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Japan Eine Reise in die alte Seele Nippons

Japan: BRIGITTE-Reporterin Meike Dinklage beim Aufstieg auf den Fuji
Höhenwahn? BRIGITTE-Reporterin Meike Dinklage beim Aufstieg auf den Fuji
© Oliver Soulas
Es ist das Land der Technologie, des Ehrgeizes, in dem Menschen bis zum Umfallen arbeiten. Aber es gibt auch noch die andere Seite, die Welt der Zen-Klöster, Tempel und Pilgerwege - BRIGITTE-Reporterin Meike Dinklage hat sich auf die Suche nach Japans alter Seele gemacht.

Die Reise beginnt - gibt es noch ein spirituelles Japan?

Es ist kurz vor Mitternacht, als ich aufgebe. Mir ist so schlecht, dass ich nicht mal mehr die Augen bewegen kann. Ich bin 400 Höhenmeter vom Gipfel des Mount Fuji entfernt, dem heiligsten Berg Japans, und kann nicht mehr weiter. Ich liege höhenkrank auf einer Hütte und weiß nicht, was schlimmer ist, der Brechreiz oder die Enttäuschung.

Es begann damit, dass ich vor meinem letzten Umzug meine Bücher aussortierte, es sollten nur die übrig bleiben, die mir wirklich etwas bedeuteten. Bei einem alten rororo-Taschenbuch musste ich nicht lange überlegen, "Der leere Spiegel" von Janwillem van de Wetering, die Geschichte eines jungen Holländers, der Ende der 50er-Jahre nach Kyoto reist, an die Tür eines Zen-Klosters klopft und sich den Mühen einer traditionellen Klosterausbildung aussetzt, immer im Widerstreit mit seinen westlich geprägten Bedürfnissen und einem Körper, der nicht für langes Sitzen gemacht ist. Mit 20 war ich von der Geschichte begeistert. Ich habe Zen in Deutschland geübt, aber immer dachte ich, dass Zen in Japan, dem Ursprung, eine viel tiefere Erfahrung sein muss.

Ich fand heraus, dass es das Kloster aus dem Buch noch gibt. Aber ich hatte auch Zweifel: das moderne Japan mit seiner Technologie-Gläubigkeit, seinem Bling-Bling, seiner Getriebenheit, den strikten sozialen Spielregeln, den Bankangestellten, die sich wegen Überarbeitung aus dem Fenster stürzen. Weterings Erzählung erschien in den 70ern, ist bald ein halbes Jahrhundert alt; ich suchte keine Erleuchtung mehr wie mit 20, sondern die Antwort auf die Frage, ob es das noch gibt: ein spirituelles Japan.

Japan: Tunnel mit mehr als 1000 roten Torii-Toren, die sich aneinanderreihen
Tunnel - Mehr als 1000 rote Torii-Tore reihen sich im Shinto-Schrein Fushimi Inari-Taisha in Kyoto aneinander
© Oliver Soulas

Ich setzte Kyoto auf meinen Reiseplan. Und den Mount Fuji, verehrt im japanischen Buddhismus und Shintoismus. Dazu Koya-san, die berühmte Stadt der Mönche, 2200 Einwohner, 700 Geistliche, 117 Tempel. Dort, bei so viel Geweihtheit, wollen Fotograf Oliver Soulas und ich beginnen.

Genauer gesagt beginnen wir am Info-Stand von Japan Railways am Flughafen von Osaka. Die Japaner sind Zugfahrer, das ganze Land durchzieht ein dichtes Streckennetz aus privaten Bahnlinien, für die man jeweils andere Tickets braucht. Es dauert eine Weile, bis wir das System verstehen, dafür werden wir mit perfekten Anschlüssen entlohnt. 22 Mal steigen wir während unserer Reise um, nicht einmal haben wir Verspätung.

Immer grüner und dichter wird der Bergwald, den wir unterwegs nach Koya-san passieren, kleine Wasserfälle rieseln auf die Gleise. Zuletzt steigen wir in eine Seilbahn, die 800 Meter knarzend den Berg Koya hinaufrattert. Im 9. Jahrhundert gründete der Mönch Kobo Daishi hier die Shingon-Religion, eine der größten Buddhismus-Schulen in Japan. In Koya-sans Blütezeit gab es mehr als 2000 Tempel. Heute erinnert der Ort eher an ein stilles, gemütliches Städtchen. Manchmal klappert ein Mönch auf Holzpantinen über den Gehweg.

