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Finnland-Reise Auf der Suche nach dem Winter

Rasant – Schlittentour mit Huskys
Rasant – Schlittentour mit Huskys
© Florian Jaenicke
Um mal wieder richtig Winter zu erleben, fuhr BRIGITTE-Autorin Susanne Arndt nach Finnland. Es war zwar oft dunkel, aber ein paar Dinge brachten ihre Seele zum Leuchten.

Auf der Ostsee rutsche ich aus, dabei habe ich nicht mal Schlittschuhe an. "We are walking on water!", hatte ich gerade noch gebrüllt, die Arme hochgerissen, und schon lag ich flach. Es ist mein erster Tag in Finnland und ich gehe mit Himja auf dem Meer spazieren. Sie wohnt auf einer von rund 40 000 Schäreninseln, die zu Turku, der ältesten Stadt des Landes, gehören – und öffnet Reisenden ihr Haus, um ihnen den finnischen Way of Life zu zeigen. Himja ist Winter-Fan: "Das ist meine liebste Jahreszeit", schwärmt sie, "die Natur ist so friedlich und ich kann jeden Morgen mit meinen Schlittschuhen auf die Ostsee."

Stille – Ob beim "Arctic Floating" oder Schneeschuhwandern im Fichtenwald - im winterlichen Finnland muss niemand Lärm fürchten
Stille – Ob beim "Arctic Floating" oder Schneeschuhwandern im Fichtenwald - im winterlichen Finnland muss niemand Lärm fürchten
© Florian Jaenicke

Winter? Muss ich erstmal wieder üben

Als wir zu ihrem Haus zurückgehen, galoppieren sechs Rehe durch den verschneiten Vorgarten. Drinnen bollert ein Feuer im Kamin und Himja serviert heißen Glögi und Blaubeersaft. Wir sitzen auf Baumstamm-Hockern, stecken die Nationalwurst "Makkara" auf lange Metallspieße und halten sie über die Flammen. Ich werde ungeduldig, weil meine nicht gar werden will. "Das ist eine Übung in Achtsamkeit", lacht Himja, "du musst eins werden mit deiner Wurst!" Plötzlich ist das Ding verkohlt. Winter, mit allem, was dazugehört, muss ich wohl erst mal üben.

Genau deshalb bin ich hier. In meiner Heimatstadt Hamburg hat der Winter sich schon lange nicht mehr blicken lassen. Lang und kalt war er früher in meiner süddeutschen Kindheit, weiß und irgendwie zauberhaft. In Finnland möchte ich mich langsam wieder an den Winter herantasten: mit Eislaufen beginnen, dann vielleicht Eisangeln auf einem der fast 188 000 Seen und als Finale: Eisbaden. Während wir im Winter in die warme Wanne steigen, steigen die Menschen in Finnland nämlich ins Eisloch. Denn ihre nationale Identität beruht großteils auf "Sisu". Schwer übersetzbar, meint es Durchhalten und Grenzen überwinden, egal, wie weh es tut. Das will ich auch können.

Ich starte in Turku, Finnlands ältester Stadt

Licht – Abends am Aurajoki in Turku
Licht – Abends am Aurajoki in Turku
© Florian Jaenicke

Dunkel ist es in Turku überraschenderweise schon mal nicht: In der Morgensonne funkelt der Schnee bei minus 13 Grad wie Glitzer, als wir am gefrorenen Fluss Aurajoki über den weißen Teppich von der Burg zur Markthalle stapfen. Turku entpuppt sich als entspannte Foodie-Stadt – ideal, um sich den Winterspeck anzufressen, den man beim Eisbaden garantiert gut gebrauchen kann. Als wir uns zum Mittagessen setzen, tiefstapelt Stadtführerin Olga: "Wir essen hier nur Fisch und Kartoffeln." Was sie nicht sagt: Dass die Finn:innen Leckereien daraus zaubern. Regenbogenforellen, die im Mund zergehen, geräucherte Cremes mit Fischrogen, raffinierte Puffer und Pürees. Und die "Laskiaispullat", Windbeutel mit Sahne und Konfitüre, schmecken in der schönen alten Markthalle am besten. Großzügig beheizt ist sie ideal zum Aufwärmen. Vor allem nach dem Schlittschuhlaufen im Kupittaa-Park, das ich meistere, ohne mir was zu brechen.

