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KwaZulu-Natal: Auf der Suche nach dem wahren Afrika

KwaZulu-Natal hat alles, was Urlaub in Südafrika so unvergesslich macht: einsame Berge, wilde Tiere - und die Widersprüche eines Landes im Aufbruch.

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Morgennebel liegt leicht über den Tälern des Zululands. Er legt sich auf das dürre Gras und die trockene Erde. Er kühlt die Arme der Frauen, die Teig kneten, Hirse stampfen, Fische über dem Feuer aus getrocknetem Dung braten. Erst, wenn die Sonne hoch steht, weicht er und macht Platz für jenen rauchigen afrikanischen Dunst, der das Land aussehen lässt, als bade es in Melancholie.

Noch vor dem Morgennebel sind die Bewohner aus den Dörfern der Drakensberge aufgebrochen. Am dritten Samstag im Monat ist Markt an einer namenlosen Kreuzung. Dort, wo sich die Wege zu den Gipfeln Cathedral Peak und Mount-aux-Sources begegnen, wo an anderen Tagen Schlangen in der Sonne liegen und vorbeiwandernde Ziegen das wenige Gras fressen, wird monatlich den Alten des Bezirks um die nördlichen Berge ihre Rente ausbezahlt. Deshalb wandern Jung und Alt zur Kreuzung, wird auch, wer kaum noch am Leben ist, herbeigeschafft. Die Sonne brennt auf rohes Fleisch, Fliegen surren hungrig.

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Mit dem Fotografen Jörg Gläscher wollte ich eine Reise machen, die eine wirklich afrikanische werden sollte. Das "wahre" Südafrika wollten wir finden. Vielleicht in den Traditionen, Liedern, Legenden, die es gab, bevor weiße Menschen Ideen aufbrachten, die nicht den Erfahrungen vieler Generationen entsprachen. 15 Jahre nach der Verleihung des Friedensnobelpreises an Nelson Mandela und Frederik de Klerk, 16 Jahre nach dem Ende der Apartheid und der ersten freien Versammlung des African National Congress (ANC) hielten wir es für möglich, als Touristen durch das "schwarze" Südafrika zu reisen.

In der Provinz KwaZulu-Natal, dem ehemaligen Siedlungsgebiet der Zulus, suchten wir nach Übernachtungen in traditionellen Hütten, Kunsthandwerk auf einheimischen Märkten, Zulus als Pensionsbesitzern. Echte Zulus, dachten wir. Nicht solche, die als schwarze Narren am weißen Hof tanzen. Doch die schwarzen Brüder und Schwestern waren noch immer jene, die uns das Essen an den Tisch brachten, die Busse steuerten, den Gin Tonic mixten, uns freundlich belächelten, wenn wir in ihre Dörfer kamen. Wir reisten durch ein Land, dessen Schönheit uns zutiefst berührte, dessen Seele uns jedoch verborgen blieb.

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Unsere Reise begann in den Drakensbergen, in einem Camp im Royal Natal National Park. Camp, das klang nach touristischer Authentizität: Lagerfeuer, Tiere, Wandern, Outdoor-Feeling. Wunderten wir uns tatsächlich, dass es keine schwarzen Gäste gab, aber viel schwarzes Personal, keine weißen Dienstboten, aber Upperclass-Urlauber in Safari-Kluft?

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Ein Versuch, uns dem "Wahren" zu nähern, war Shakaland, "das größte Zulu-Erlebnis in Afrika", ein schwarzes, äußerst erfolgreiches Tourismusprojekt. Dort kann man in Hütten übernachten: Elektrizität, Duschen, Doppelbetten, Swimmingpool und anderer Komfort inklusive. "Natürlich ist das fern jeder Authentizität", sagt die Dame am Empfang. "Aber wir sind kein Museum, wir wollen Geld verdienen. Wenn wir die Touristen so wohnen lassen, wie unsere Leute in der Realität leben, kommt keiner."

Weil wir nicht über Nacht bleiben, erleben wir Zulu-Kultur per Tageskarte. Mit Bastschurz um die Hüfte spielt der auferstandene König Shaka die kriegerischen Rituale der Zulus nach. Fünf Minuten braucht er für seine routinierte Vorstellung von Zulu-Kampfkunst, dann geht es weiter zu den nächsten Programmpunkten: Ein Video rühmt die Taten von Shaka, barbusige Mädchen stampfen anschließend anmutig mit den Füßen, ein Medizinmann schüttelt sich in Trance.