Alles in Koya-san kreist um Erleuchtung

Viele Tempel sind inzwischen Gästehäuser, aber alle praktizieren noch die Riten des Shingon. Mein Zimmer liegt hinter einer mit Reispapier bespannten Schiebetür, ein traditioneller Raum mit weizengelben Tatami-Matten aus Stroh. Am Abend bringen zwei Angestellte einen Futon mit Laken darauf. Ich schlafe, bis um 5.45 Uhr ein Mönch im Ort mit einem baumstammdicken Holzpflock die fast 500 Jahre alte Daito-Glocke schlägt. Sie soll die "108 Leidenschaften", die Geißel der weltlichen Begierden, vertreiben.

Die erste Begierde, die sie mir austreibt, ist die nach frischem Obst und Kaffee. Zum Frühstück, das mir auf hockergroßen Tischchen im Zimmer serviert wird, gibt es das buddhistische Fastengericht Shojinryori: kleine Schälchen mit Reis, Rettich, Bohnen, Lotuswurzeln, Seetang, dazu pürierte Kartoffeln, die aus einem nicht erkennbaren Grund Fäden ziehen, und Tofu in diversen halbflüssigen Konsistenzen, weich, glibberig, geleeartig. Zu allem, was besonders undefinierbar ist, sagt die Angestellte aufmunternd "good for health" und zeigt nachdrücklich auf eine matschige Pflaume.

Alles in Koya-san kreist um Erleuchtung, selbst die Bäcker backen Tempelschmuck aus Zuckerwerk, gefüllt mit grünem Bohnenmus. Doch die Stadt ist kein Sinnsucher-Spot und Shingon keine Mitmach-Religion; die Riten sind kompliziert und ihre Ausübung den Geistlichen vorbehalten. Mönch Kurto Gensou, gebürtiger Schweizer und seit 20 Jahren in Koya-san, versucht gar nicht erst, uns die Feuer-Zeremonie zu erklären, die er jeden Morgen in seinem Tempel zelebriert: Was so aussieht, als würden die Mönche Reis und Senfkörner verbrennen und dazu Verse rezitieren, ist in Wahrheit eine im Detail mit Hingabe, innerer Haltung und Bedeutung aufgeladene Handlung.

Lieber gibt er uns Zeit, die Dinge auf uns wirken zu lassen. Okuno-in zum Beispiel, den berühmtesten und ältesten Friedhof Japans, eine verwunschene Welt: zehntausende windschiefe Grabsteine, überwuchert von Bäumen, deren fein ziselierte Rinde aussieht, als sammle sich darin der Strom der Zeit. In manche Stämme sind kleine Wichte mit roten Lätzchen eingewachsen, Jizo-Figuren, sie sollen die Seelen toter Kinder begleiten.

Japan: Friedhof Okuno-in in Koya-san
Stille - Der Friedhof Okuno-in in Koya-san ist der älteste Japans. Im neueren Teil mieten auch Firmen Gräber für ihre leitenden Angestellten
© Oliver Soulas

Die Gräber wirken wie verfallende, sich auflösende Gärten, in denen Stein zu Moos, Holz zu grauem Wasser wird. Ein elegischer Ort, wäre da nicht die Alltäglichkeit, mit der Mönche in blauen Arbeitskitteln das Laub fegen und die Torii reinigen, die geschwungenen Torbögen am Eingang vieler Gräber. Sie entstammen der Shinto-Religion, dem neben dem Buddhismus am weitesten verbreiteten Glauben. Die Japaner, sagt Kurto Gensou, seien nicht sehr dogmatisch. Oft wüssten sie nicht einmal, welches Ritual zu welcher Religion gehört. Sie blieben vor einem Schrein stehen, verbeugten sich und hofften, es würde etwas nützen.

