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Familienglück: Wellness plus Camping

Der Mann träumt vom Camping, das Kind will an den Strand, die Mutter liebt Wellness. Und nun? Tanja Reuschling hat ihr Zelt auf einem Wellness-Campingplatz auf Rømø aufgestellt.

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Plopp. Plopp. Plopp. Erst sind sie nur vereinzelt zu hören. Doch dann gibt es keinen Zweifel: Da trommeln Tropfen auf unser Zeltdach. Wind rüttelt am Gestänge. Ich könnte jetzt mit der Wahl unserer Urlaubsunterkunft hadern. Doch was soll's, ich habe gleich ein Date mit Mirek, er wird mich wunderbar massieren. Was stört mich da ein bisschen Regen. Ich räkele mich ausgiebig, dann krieche ich aus dem Schlafsack.

Das mit dem Zelten war der Wunsch meines Mannes. Schon seit Jahren liegt er mir damit in den Ohren. Outdoor-Urlaub, den ganzen Tag an der frischen Luft sein, sich auf das Nötigste beschränken - das sei für ihn die beste Art von Entspannung. Ich dagegen wollte Wellness. Ich wollte, dass jemand mehr tut, als während der Tagesschau beiläufig meinen verspannten Nacken zu kneten, wollte, dass jemand die Sorgenfalten aus meinem Gesicht massiert und meine äußere Hülle gründlich aufpoliert. Nach zwei Jahren mit Kind und Job habe ich mir das mehr als verdient. Ein Campingplatz, der seinen Gästen auch Wellness anbietet, schien der perfekte Kompromiss. Einer, der zudem die Urlaubskasse schont - eine Nacht im Zelt ist schließlich günstiger als eine im schicken Hotel. Solche Wellness-Campingplätze gibt es immer mehr. Weil das Kind auch mit von der Partie ist und gern im Meer plantscht, fiel die Wahl auf Rømø, die kleine dänische Insel gleich oberhalb von Sylt.

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Zum Glück ist auch mein Mann in Sachen Komfort nicht mehr ganz so genügsam wie mit Anfang 20. Wir haben also zwei Zelte aufgeschlagen, eins für uns und eins fürs Gepäck - zwischen Wohnmobilen und ein paar anderen Zelten ist hier auf Rømø trotz Hauptsaison Platz genug. Zudem haben wir einige Euro in besonders dicke aufblasbare Isomatten investiert, kuschelige Kopfkissen, eine elektrische Kühlbox und - das ließ sich der Mann nicht nehmen - einen hochgebirgstauglichen Gaskocher, mit dem die Milch fürs Kind und der morgendliche Kaffee in zwei Sekunden heiß sind. Für warmes Essen brauchen wir den Kocher nicht - das lassen wir uns jeden Abend im zum Campingplatz gehörenden Hotel servieren. Neben dem befindet sich das Wellness-Center mit kleinem Pool, Dampfbad und Sauna, Ruhebalkon und mehreren Behandlungsräumen. Wie in vielen Mittelklassehotels wird dort ein buntes Potpourri angeboten, von der Maniküre über ein Meersalz- Milch-Bad bis zur Hot-Stone-Massage.

Dort wartet jetzt also Mirek auf mich, mit einer Seidenhandschuhmassage. Dieser Begriff ist allerdings etwas irreführend, der Handschuh ist aus Rohseide und kratzt wie ein Scheuerschwamm. Dafür soll er Stoffwechsel und Bindegewebe stimulieren, das kann ich gut gebrauchen. "Danach kommt Öl", sagt Mirek, oder anders ausgedrückt: eine ayurvedische Abhyanga- Massage, gut gegen Unruhe und Stress. Mirek gießt das Öl großzügig auf meinen Körper, für einen Moment komme ich mir vor wie Salat, der gerade angemacht wird.

Dann werde ich durchgeknetet, am Fuß kitzelt es noch, doch bis Mirek an meinem Rücken angelangt ist, hat mich die Entspannungsmusik aus der Anlage schon in einen angenehmen Dämmerzustand begleitet. Ein zaghaftes "Mama?" holt mich zurück ins Hier und Jetzt, ein kleiner Finger bohrt sich in meine Wange. Mein Sohn steht neben mir und ist sich offensichtlich nicht ganz sicher, ob es mir gut geht. Oh ja, doch, das war schon mal ein guter Anfang. Und da draußen inzwischen die Sonne scheint, geht es jetzt ans Meer.