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Nunmehr klüger, beschlossen wir, die Annäherung an das schwarze Afrika dort zu suchen, wo das schwarze Afrika beheimatet ist. Mitten im Zululand spazierten wir in ein beliebiges Dorf. Dieses lag hingegossen an einem Hang. Kühe muhten, Hühner gackerten, die Strohdächer flimmerten in der Sonne, und die Lehmwände rochen nach Glut. Am ersten Haus im Dorf saßen zwei Frauen im Gras unter einem Regenschirm. Freundlich begrüßten sie uns mit einem "hello, how are you", wir sagten "sawubona" - hallo. Dann war ihr Englisch und unser Zulu erschöpft.

KwaZulu-Natal ist die ärmste und unruhigste Provinz Südafrikas. Fast vierzig Jahre lang hatte man die Zulus dort im Homeland Natal ghettoisiert. Im Herzen des Zululands, dort, wo es keine Weißen, keine Wohlstandshäuser, keine Supermärkte, keine Statussymbole gibt, sind Stammesriten und Polygamie, Armut und Feldbau mit Ochs und Esel weiterhin alltäglich. 40 Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos, der Anteil der HIV-infizierten oder bereits an Aids erkrankten 15- bis 49-jährigen liegt um 10 Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt von 20 Prozent.

Dort, wo das Königreich Lesotho angrenzt, im Westen, erstrecken sich die Drakensberge mit dramatischen Zinnen und Zacken. Im Inneren, um die Zulu-Königsstadt Ulundi, trifft man auf Orte, die in Reiseführern gern als das wahre Afrika bezeichnet werden, deren Namen nach Wind und Trommeln klingen: Eshowe, Umhlanga Rocks, Kwabhekithunga, Umlalazi. Die "Battlefields Route", die von den Drakensbergen ins Zululand führt, ist eine Fahrt durch die grausame Besiedlungsgeschichte Südafrikas. Schlachtfelder und Denkmäler säumen jenen Weg, den die burischen Vortrekker nahmen, als sie vor der Herrschaft der Engländer ins Landesinnere flohen, zeigen jene Stellen, an denen Buren und Zulus, Engländer und Buren aufeinander trafen und sich niedermetzelten. Das südliche Zululand ist geprägt von Zuckerplantagen und Maisfeldern. Im Osten erstreckt sich die Küste des Indischen Ozeans mit einsamen Stränden und einer theatralischen Brandung. Touristisch fast noch unentdeckt sind das nördliche Zululand und Natal, die bis an die Grenzen von Swasiland und Mosambik reichen.

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Im Naturpark Hluhluwe-Umfolozi leben Elefanten, Giraffen, Zebras, Leoparden, Löwen, Büffel und die weißen Nashörner, die bereits vom Aussterben bedroht waren und deren Art hier gerettet wurde. Noch weiter nördlich schließlich findet man die Sumpfgebiete von St. Lucia, ein Gebiet von so großer ökologischer Vielfalt, dass es zum Unesco-Weltnaturerbe gehört. Unsere Reise führte uns kreuz und quer durch die Provinz. Zwölf Tage lang erlebten wir all die Wunder, die schon in vielen Geschichten über Südafrika beschrieben wurden. Wir beobachteten wilde Tiere, wir hörten die Schreie aus dem Busch bei Nacht. Wir rochen das feuchte Savannengras und dachten, die Sterne fielen uns auf den Kopf. In den Greater Wetlands St. Lucia tauchten Krokodile neben unserem Kajak auf, und die Hippos zeigten uns ihre mächtigen Zähne, als wir ihnen zu nahe kamen. Im Hluhluwe-Park lief uns ein majestätischer Leopard über den Weg, und wir begriffen, dass wir einen jener Augenblicke erlebten, die man in Glas gießen und nie mehr hergeben möchte. Giraffen streckten uns ihre Hälse entgegen, einmal waren wir zwischen zwei Elefanten eingekeilt und fürchteten um die Form unseres Autos. Manchmal überwältigte uns das Land so, dass jeder für sich Pläne machte, dorthin auszuwandern. Und manchmal bedrückte uns die Diskrepanz zwischen reich und arm dermaßen, dass wir stundenlang schwiegen.

Reise-Infos KwaZulu-Natal

REISEZEIT KwaZulu-Natal kann zu jeder Jahreszeit besucht werden. Die beste Reisezeit ist der dortige Winter von Juni bis September mit Temperaturen um die 22 Grad. Im Dezember und Januar sind die Hauptferienzeiten der Südafrikaner.

UNTERWEGS Auf eigene Faust kein Problem. Überall trifft man auf hilfsbereite Menschen, Einladungen zum Essen oder Übernachten sind keine Seltenheit. Die Straßen: breit und relativ leer (Linksverkehr), die meisten Orte gut ausgeschildert. Nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr unterwegs sein, Townships nicht ohne offiziellen Begleiter besuchen.