Wir verlassen Koya-san voller Ehrfurcht

Wir verlassen Koya-san voller Ehrfurcht und mit dem Gefühl, dass der Berg seine Geheimnisse gut bewahrt. 130 Kilometer sind es bis Kyoto, wir stellen uns auf einen Großstadt-Flash ein, aber dafür ist Kyotos Altstadt viel zu gediegen mit ihren niedrigen Holzbauten und den engen Gassen, durch die manchmal eine Geisha huscht, selbst wenn sie vielleicht nur eine Kyoterin ist, die Spaß an der Maskerade hat.

Wir bestaunen die Sauberkeit trotz der fehlenden Mülleimer auf den Straßen (weil Japaner ihren Abfall mit nach Hause nehmen) und das Lautsprecher-Vogelgezwitscher an den Fußgänger-Ampeln bei Grün. Abends suchen wir einen Platz vor einem der vielen Lokale am Fluss Kamogawa, blicken aufs Wasser, auf dem sich die Blüten der uralten Kirschbäume sammeln, und überlegen, wie es sein wird, einen echten japanischen Zen-Tempel zu betreten. "Ich zog am Strang der riesigen grünspanbedeckten Kupferglocke, die im Gebälk des Tores hing", heißt es bei van de Wetering. "Ein feierlicher Moment; da stand ich, neugeboren, ein unbeschriebenes Blatt."

Der Daiji-in-Tempel im Norden Kyotos ist noch immer ein verborgener Ort. Er liegt im hinteren Teil eines größeren, nicht öffentlichen Tempelbezirks. Vorsteher Toda Seizan, ein freundlicher Mann in einer schwarz-weißen, tüllartigen Robe, stellt den Reisigbesen beiseite, mit dem er gerade die Holzveranda vor der Meditationshalle gefegt hat, und alles ist genau so, wie van de Wetering es beschrieben hat - die Stille, die Intensität des Ortes, die klaren Konturen der Büsche und Steine in den Zen-Gärten.

Als er Kind war, habe ein Mönch ihm vorhergesagt, dass er eines Tages selber Mönch werde, erzählt Toda Seizan; er habe ihm nicht geglaubt, er aß damals zu gern Fleisch. Toda Seizan wurde Buchhalter, aber dann heiratete er die Tochter des damaligen Vorstehers des Daiji-in-Tempels und wurde tatsächlich Mönch. Er isst kein Fleisch mehr, aber er verurteilt niemanden, der es tut. "Ein guter Asket ist nicht zwangsläufig ein guter Buddhist", sagt er.

Über 20.000 Zen-Tempel gibt es noch in Japan

Er bittet uns, auf der Veranda Platz zu nehmen und erzählt, dass sich seit Janwillem van de Weterings Zeiten im Klosterleben kaum etwas verändert hat. Die Mönche meditieren vor Sonnenaufgang, diskutieren mit dem ihnen übergeordneten Mönch ihre Koan - eine Art paradoxes Rätsel, das der Geist ohne aktives Nachdenken in der Meditation bewegen soll. Sie lesen Sutren, arbeiten im Kräutergarten, meditieren bis Mitternacht, alles folgt einem strengen Zeitplan.

Japan: Unsere Reporterin bei der Zen-Meditation
Unsere Reporterin bei der Zen-Meditation mit Mönch Toda Seizan im Daiji-in-Tempel in Kyoto - still werden, so gut es vor Aufregung geht
© Oliver Soulas

Dann läutet er eine Glocke, schlägt zwei Holzstäbe zusammen, legt die Hände im Schoß übereinander und wird still. Es ist ein seltsames Gefühl, neben ihm zu sitzen, ich bin sicher, er spürt, dass ich aufgeregt bin, was mir etwas peinlich ist, aber dann fängt mich die Ruhe des Ortes ein, und die Gedanken lösen sich für kurze Momente aus ihrer Ablenkung. "Übe für dich", sagt Toda Seizan danach, "Zen ist die Einladung in die Auflösung der eigenen Illusionen, es braucht kein Gegenüber."

Über 20.000 Zen-Tempel gibt es noch in Japan, viele Mönche haben inzwischen Nebenjobs, um zu überleben. Gerade mal zehn Jugendliche durchlaufen derzeit in allen 23 Tempeln der Anlage die Ausbildung, bald gibt es mehr Tempel als Geistliche. Toda Seizan sagt, er habe Glück, sein Sohn werde sein Amt übernehmen. "Die Zen-Kultur ist nicht tot", sagt er mit Nachdruck, aber er blickt melancholisch - die einzige Gefühlsregung, die er jenseits seiner gelassenen Heiterkeit zu erkennen gibt.

