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Kochkurs in Italien: Papa wird Profi

Wenn Vater und Tochter einen gemeinsamen Kochkurs im Veneto buchen, kann dabei eine Menge passieren. Zum Beispiel goldgelbe Pasta mit leckerer Wolfsbarschfüllung.

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"Ancora, mach weiter! Ist noch nicht fertig!" Olindo lächelt höflich, aber bestimmt. Müdigkeit und schwere Arme sind für unseren Kochlehrer keine Argumente. Schon zwanzig Minuten rühre ich in einem riesigen heißen Aluminiumtopf und versuche, die weiße Polenta vor dem Anbrennen zu bewahren. Neben mir keucht mein Vater. Er knetet, boxt, rollt und quetscht, was das Zeug hält. Sein Opfer: richtig zäher Pasta-Teig. So eine Feinschmeckerreise ist kein Spaziergang. Aber Genuss, für den wir nichts tun müssen, hat uns auch niemand versprochen - bei diesem Kochkurs im norditalienischen Veneto.

Es ist das erste Mal, dass mein Vater und ich zu zweit auf Reisen gehen. Schön, aber auch ungewohnt: Ob wir uns wohl irgendwann auf die Nerven gehen werden? Und: Wird Papa die ganze Zeit durchhalten? Er soll in diesem Urlaub nämlich unbedingt kochen lernen. So deutlich hat ihm das zu Hause natürlich niemand gesagt. Seit er im Ruhestand ist, steht er mittags am Herd - hauptsächlich für meine Mutter, die noch arbeitet. Bratkartoffeln, Spiegelei, Fleischwurst, viel mehr gibt sein Repertoire allerdings nicht her. "Ein bisschen Abwechslung dann und wann wäre schon nicht schlecht", hat mir meine Mutter anvertraut. Und da kam mir die Idee mit dem Kurs: leichte mediterrane Küche an ihrem Ursprungsort kennen und kochen lernen. Papa und ich machen Urlaub, und auch Mama profitiert davon.

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"Siehst du, so! Zack, zack, zack, zack! Super, oder?" Inzwischen hat Papa das mühselige Teigkneten beendet und ist voll in seinem Element: Triumphierend zeigt er auf den Haufen säuberlich geschnittener Artischocken auf seinem Brett. "Mhhmm", murmele ich widerwillig. Er hat Recht. Vor mir liegen drei schiefe Gemüsescheiben. Wieso kann er das besser? Vielleicht hat er das Turbo- Schnippeln im Küchendienst bei der Bundeswehr gelernt?

Am nächsten Tag aber, beim Tortellini- Formen, gehe ich wieder in Führung: eine Ecke über die andere, Kanten fest streichen, umklappen, eindrehen, fertig - wie früher beim Basteln, da bin ich Profi. Mein Vater dagegen bringt mit seinen großen Händen nur verklebte Teigknäuel zustande. "Ist sowieso zu viel Aufwand", sagt er. So was gebe es ja auch im Supermarkt, getrocknet. Schmecke genauso.

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Später sitzen wir hungrig vor unseren Tellern, auf denen goldgelbe Pasta mit Wolfsbarschfüllung dampft. Mein Vater nimmt seine Gabel, führt sie zum Mund, kaut, sagt nichts. Dann sagt er doch was: "So gute Nudeln habe ich noch nie gegessen." Siehe da, das Feinschmeckerprogramm beginnt zu wirken. Denn für meinen Vater, einen kompromisslosen norddeutschen Kartoffelesser, war Pasta bisher bestenfalls ein Soßentransportmittel. Zu jeder anständigen Mahlzeit gehört für ihn Fleisch. Oder mindestens ein ganzer Fisch, mit Kopf und Schwanz, versteht sich. Die leichte Mittelmeerküche des Veneto, in der Gemüse eine Hauptrolle spielt, ist für ihn eine fremde Welt.

Unsere beiden Lehr-Restaurants, die "Locanda alle Porte" und die "Trattoria Laguna", gehören Olindo und seiner Familie. Der Padrone ist über 60 Jahre alt, klein, hat graue Haare und einen trockenen Humor. Eigentlich hat er Schneider gelernt, dann im Hotelfach gearbeitet, und jetzt gehören ihm die beiden Restaurants. Sie liegen auf dem Litorale del Cavallino, einer Landzunge vor den Toren Venedigs. Schalentiere kommen jeden Tag frisch aus Meer und Lagune. Wasserarme zeichnen feine blaue Linien in das flache Land. Es leuchtet in dutzenden Grüntönen. Salat, Spargel, Artischocken, Erbsen, Blumenkohl, Bohnen und Zucchini sehen wir auf den Feldern - Cavallino ist seit jeher einer der Gemüsegärten Venedigs.