TELEFON Vorwahl aus Deutschland 00 27, dann die Null weglassen.

UNTERKUNFT Sehr empfehlenswert: Bed & Breakfast. Die Auswahl ist riesengroß, die Preise sind günstig, und beim Dinner kann man meist mit den Gastgebern über Land und Leute plaudern; DZ/F ab 30 Euro (im Internet z. B. den B&B-Führer aus der Reihe "The Portfolio Collection" für 5 Euro bestellen oder Unterkunft direkt auf der Website suchen: www.portfoliocollection.com).

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Mawelawela Lodge: ein B&B in einem alten, mit Antiquitäten eingerichteten Farmhaus an der "Battlefields Route". Die österreichische Besitzerin kocht wunderbar; DZ/F ab 42 Euro (Fodo Farm, Elandslaagte, Tel. 036/421 18 60, www.mawelawela.co.za).

Country Rose: heimeliges B&B unterm Reetdach, Frühstück mit Blick auf den Rosengarten, nahe des Hluhluwe-Umfolozi Game Reserve; DZ/F ab 54 Euro (Dave and Ann Storm, 87 Zebra Street, Hluhluwe, Tel. 035/ 562 01 19, www.portfoliocollection.com.

Bali on Ballito: Rattansessel, Holzschnitzereien an den Betten im indonesisch eingerichteten B&B nördlich von Durban. Große Zimmer, Ozeanblick vom Balkon; DZ/F ab 94 Euro (Neville and Jill Attree, 61 Kudu Road, Willard Beach, Ballito, Tel. 032/946 19 11, http://za.swiftcentre.com.

Bhangazi Lodge: B&B in den Wetlands, nur fünf Minuten vom Ozean entfernt, gemütliche Zimmer, kleiner Pool, tropischer Garten; DZ/F ab 62 Euro (36 Hornbill Street, St. Lucia, Tel. 035/590 12 58, Fax 590 19 99, www.bhangazi-lodge.com).

Hilltop Camp: ein absolutes Highlight, im Hluhluwe-Umfolozi Park. Kleine Chalets im Wald, im Haupthaus wird u. a. traditionelle Zulu-Küche serviert. Jeep-Safaris frühmorgens und nach Einbruch der Dunkelheit, nachmittags Wandersafaris; Zweibett-Chalets ab 94 Euro ohne Frühstück (Buchung über KZN Wildlife Conservation Board, Tel. 033/845 10 00, Fax 845 10 01, www.kznwildlife.com).

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Thendele Camp: im Royal Natal National Park mit spektakulärem Blick auf die Drakensberge. Kleine, gemütliche Holzhäuser mit Veranda und Küche, Selbstverpflegung; Cottage mit zwei Betten ab 58 Euro http://www.countryroads.co.za/view.php?cid=7880

Protea Hotel Shakaland: Wer sich an falschem Ethno nicht stört: traditionell erbaute Hütten im Zululand. Abendunterhaltung mit Tänzen und anderen Vorführungen; Ü/F, Abendessen und Eintritt ins Shakaland ab 170 Euro pro Person (Normanhurst Farm, Nkwalini 3816, Eshowe, Tel. 035/460 09 12, Fax 460 08 24; Buchung in Deutschland: Tel. 089/793 26 15, Fax 793 42 25, www.shakaland.com).

GELD Kreditkarten werden nicht überall akzeptiert. Mit der EC-Karte gibt's bei vielen Banken Geld. Auf dem Land mit Bargeld bezahlen.

LITERATUR - Ausführlich, mit viel geschichtlichem Hintergrund der Reiseführer "Südafrika" von Christine Philipp (Reise Know-How Verlag Helmut Hermann, 23,50 Euro). - Ein Roman über die Apartheid: "Die Hauswaffe" von Nadine Gordimer (btb, 11 Euro). - "Denn sie sollen getröstet werden" von Alan Paton - ein Roman über einen Zulu-Priester, der nach Johannesburg fährt, um seinen Sohn vor der Todesstrafe zu bewahren (nur noch gebraucht erhältlich, z. B. bei www.amazon.de, ab 1,60 Euro). - Die selbstironische Geschichte eines Ethnologen in Afrika: "Traumatische Tropen. Notizen aus meiner Lehmhütte" von Nigel Barley (dtv, 8,90 Euro).

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WEITERE INFOS www.kzn.org.za www.southafricantourism.de.

Text: Andrea Strunk Fotos: Jörg Gläscher

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