Heute ist der Mount Fuji dran

Es nieselt, als wir am nächsten Tag Gotemba, das Städtchen am Fuße des Fuji, 270 Kilometer östlich von Kyoto, erreichen. Ich blicke zum Berg hinauf, er liegt da wie ein Gemälde, weißer Schnee auf schwarzer Lava, ebenmäßig, streng. Ich habe vier Lagen Kleidung dabei, Handschuhe, Regenhose, außerdem Stirnlampe, 100-Yen-Münzen für die Chemieklos in den Hütten, Geld für den Notfall-Sauerstoff, den ich vielleicht brauchen werde, Blasenpflaster.

Unsere Guides, kernige Extremsportler aus aller Welt, erklären uns, dass wir einen steilen, aber dafür schnelleren und einsameren Weg gehen werden, die Hauptroute sei überlaufen, vor allem frühmorgens, wenn bis zu 4000 Menschen zum Sonnenaufgang auf den Gipfel strömen. Mehr als eine Viertelmillion pilgern jedes Jahr auf den Fuji, wegen des Wetters ist die Besteigung nur im Sommer empfehlenswert, aber auch dann ist der 3776 Meter hohe Berg kein Spaziergang: Die Temperaturen schwanken zwischen 30 Grad und unter Null auf dem Gipfel, die Wege sind schroff, die Höhe eine Herausforderung.

Ein älterer Mann und seine Tochter in unserer Gruppe wollen die Asche ihrer verstorbenen Ehefrau und Mutter auf dem Gipfel verstreuen. Sie sind die Einzigen, für die der Aufstieg eine spirituelle Bedeutung hat, die dem Berg der Überlieferung nach innewohnt - im Buddhismus weist sein Gipfel den Weg in eine andere Welt. Für die meisten anderen Teilnehmer geht es um Sport, Sightseeing und das Erlebnis des Gipfel-Ausblicks.

Die Sonne sticht, dann regnet es wieder, ich krame hundertmal die Regenjacke heraus und packe sie wieder weg. Wir passieren die Baumgrenze, manchmal klappt eine kleine Sonnenluke auf, dann sehen wir weit oben die Eisfelder. Ich spüre, wie die Luft dünner wird, die Anstrengung des Gehens und Atmens sperrt die Gedanken aus, ich setze nur noch einen Fuß vor den anderen. Gerade, als es kaum mehr geht, ich an einer steilen Felsentreppe nach jeder Stufe fünf Minuten bis zur nächsten ausruhen muss, erreichen wir die letzte Hütte vor dem Gipfel.

Japan: Die Wander-Gruppe beim essen in der letzten Hütte vor dem Gipfel
Einkehr - Eine Stärkung auf der letzten Hütte vor dem Gipfel
© Oliver Soulas

Der Wirt wärmt Nudeln, Reis und Soße auf Gaskochern; sobald wir gegessen haben, treibt er uns in den Schlafraum, einem Pritschenlager auf zwei Ebenen, um Platz für Nachzügler zu schaffen. Mein Liegeplatz ist so schmal, dass ich die Arme über der Brust verschränken muss; würde ich mich auf die Seite drehen, würde ich mit meinen Nachbarn unweigerlich in die Löffelchenstellung rutschen. Um kurz nach zwei sollen wir geweckt werden, um pünktlich zum Sonnenaufgang oben zu sein. "Es kann sein, dass ihr Übelkeit und Kopfschmerzen bekommt", sagt der Guide, "trinkt so viel ihr könnt, das ist das Einzige, was gegen die Höhenkrankheit hilft."

Vor lauter Übelkeit kann ich die Sonne nicht sehen

Ich gehe noch einmal nach draußen, zu den Toiletten, auch wenn meine Nieren in der Höhe nicht richtig arbeiten. Es ist eisig, der Mond ist durch die Wolken gebrochen, die Lichter im Tal blinken wie aus einer anderen Welt, die mich hier oben nicht berühren kann. Der Berg ist jetzt die Realität und die Zivilisation Science-Fiction. Vielleicht ist das der Übergang, den die Buddhisten hier oben vermuten, die Relativierung des eigenen Seins, Transzendenz im Frühstadium. Es ist einer der schönsten Momente auf dieser Reise.