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Der Weg dahin zieht sich in die Länge. Nicht weil Rømø so groß, sondern weil der Strand so breit ist, bis zu vier Kilometer - das ist Rekord in Europa. Wahrscheinlich herrscht auch an keinem anderen Strand so viel Verkehr. Manche parken mit ihren Autos direkt am Wasser, ein Stück weiter brausen Kitebuggys hin und her. Ganz im Süden finden wir dann doch noch einen fahrzeugfreien Abschnitt und breiten unsere Laken aus. Der Sand ist so sauber und feinkörnig, dass er meine Füße auf dem Weg hierher ganz nebenbei von jeglicher Hornhaut befreit und die Nägel blitzblank poliert hat. Angenehmer kann Pediküre nicht sein. Den Rest des Nachmittags verbringen wir damit, unserem Sohn wechselweise beim Ausheben tiefer Löcher zu assistieren, uns daran zu freuen, wie er etwa 500 Mal quietschvergnügt ins seichte Wasser rennt und wieder raus oder einfach nur geradeaus zu schauen, dahin, wo nichts ist als das Meer, eine meditative Weite.

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Abends habe ich eine Reittour gebucht. Ich kann eigentlich gar nicht reiten, aber immer, wenn ich Pferde sehe, beschleicht mich das Gefühl, dass ich da was verpasse. Und von unserem Zelt aus sehe ich ständig Pferde. Über eine kleine Hecke blickt man direkt auf die weitläufigen Weiden des zum Campingplatz gehörenden Isländercenters, dahinter glitzert das Wattenmeer. Ein Fünfsterneausblick. "Anfängerin?", fragt Andreas, unser Guide, als er mich zur vereinbarten Zeit etwas unschlüssig vor der Pferdekoppel stehen sieht. Er teilt mir Sofi zu, "total brav", und hilft mir beim Aufzäumen und Satteln. Als ich mit den anderen vom Hof reite, weint mein Sohn, der mit seinem Vater zurückbleibt.

Eine Weile reitet das schlechte Gewissen mit. Dann fängt Sofi plötzlich an zu traben, weil die anderen Pferde das auch tun, und ich bin vollauf damit beschäftigt, mich im Sattel zu halten. "Oberkörper zurück, Zügel locker. Wenn du Sofi antreiben willst: Schenkeldruck, und zum Bremsen: Zügel anziehen", gibt Andreas noch mal eine Kurzeinführung. Bis wir am Strand angekommen sind, sitze ich einigermaßen sicher im Sattel.

Den Rest überlasse ich Sofi und der Gruppendynamik. "Galopp!", ruft Andreas, mein Herz macht einen Satz, dann lasse ich innerlich einfach los. Die Abendsonne tunkt den Himmel in satte Rottöne, die Hufe der Pferde wirbeln funkelnde Wassertropfen auf, so frei und unbeschwert habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Als wäre ich ein pferdeverliebter Teenager, beschließe ich auf dem Rückweg, Sofi morgen früh ein paar Möhren zu bringen.

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"Mama, Erd!", kräht mein Sohn begeistert, als ich zurück zum Zelt komme. Es ist schon halb zehn, mein Mann ist alles andere als begeistert. Das Kind sollte längst schlafen, stattdessen hat es nur Unsinn im Kopf, und überhaupt wollte der Mann eigentlich noch laufen gehen. Im Hotel würde ich jetzt vermutlich Türen knallend im Bad verschwinden, weil ich so unsanft aus dem Reiterhimmel geholt wurde. Erbost aus dem Zelt zu krabbeln ist da natürlich weit weniger wirkungsvoll.

Campen hat was für sich. Vielleicht verpufft schlechte Stimmung auch schneller, weil man ständig an der frischen Luft ist. Jedenfalls bringen wir das Kind dann doch gemeinsam ins Bett und rollen anschließend einträchtig eine Isomatte vor dem Zelt aus. Ich gieße Rotwein in unsere Emaillebecher und nachdem wir eine Weile schweigend zugeschaut haben, wie die Sterne über uns um die Wette funkeln, merke ich, dass sich die Romantik zu uns gesellt hat. Wie gut es tut, sie zu treffen - wir haben uns viel zu lange nicht gesehen.

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Am nächsten Morgen darf der Mann erst mal lange laufen, bevor ich zur Anti-Aging-Gesichtsbehandlung antrete. Dafür ist Margareta zuständig, Mireks Frau. Sie reinigt mein Gesicht, peelt, trägt Gels und Essenzen auf, zupft mir die Augenbrauen und verpasst mir eine kleine Massage. Danach sind meine Nägel dran. Als ich fertig bin, bedauere ich für einen Moment, dass ich mein aufpoliertes Äußeres nun nicht in ein schickes Café oder zum Shoppen trage, sondern nur zurück auf den Campingplatz. Doch dann suchen wir uns ein schattiges Plätzchen unter einem großen Baum, das Kind schläft ein, und wir packen die Bücher aus, die schon so lange darauf warten, gelesen zu werden. Über uns rascheln die Blätter im Wind, sonst scheint die Welt stillzustehen. Spätestens jetzt hätte ich gern ein leeres Honigglas zur Hand, um diesen Moment hineinzufüllen und mit nach Hause zu nehmen. So etwas Schönes braucht man, wenn es erst wieder so weit ist, dass schon beim Frühstück in jedem zweiten Satz das Wort "müssen" vorkommt.

