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Hiergeblieben! Urlaub in Hamburg

Hiergeblieben! Urlaub in Hamburg
© Imago/Hoch Zwei Stock/Angerer
Warum hat Hamburg einen öffentlichen Balkon? Weil jeder draußen sein will. Wenn die Stühle vor den Lokalen nicht für alle Gäste reichen, setzt man sich eben auf die Bordsteinkante. Nur ein Grund für Urlaub in Hamburg.

Es dauerte sieben Jahre, bis ich mich in die Stadt verliebte, in die ich zum Arbeiten gezogen war. Klar, ich akzeptierte ihre Schönheit; Hamburg unschön zu finden ist selbst für einen heimwehkranken Berliner unmöglich. Aber ich gehörte nicht hierher, und das änderte sich erst, als ich mich an einem Sommermorgen aus meiner Wohnung aussperrte.

Was, hier wohne ich? Wer seine Stadt mit den Augen eines Urlaubers sieht, entdeckt sie neu. Und entdeckt in Baurs Park in Blankenese eine Liegewiese
Was, hier wohne ich? Wer seine Stadt mit den Augen eines Urlaubers sieht, entdeckt sie neu. Und entdeckt in Baurs Park in Blankenese eine Liegewiese
© Heike Ollertz

Ich hatte mir einen Tag Urlaub genommen, um endlich die Steuererklärung zu machen, mich aber schon am Morgen auf dem Weg zum Bäcker ausgesperrt. An meinen Ersatzschlüssel würde ich erst am Abend kommen, der Schlüsseldienst war mir zu teuer. Ich stand vorm Haus, die Sonne schien mir aufs Haupt, die Platanen rauschten, und wie von selbst fing ich an, einen Spaziergang durch Ottensen zu machen. Ottensen ist die hiesige Miniatur-Version von Prenzlauer Berg: niedriger bebaut, schmalere Bürgersteige, aber ähnlich viele Kinder, Touristen, Pornobrillen, Tagediebe, die gleiche seltsame Mischung aus billig und teuer; und Latte macchiato an jeder Ecke. Die Bürgersteige sind schmal, aber alle stellen Stühle und Bänke raus. Nach ein paar hundert Metern wurde mir klar: Ich hatte Hamburg nicht verstanden. Ich hatte die Stadt von innen betrachtet, dabei ist Hamburg eine Draußenstadt.

Wenn man Richtung Osten durch Ottensen läuft, ist rechts immer die Elbe, man könnte jederzeit abbiegen und wäre in zehn Minuten am Fluss. Der schönste Ort heißt Altonaer Balkon – so, als wäre die ganze Stadt eine Wohnung, als brauchte man gar kein Drinnen. Vom Balkon aus, einer Balustrade am Parkrand, blickt man aus fünfzig Meter Höhe auf den Containerhafen, viele Kräne, die brachial-elegante Köhlbrandbrücke und bis zu den Harburger Bergen. Mehr Blick bietet keine andere Stadt. Ab und zu schiebt sich ein absurd großes Containerschiff durchs Bild, als wäre es das Normalste der Welt.

Vom Altonaer Balkon lief ich an jenem Tag über den Elbwanderweg zur Anlegestelle Altona Fischmarkt. In Hamburg kannst du mit einer Fahrkarte für 1,85 Euro Bus, U-Bahn oder S-Bahn fahren, aber auch mit dem Schiff, zum Beispiel auf der Elbe quer durch die Stadt. Es ist was Besonderes, ein Schiff zu betreten. Ich kletterte aufs Oberdeck und ließ mich zwei Stationen durchpusten vom selbstbewussten Elbwind, stieg am Sandtorhöft aus und lief durch die Speicherstadt Richtung Innenstadt. Die Alster umrundete ich zu Fuß, und als ich am Abend wieder zu Hause in Ottensen war, hatte ich eine ganz andere Stadt gesehen. Ich kam nach Hause mit einem Gefühl, das ich zuletzt als Kind hatte: Ich hatte den ganzen Tag draußen gespielt.

Seitdem bleibe ich im Sommer in Hamburg. Im Sommer feiert die Stadt das Draußen, weil der Winter einen hier mit Nachdruck nach innen zwingt: hundert Arten von Regen aus allen Richtungen; Sturmflut, Nebel. Und im Sommer? Sind die Tage länger. Außerdem ist es so gut wie niemals schwül und selten so heiß, dass man sich in den Innenräumen abkühlen muss. In keiner deutschen Stadt gibt es mehr Cabrios als in Hamburg. Die Verdecke gehen auf, sobald die Temperaturen im oberen einstelligen Bereich sind. Männer holen die kurzärmeligen T-Shirts raus, und Frauen lassen die Strumpfhosen weg.