Der Härteste erwartet mich ein paar Stunden später: Ich wache auf meiner Pritsche auf, mein Kopf dröhnt, und mein Magen dreht sich. Ich setze mich hin, neben und unter mir schnarchen 80 Wanderer oder flüstern oder kramen in ihren Rucksäcken. Ich versuche, nur zu atmen, durchzuhalten. Drei Stunden sitze ich so, versuche zu akzeptieren, dass ich es nicht nach oben schaffen werde, dann siegt der Wille über den Körper. Langsam, Handgriff für Handgriff packe ich meine Sachen, binde die Schuhe, stütze mich auf meine Stöcke und gehe hinaus.

Japan: Zwei Personen beim Aufstieg zum Vulkan Fuji
Der Aufstieg zum Vulkan Fuji - der Weg hinauf führt über Geröll, bei jedem Schritt droht Rutsch-Gefahr
© Oliver Soulas

Die Hälfte der Gruppe ist im gleichen Zustand wie ich, die meisten gehen los und drehen dann wieder um, aber ich will unbedingt. Der Guide sagt: "Solange du dich nicht übergibst, ist es in Ordnung, wenn du spuckst, musst du runter", also beschließe ich, mich auf keinen Fall zu übergeben.

Und so gehe ich, nur noch atmende Masse, die letzten 400 Höhenmeter den Berg hinauf, und als ich oben bin, sinke ich zusammen, fühle mich, als müsste ich vor Übelkeit und Migräne sterben und kann nicht mal gucken, wie die Sonne aufgeht.

Der Weg hinunter ist kein Abstieg, eher ein permanentes Abrutschen im Geröll, einige stürzen, schlagen sich die Knie auf, ein Paar bleibt aus Erschöpfung gleich auf der Hütte und lässt sich von einem Bulldozer evakuieren. Aber mein Kopf wird von Meter zu Meter klarer. Als ich unten eintreffe, steht da ein freundlicher Japaner und spritzt meine Schuhe mit Wasser sauber. Ich kaufe mir ein Softeis aus Sojamilch; eine Schwedin, die 4000er sammelt, besorgt sich einen "I conquered Fuji Mountain"-Sticker. Ich nicke ihr zu, aber ich weiß, dass sie sich täuscht: Es geht nicht ums Besiegen.

Der Ehrgeiz hat mich zum Gipfel geführt, aber da saß ich und konnte die Sonne nicht sehen. Zen-Mönch Toda Seizan sagte: "Erkenntnis findest du nirgendwo außer in dir selbst." Egal, wie hoch der Berg ist, auf den man dafür steigt.

Meikes Japan-Tipps

PAUSCHALREISEN

Wer sich die Reise durch Japan auf eigene Faust nicht zutraut, kann aus einer großen Zahl an Pauschalreisen unterschiedlicher Länge, Preisklasse und thematischer Ausrichtung wählen. Für spirituell Interessierte ist "Pilgerwege & heiße Quellen" von a&e Erlebnisreisen besonders interessant: Die Reise führt max. 12 Teilnehmer von Tokio in die Samurai-Stadt Kamakura, nach Hiroshima, Osaka und Kyoto. Außerdem ist ein ganzer Tag für Koya-san reserviert, wo in einer Tempelherberge übernachtet wird. Ein Bad in einer Onsen-Quelle ist ebenso Bestandteil der Reise wie zwei Etappen auf dem Kumano-Kodo-Pilgerweg (15 Tage, inkl. Flug, Transfers und Programm, ab ca. 5500 Euro im DZ/F, www.ae-erlebnisreisen.de).

