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Good News Warum wir trotz Klimawandel reisen sollten

Martina von Münchhausen: Frau und Kleinkind auf Wiese beobachten Flugzeug
© KieferPix / Shutterstock
Um die Umwelt zu schützen, sollten wir am besten gar nicht mehr in den Urlaub fahren. Oder? Das sagt WWF-Verantwortliche Martina von Münchhausen dazu.

Ist eine Fernreise umweltschädlich? Wenn man sich allein den Flug anschaut: ja, natürlich. Ein Flug auf die Kanaren verursacht beispielsweise 1,5 Tonnen CO2 pro Fluggast. Das ist unglaublich viel und lässt sich auch mit noch so viel Radfahren und vegan leben nicht ausgleichen.

Das ist die eine Seite, und die lässt sich nicht wegdiskutieren. Es gibt aber auch noch eine andere Seite: In vielen Regionen, gerade in denen mit besonders fragiler und schützenswerter Biodiversität, wird die Natur geschützt, weil es Touristen gibt, die genau deswegen kommen. Der Tourismus bietet der Bevölkerung und Regierung den Anreiz, bestimmte Regionen unter Schutz zu stellen und nicht anderweitig wirtschaftlich zu nutzen. Die Einnahmen aus dem Tourismus finanzieren die Naturschutzarbeit.

Nachhaltiger Tourismus ist oft Voraussetzung für Naturschutz.

Für den WWF hat die Corona-Pandemie bestätigt, wie einflussreich der Hebel Tourismus für den internationalen Naturschutz ist. Was passiert, wenn in diesen Regionen der Tourismus ausbleibt, konnten wir im letzten Jahr sehen: Mitarbeiter, die beispielsweise in Namibia Aufgaben zum Schutz der Wildtiere erfüllen, konnten nicht mehr bezahlt werden. In vielen Regionen Mittelamerikas wurde ein großer Teil der Angestellten, die für Meeresschutzgebiete zuständig sind, entlassen. Aber auch für die lokale Bevölkerung, die indirekt vom Tourismus abhängig ist, war es dramatisch. Kleinfischer beispielsweise, die sonst ihren Fang an Hotels und Restaurants verkaufen, verloren diese Einnahmequelle.

Es gibt viele Länder, die hochgradig von der touristischen Anziehungskraft ihrer Naturschätze leben, dazu gehören beispielsweise Nepal, viele Inselstaaten wie die Malediven oder die meisten Karibikstaaten. Aber auch Länder in Mittel- und Südamerika wie Ecuador, Mexiko oder Costa Rica, um nur einige zu nennen.

Wenn die Gäste ausbleiben, geraten viele Einheimische in Not.

Was machen diese Länder, wenn die Gäste ausbleiben? Man muss bedenken: Ein Naturschutzgebiet bedeutet für die Menschen vor Ort häufig Einschränkung. Die wirtschaftliche Nutzung der Gebiete ist sehr limitiert. Die touristische Nutzung hingegen ist ein Ausgleich dafür. Wenn diese nun auch ausbleibt, geraten die Menschen unverschuldet in Not, weil sie ihre Existenz nicht mehr sichern können.

Natürlich kann man die Abhängigkeit vom Tourismus kritisch sehen. Besonders wenn das Land sich von einer bestimmten Tourismusform abhängig macht. Aber die Alternativen dazu kann man zum einen nicht einfach aus dem Hut zaubern, und zweitens stellt sich die Frage, wie sie aussehen sollten: mehr landwirtschaftliche Nutzung? Mehr Viehzucht und Landgewinnung oder mehr Industrialisierung?

Ein Tourismus, der nachhaltig gestaltet ist, ist da die bessere Lösung.

In der Corona-Krise haben viele entdeckt, wie schön es in Deutschland direkt vor der Haustür sein kann. Es wäre wunderbar, wenn dieser Trend anhalten würde und eine Fernreise wieder etwas wird, das man weniger häufig macht. Und wenn die Ferne ruft, man dafür länger vor Ort bleibt, Reiseveranstalter, Unterkünfte und Aktivitäten so plant, dass die Reise der Region und den Menschen zugutekommt und ein Beitrag zum Naturschutz geleistet wird. Das gilt nicht nur für exotische Ziele. Auch in den Mittelmeerländern kann man abseits des Massentourismus Urlaub machen, Unterkünfte mit einem nachhaltigen Konzept wählen und in kleinen familiären Restaurants essen.

Wichtig ist, dass jedem bewusst sein muss, dass das eigene Reiseverhalten Auswirkungen hat – im Negativen wie im Positiven.

Die Expertin: Martina von Münchhausen ist verantwortlich für das Tourismusprogramm des World Wild Fund (WWF) Deutschland im internationalen WWF-Zentrum für Meeresschutz in Hamburg.

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BRIGITTE 05/2021

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