Ich bin lieber draußen als drinnen, ich sitze gern im Portugiesenviertel auf der Straße, wenn’s voll ist, sogar mit anderen auf dem Bordstein; ich laufe gern durch Sankt Pauli, da will man tagsüber im Ernst ja auch nirgendwo reingehen. Ich mag den Wind und den blauen Himmel, ich mag, wie der Hafen nachts in Orange leuchtet. Ich mag die Häuser von außen und wie die Elbe zwischen ihnen blitzt oder die Alster. Hamburg hat alles doppelt: zwei Flüsse, den Stadtpark und den Volkspark, den Elbstrand und den mit Helgoländer Dünensand aufgeschütteten Strand in den vielen Beach-Clubs. Trotzdem reicht der Platz in den Lokalen am Wochenende oft nicht für alle, die draußen sitzen möchten, und manchmal sind sogar alle Bordsteinkanten und Treppenstufen belegt. Es dauert immer ein paar Tage, bis mir klar wird: Du musst dich nicht an die Stoßzeiten halten, du bist ja Urlauber. Darum klappe ich jetzt den Laptop zu, räume meinen Platz auf der Bank vorm Café "El Rojito" in Ottensen und laufe los, ins Blaue. Denn es ist Sommer, und ich bin hiergeblieben, aus Sehnsucht nach der Stadt, in der ich wohne.

Reise-Tipps Hamburg

Unterkommen

  • Mövenpick Hotel Hamburg.
  • Interessantes Design in einem historischen Wasserturm im Sternschanzenpark. Nur ein paar Minuten zu den Kneipen und Lokalen am Schulterblatt. DZ ab 140 Euro (Sternschanze 6, 20357 Hamburg, Tel. 040/3344110, Fax 3344113333, www.moevenpick-hamburg.com).

Genießen

  • Sommerterrasse Hafenbahnhof
  • Bevor die alte Seefahrtschule an der Elbe abgerissen wird, ist sie ein charmant-entspanntes Café mit riesiger Sonnenterrasse. Zusammengewürfelte Möbel, Grillplätze (Miete: 10 Euro), sehr guter Kuchen (Rainvilleterrasse 4, Hamburg-Altona, www.hafenbahnhof.com).
  • Süllberg-Terrassen.
  • Auf dem Süllberg in Blankenese sitzt man je nach Laune und Budget auf der passenden Terrasse; eine bietet Selbstbedienung in edel englischen Pavillons (Süllbergsterrasse 12, Tel. 040/8662520, www.suellberg-hamburg.de).
  • Cafégarten Schuldt.
  • In Blankeneses Treppenviertel nicht leicht zu finden, aber die Suche wert: selbst gebackener Kuchen, Filterkaffee aus alten Kannen, Blick über die Elbe (Süllbergsterrasse 30, Tel. 040/862411).
  • Centralpark
  • Hamburg. Mitten im Ausgeh-Viertel Sternschanze. Kinderfreundlich und sehr lässig (Max-Brauer-Allee 277, Tel. 040/433684, www.centralpark-hamburg.net).
  • El Rojito.
  • Im Hinterhofgarten des Cafés in Ottensen sitzt man zwar nicht gemütlicher als in Coffeeshops, aber der fair gehandelte Kaffee schmeckt besser (Große Brunnenstraße 74, Tel. 040/3906898, www.el-rojito.de).
  • Dilara.
  • Auf der Gartenterrasse des Restaurants mit kleinem Biergarten weht ein Hauch von Mittelmeer in Eimsbüttel: Zwischen Rosen und Bäumen wird mediterrane türkische Küche serviert (Weidenstieg 24, Tel. 040/4913992, www.restaurant-dilara.de).

Lesen

  • Hamburg für Hamburger. Tipps, die selbst Einheimische noch überraschen: Kunst und Kultur, Adressen von Ausgehen bis Wellness (9,95 Euro, Mairdumont).

Info

  • Tourist Information im Hauptbahnhof, Glockengießerwall, 20095 Hamburg, Tel. 040/326917, Hotline 30051300, www.hamburg-tourism.de.
Text: Till Raether

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