RUMKOMMEN

Japan ist Zugfahrerland, und obwohl die Schriftzeichen zunächst verwirren, findet man auf den Anzeigetafeln an den Bahnhöfen stets den Zielort seines Zuges in lateinischen Buchstaben. Um den Trip zu planen, empfiehlt sich die Internet-Seite HyperDia, die minutiös die besten Verbindungen für ganz Japan heraussucht (www.hyperdia.com/en/), inklusive Fahrpreis und der Möglichkeit einer Sitzreservierung. Man muss nur Abfahrts- und Zielort eingeben. Praktisch: Der "Japan Railway Pass", mit dem man alle Züge der ehemals staatlichen Bahngesellschaft Japan Railway (JR) für ein bis drei Wochen nutzen kann (ab 212 Euro für 1 Woche). Man bestellt vorab bei Japan Experience (www.der-japan-rail-pass.de), der Pass wird als Voucher verschickt und dann vor Ort aktiviert.

TEMPEL

Koya-san ist Japans einzigartige Tempelstadt. Es gibt 117 Tempel, in knapp der Hälfte kann man auch übernachten, zum Beispiel im Fukuchi-in (ab
112 Euro inkl. 2 Mahlzeiten, www.japaneseguest houses.com). Viele Tempel bieten auch die Möglichkeit, an den Zeremonien teilzunehmen, zum Beispiel der Muryoko-in (www.muryokoin.org/int/). Auch in vielen klassischen Zen-Tempeln kann man übernachten, seit Kurzem auch im Daiji-in-Tempel in Kyoto, den ich besucht habe. Buchung unter www.tabikyo-japan.com, Preis auf Anfrage.

FUJI-BESTEIGUNG

Saison

Die Besteigung des Mount Fuji wird von Anfang Juli bis Anfang September empfohlen; während des restlichen Jahres sind die Wetterwechsel zu extrem, der Aufstieg würde dadurch zu gefährlich. Das Wochenende sollte man meiden, dann sind sehr viele japanische Touristen unterwegs. Ein Abenteuer ist die Übernachtung in einer der Hütten, etwa 400 Höhenmeter unterhalb des Gipfels - auch wenn Schlaf aufgrund der Enge oftmals nicht möglich ist.

Pakete

Der deutsche Veranstalter Tischler-Reisen hat die im Text beschriebene Fuji-Besteigung auch in der Nebensaison im Programm. Auf diesen Touren wird die Subashiri-Route bestiegen, die über die Ostseite des Berges verläuft. Die Strecke ist lang und mittelschwer, dafür wenig bevölkert und im unteren Teil bewaldet. Kleingruppe mit max. 12 Personen, englischsprachiger Bergführer, inkl. Übernachtung im Gemeinschaftslager, Mahlzeiten und Transfers ab/bis Tokio ab 448 Euro (www.tischler-reisen.de).

Hauptrouten

Neben der Subashiri-Route gibt es noch drei weitere Touren auf den Fuji: Yoshida (die beliebteste, weshalb es wegen der Menschenmassen oft nur Stop-and-go vorangeht), Gotemba (sie beginnt fast 900 Meter unterhalb von Yoshida und ist entsprechend lang und anstrengend), Fujinomiya (die kürzeste, allerdings ist der Sonnenaufgang beim Aufstieg nicht zu sehen).

Aufstieg & Ausrüstung

Bis zur obersten Hütte dauert es je nach Route und persönlicher Verfassung bis zu acht Stunden. Man muss keine Bergerfahrung haben, aber eine gute bis sehr gute Konstitution mitbringen. Die Temperaturen können auf einer Tour zwischen 30 und minus 5 Grad schwanken, daher unbedingt eine Lage warme Kleidung unter das regenfeste Wander-Outfit ziehen. Wanderstöcke sind für den rutschigen Abstieg sehr wichtig. Als Zubehör sollte man dabeihaben: Taschenlampe/Kopflampe, Sonnenschutz, 100-Yen-Münzen für die Toiletten, nahrhafte Snacks.

WENN ICH DAS GEWUSST HÄTTE

Sorgen um Lebensmittel, die Durchfall verursachen, muss man sich in Japan nicht machen. Selbst Speiseeis vom Straßenstand kann man unbedenklich essen. Den Melonensaft hätte ich also wunderbar mit Eiswürfeln trinken können.

TELEFON

Die Vorwahl von Japan ist 00 81.

Mehr Infos findest du auf der Seite der japanischen Fremdenverkehrszentrale www.jnto.de

Brigitte 08/2018

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