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Die Lagunenstadt ist mit dem Vaporetto, dem Motorboot, nur eine halbe Stunde entfernt. Ich hatte mich auf Venedig ganz besonders gefreut, von gemütlichen Spaziergängen und Eisessen auf Brücken geträumt. Aber als wir dort anlegen, regnet es in Strömen. Wir kaufen uns zwei quietschbunte Regenschirme. Trotzdem werden wir mit jedem Schritt nasser, als wir auf Olindos Fersen durch die engen Gassen zum Rialtomarkt hetzen. Dort kaufen wir Gemüse und Fisch, waten durch riesige Pfützen. Und weil es einfach nicht aufhören will zu regnen, flüchten wir in ein Bacaro, eine venezianische Weinschenke. Von der Decke hängen Kupferkessel, wir stehen am dunklen Holztresen und kosten Spezialitäten: die Stockfischpaste baccalà mantecato und sarde in saor, sauer eingelegte Sardinen.

Abends zeigt uns Olindos Tochter Valeria, wie aus unseren Einkäufen eine köstliche Vorspeise wird: Wir füllen Zucchiniblüten mit einer Creme aus Ricotta und Sardellen, überbacken sie dann im Ofen. Mein Vater ist begeistert. "Das kriege ich zu Hause auch hin", meint er. Das Rezept der Pappardelle in Entensoße ist allerdings gar nicht nach seinem Geschmack. Entsetzt sieht er zu, wie Valeria den knusprig im Ofen gebackenen Vogel abzieht und - die Haut einfach wegwirft! Dann schöpft sie aus der Soße auch noch das Fett ab! "Sonst wäre es keine leichte Mittelmeerküche", erklärt sie. Das interessiert meinen Vater wenig: "Das ist doch das Beste!"

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Ich finde die Bandnudeln mit dem mageren, kräftigen Entenfleisch fantastisch. Und ich habe den Verdacht, dass es Papa auch sehr gut schmeckt. Obwohl wir jeden Tag fünf, sechs Stunden in der Küche arbeiten, hält sich mein Vater tapfer. Nur ab und zu verkrümelt er sich mit einem Glas Wein in eine ruhige Ecke. Auch mir tun abends oft die Füße weh, und ich will von der richtigen Zubereitung eines Fisches in Salzkruste nichts mehr wissen. Doch jemand muss ja mitschreiben, was er für Mama zu Hause kochen soll. Ob er das denn auch tun wird? "Sehr lecker war es meistens ja schon", druckst er herum, "aber so aufwändig." Die Calamari in eigener Tinte, die mache er bestimmt, und gedämpfte Artischocken, das wolle er auch versuchen. Frische Pasta bekomme man sicher im italienischen Feinkostladen? Na bitte, auf solche Ideen wäre er früher nie gekommen.

Am letzten Tag haben wir frei. Ich fahre nach Venedig, diesmal allein. Als ich abends zurückkomme, hat mein Vater Berge von Mitbringseln für meine Mutter gekauft: einen Schal, Balsamico- Essig, Olivenöl, eingelegte Artischocken, Feigenmarmelade, Pasta in drei Variationen, kandierte Orangen. Wie lieb, denke ich, und dann: Er wird sich damit doch nicht vom Küchendienst zu Hause freikaufen wollen?

Die Rezepte

Ihnen ist das Wasser im Munde zusammengelaufen? Hier sind die Rezepte aus dem Veneto zum Nachkochen.

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Info Kochkurse in Italien

Kochkurse in Italien bietet das Unternehmen "Feinschmecker-Seminare" an. Der hier vorgestellte Kochkurs "Italien der Regionen: Die echte venezianische Küche" findet wieder im Mai 2009 statt. Weitere Infos unter: Feinschmecker-Seminare Exquisite Küche Gertrud Liebhaber, Neptunweg 9, 82205 Gilching, Tel. 081 05/ 42 49, Fax 18 22, www.feinschmecker-seminare.de

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