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In der Nacht wache ich auf, alle Knochen tun mir weh. Die Luxus-Isomatte hat offenbar ein Loch, ich liege quasi auf der Erde. Das wäre jetzt wieder ein Grund, mit unserer Unterkunft zu hadern. Nur:­ warum? Zu Hause werde ich mich über mein Bett freuen und über all den anderen Komfort. Jetzt aber kuschele ich mich zu meinem Sohn auf die Matte und denke: Wellness-Camping ist wunderbar. Ich freue mich schon auf Mirek, bei dem ich morgen früh gleich noch einmal vorbeischauen werde.

Wellness plus Camping: Wo gibt's das?

Rømø, Dänemark: Camping Kommandørgaarden 550 Stellplätze für Zelte oder Wohnmobile gibt es im Kommandørgaarden, schlafen kann man aber auch in Holzhütte oder Hotel. Im Wellness-Center werden Massagen und Bäder aus aller Welt angeboten. Nur wenige Meter vom Campingplatz entfernt, beginnt das Wattenmeer, auf der anderen Seite geht es durch eine Heideund Dünenlandschaft zum bis zu vier Kilometer breiten Nordseestrand. Rund 60 Islandpferde warten auf einen Ausritt. Wer will, kann aber auch ein eigenes Pferd mitbringen. Nacht im Zelt für zwei Personen ab rund 20 Euro, Holzhütten ab 90 Euro pro Tag, DZ ab 114 Euro. Seidenhandschuhmassage und Abhyanga 107 Euro, Anti-Aging-Gesichtsbehandlung 110 Euro, Maniküre 59 Euro. Reittour bei Sonnenuntergang 45 Euro. Tel. 0045/74/75 51 22, www.kommandoergaarden.dk

Schleswig-Holstein: Insel-Camp Fehmarn Gerade einmal 200 Meter sind es vom Campingplatz zum langen Ostseestrand. Im Wellness-Bereich gibt es verschiedene Saunen, man kann sich durchkneten lassen, manuelle Lymphdrainage, Krankengymnastik, autogenes Training, einen Rücken- oder Yogakurs buchen. Weitere Wellness-Angebote gibt es im nahe gelegenen Ferienzentrum Südstrand. Nacht im Zelt für zwei Personen ab 21 Euro. Tel. 0 43 71/503 00, www.inselcamp.de

Bayern: Camping Hopfensee Am Hopfensee kann man ohne Krankenhausatmosphäre kuren, sich aber auch einfach nur verwöhnen lassen. Der Campingplatz liegt direkt am Seeufer, mit Blick auf die Allgäuer Voralpen. Die Rohstoffe, die im Wellness-Center verwendet werden, kommen direkt aus der heimischen Natur: Heilpflanzen, Moor, Heu und Wasser. Das milde Reizklima tut sein Übriges. Einziges Manko: Zelten kann man hier nicht, es gibt nur Wohnmobilstellplätze. Stellplatz für zwei Personen rund 30 Euro/Nacht, Abhyanga-Massage 65 Euro, Ziegenbuttercremebad 30 Euro, zehntägige Kneippkur 135 Euro. Tel. 0 83 62/91 77 10, www.camping-hopfensee.com

Tirol, Österreich: Sportcamp Woferlgut Die perfekte Anlaufstelle für Aktive: 1200 Kilometer Radwege gibt es im Umkreis, Wanderrouten ohne Ende, nicht weit die größte Golfanlage Österreichs und auf dem Platz selbst ein großes Fitness- Studio und Schwimmbad. Ach ja, ein Badesee gehört auch zum Camp. Selbst der Wellness-Bereich heißt hier Erlebniscenter - trotzdem können Sie sich bei einer Massage, Moorpackung oder in der Sauna auch wunderbar entspannen. Nacht im Zelt für zwei ab 20 Euro, 45 Minuten Massage 32 Euro, Moorpackung 13 Euro. Tel. 00 43/65 45-730 30, www.woferlgut.at

Text: Tanja Reuschling Fotos: Co-o-peration Ein Artikel aus der BRIGITTE BALANCE 02/09

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