzenslust mischt er die Gemüsefarben und -aromen für moderne mediterrane Gerichte und kombiniert sie mit Fleisch, Fisch und Meeresfrüchten (Hauptgericht ca. 35 Euro). Es lohnt sich, vor dem Essen durch den Garten zu schlendern und vielleicht der geliebten Königin des Hauses zu begegnen, einer dreibeinigen Katze. (Domaine de l’Armellière, Route du Sambuc, Tel. 00 33/490 97 26 96, www.chassagnette.fr)

Marché d’Arles - ein Markt für alle(s)

Am Mittwochmorgen lasse ich mich in Arles über den Markt entlang des Boulevard Émile Combes treiben. Die Stände bersten geradezu vor Leckereien in allen Variationen, außerdem gibt es Blumen, Lavendelseifen und Haushaltsdinge. Arles gehört offiziell zur Provence, aber die Rhône gilt als Grenze zwischen der Provence und dem Languedoc, und sie fließt mitten durch das 50 000-Einwohner-Städtchen. Mir ist die Grenze egal, ich kaufe genau hier ein Laguiole-Taschenmesser für das Picknick später.

Info:www.arlestourisme.com und www.rencontres-arles.com

3) Nimes

Der Pool im Hotel "Les Jardins Secrets"
Der Pool im Hotel "Les Jardins Secrets"
© Claudius Schulze

"Les Jardins Secrets" - unter Palmen

Mit den blühenden Büschen, Palmen, Orangenbäumen und den bunten Vögeln in den Volieren wirken die "Jardins Secrets", die "geheimen Gärten" von Annabelle und Christophe Valentin, wie verzaubert. Als ihre Kinder aus dem Haus waren, verwandelten sie, vorher Stylistin und Fotograf, das Familienanwesen in ein luxuriöses Hotel mitten in der Stadt. Bevor ich auspacke, lege ich mich unter den Baldachin aufs Bett und nicke ein. Doppelzimmer ab 195 Euro, Frühstück 25 Euro (3 rue Gaston Maruejols, F-30000 Nîmes, Tel. 0466/84 82 64, www.jardinssecrets.net)

"Le 9" - Großartige Kleinigkeiten

Liebhaber der einfachen frischen Küche kommen in diesem Restaurant in Nîmes voll auf ihre Kosten. Sehr französisch! Im Innenhof sitzt man unterm Jasmin an kleinen Tischen und lässt bei einem oder mehreren Gläsern Wein den Abend an sich vorbeiziehen. Köstlich sind die Vorspeisen (je ca. 20 Euro). Wir haben davon gleich mehrere bestellt - statt eines Hauptgerichts. (9 rue de l’Étoile, Tel. 04 66/21 80 77)

"Maison Villaret" -ein Hauch Süßes

Eines der ältesten Kaffeehäuser von Nîmes. Seit 1775 werden in der hauseigenen Pâtisserie hauchzarte Macarons in allen erdenklichen Geschmacksnoten und Farben hergestellt (100 Gramm für ca. vier Euro). Leider unwiderstehlich köstlich! (13 Rue de la Madeleine, Nîmes, Tel. 04 66/67 41 79)

4) Sonnac-sur-l’Hers

Die Gastgeber des Hotels "Le Trésor" Tilly und William Howard
Die Gastgeber des Hotels "Le Trésor" Tilly und William Howard
© Claudius Schulze

Sonnac-sur-l’Hers ist ein winziges Dorf mit 164 Bewohnern, hat einen hübschen Marktplatz, drum herum sieben Häuser, eine Kirche und das Chambre d’hôte von Tilly und William Howard. Auf den ersten Blick passt dieses stylishe, junge Londoner Paar nicht so ganz in diese ländliche Gegend am Fuße der Pyrenäen. "Wir haben beide im Marketing gearbeitet und hatten irgendwann genug davon. Als meine Eltern sich hierher in den Ruhestand zurückzogen, haben wir uns entschlossen, das zu machen, was wir immer schon gern wollten. Jetzt haben wir auch viel mehr Zeit für unsere beiden Söhne", erzählt Tilly Howard. Mit wenig Geld, aber vielen tollen Ideen machten sie aus einer heruntergekommenen Pension ein liebenswertes Kleinod mit modernem französischem Ambiente. Kinder sind hier herzlich willkommen! Und Tilly Howard kann jede Menge Tipps für gelungene Familienausflüge geben. Doppelzimmer ab 85 Euro (20 Place de l’Eglise, F-11230 Sonnac-sur-l’Hers, Tel. 04 68/69 37 94, www.le-tresor.com)

5) Uzès - Pracht in der Provinz

Uzès hat eine hübsche Altstadt, einen wuchtigen Herzogspalast, den Duché, und mit dem Campanile aus dem 12. Jahrhundert einen weithin sichtbaren runden Glockenturm. Sonntags bietet das Städtchen noch etwas Beachtliches: den Flohmarkt auf dem zentralen Place aux Herbes. In den Cafés ringsherum sitzen dann alte Herren und schauen amüsiert dem Treiben zu. Rund 15 Kilometer östlich von Uzès steht (immer noch) ein Aquädukt aus der Römerzeit: der Pont du Gard. Respekt! www.uzes.fr

6) Sorède

"Casa Tena" - Frühstück mit Vogelgezwitscher

"Wir genießen es sehr, wenn Gäste bei uns sind. Sie bringen Abwechslung in unser Leben", sagen Gilberte Tena und René Pauchot beim Frühstück auf der Terrasse, wo die Vögel zwitschern. Monsieur Pouchot hat als Ingenieur viel im Ausland gearbeitet und spricht Deutsch. Nach seiner Pensionierung haben sie ihr Haus, das ca. 15 Minuten von Collioure im Landesinneren liegt, zu einer hübschen Drei-Zimmer-Pension umgewandelt. Bis zum Meer sind es nur noch zehn Kilometer. Doppelzimmer mit Frühstück ab 80 Euro (25 rue de l‘Oasis, F-66690 Sorède, Tel. 06 31/91 10 13, www.casa-tena.fr)

7) Carcassone - Volle(r) Schönheit

Métairie Montplaisir & Festung in Carcassonne
Métairie Montplaisir & Festung in Carcassonne
© Claudius Schulze

Zwei sehr unterschiedliche Stätten des Unesco-Welterbes kann man in Carcassonne sehen: erstens den Canal du Midi, der im 17. Jahrhundert gebaut wurde, um Atlantik und Mittelmeer zu verbinden; zweitens die mittelalterliche Festungsanlage. Sie ist eines der meistbesuchten Kulturdenkmäler Frankreichs und im Sommer, besonders während der französischen Schulferien im August, geflutet von Touristen. Tagsüber ist das Gedränge in der Cité besonders groß. Also besser abends kommen und auf der Festungsmauer den spektakulären Ausblick auf das Umland und den Fluss Aude genießen.

"Métairie Montplaisir" - Eine Familie und ich

Weil wir von Arles aus auf kleinen Straßen durch das Karstgebirge der Cevennen fahren, scheint der Weg endlos – trotz der atemberaubenden Ausblicke auf eine Landschaft, die zwischen lieblich und wild wechselt. Als wir mit zwei Stunden Verspätung in der "Métairie Montplaisir" ankommen (15 Min. außerhalb von Carcassonne), empfängt uns Amélie Roujou de Boubee samt Familie mit einem köstlichen Abendessen. Vor fünf Jahren eröffnete Amélie das "Chambre d’hôte", eine französische Art von B&B, in einer alten Meierei. Die vier Zimmer sind unterschiedlich gestaltet und gleichermaßen schön. Für den nächsten Tag gibt uns Amélie einen Rat, den wir gern befolgen: Wir lassen uns ein Picknick vorbereiten und fahren zum Canal du Midi - im Gras liegend Sonne tanken und Schiffe gucken. Doppelzimmer mit Frühstück ab 150 Euro (2 ave. René Cassin, F-11600 Conques sur Orbiel, Tel. 04 68/25 87 16 oder 06 33/74 62 17, www.metairiemontplaisir.com)

Info:www.tourisme-carcassonne.fr

8) Ortaffa

"Château d’Ortaffa" - Pastelltöne und Patina

Michelle und Alain Batards Miniatur-Ausgabe eines Schlosshotels mit eigener Bibliothek hat nur drei Zimmer, jedes mit eigenem Carakter. Zimmer "Picasso" ist in der alten Schlosskapelle eingerichtet - klein und sehr romantisch. Zur Auswahl gehören außerdem die Suite "Toskany" und die Mini-Suite "Collioure". Große französische Fenster öffnen sich zur Terrasse, auf der das reichhaltige Frühstück serviert wird. Doppelzimmer mit Frühstück ab 110 Euro (8 rue du Château, F-66560 Ortaffa, Tel. 06 64/14 53 42, www.chateau-ortaffa.com)

9) Peyriac de Mer

"Les Clos Perdus" - alter Wein neu geliebt

Paul Old und sein Kompagnon Hugo Stewart haben immer viel zu tun; wer ihre Weine probieren und eine Führung mitmachen möchte, muss einen Termin vereinbaren. Die beiden sind von ganzem Herzen Winzer im Anbaugebiet Corbières und haben dort vergessene Weingärten wiederentdeckt. "Wir waren überzeugt", sagt Paul, "dass die alten Weinstöcke zwar nicht viel Ertrag, aber enorm guten Geschmack geben würden." Also kauften sie bei Peyriac de Mer die von den Weinbauern "vergessenen" Parzellen ("Les Clos Perdus") mit den knorrigen Reben und produzieren heute preisgekrönte Bio-Rotweine (Flasche ab 13 Euro). (17 rue du Marche, Tel. 06 70/08 00 65, www.lesclosperdus.com)

Text: Tatjana Blobel Ein Artikel aus BRIGITTE 17/2014

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