Eispalast – Farbenfrohe Holzhäuschen auf den Ostsee-Schäreninseln
Eispalast – Farbenfrohe Holzhäuschen auf den Ostsee-Schäreninseln
© Florian Jaenicke

Ins Winterwunderland der Finnischen Seenplatte

Genug akklimatisiert! Mit Fotograf Florian steige ich in den Zug ins Winterwunderland der Finnischen Seenplatte. In der Region Jyväskylä wollen wir sämtliche Winterfreuden ausprobieren, die Finnland für uns bereithält: Eisangeln, Hundeschlittentour, Rentierstreicheln und Sauna mit anschließendem Eisbaden ...

Zappelig – BRIGITTE-Autorin Susanne Arndt mit selbst gefangenem Rotauge
Zappelig – BRIGITTE-Autorin Susanne Arndt mit selbst gefangenem Rotauge
© Florian Jaenicke

Bevor ich mich selbst ins Eisloch stürze, halte ich aber erst mal nur eine Angel rein – beim Eisfischen mit Guide Sami auf einem See, der von verschneiten Fichtenwäldern gesäumt ist. Doch was Finnen für meditativ halten, zieht mich runter. Als ich in mein selbst gebohrtes, kreisrundes Eisloch starre, muss ich an Abwasserrohre denken. Und beneide fröstelnd die Tiere um ihr Fell. Paavo, der mich gestern auf seiner Farm die Rentiere kraulen ließ, erzählte, dass sie erst ab minus 45 Grad frieren, weil ihre Haare wie bei Eisbären mit körperwarmer Luft gefüllt sind. Und Timo, der mit mir im Hundeschlitten durch den weißen Wald gefegt ist, sagte, dass Huskys zwei Schichten Fell hätten. "Unterwäsche quasi", hatte er gebrummelt und dabei seine beiden Wollmützen zurechtgerückt. Die Angel zuckt – ein Fisch! Beziehungsweise ein "Särki", ein Rotauge, wie Sami präzisiert, der gerade ein Feuer auf dem Eis entzündet. Der Särki zappelt panisch und ich werfe ihn genauso panisch zurück ins Loch. Wir grillen lieber die Makkara, die wir mitgebracht haben, und dieses Mal wird sie perfekt.

Rudi live – Süße Rentiere sieht man allerorten
Rudi live  Süße Rentiere sieht man allerorten
© Florian Jaenicke

Nach dem Tag auf dem Eis freue ich mich doppelt auf die allabendliche Sauna. Sie hat eine Fensterfront zum See, die Scheibe ist noch mit Eisblumen verziert, als wir das Holz hacken und entzünden. Als ich endlich drinsitze, lasse ich mich von den Schneewolken hypnotisieren, die der Wind vom Dach wirbelt. Versonnen starre ich vor mich hin, wie beim Eisangeln, nur besser, da kommt Florian vom See gerannt und brüllt: "Ich war drin!" – "Glaub ich nicht!" – "Doch!" – "Zeig!" Wir rennen barfuß durch den Schnee zum Wasser und Florian geht rein, er schwimmt sogar ein Stück, verdammt, ich krieg nicht mal einen Fuß rein. Danach ist er total euphorisch: "Ist das GEIL! Wie auf DROGE!" Er schüttelt sich, hüpft in die Luft und schwärmt von der "IRREN Wärme". Am Eisbaden scheint wirklich was dran zu sein.

Übungen im Frieren: Arctic Floating und Waldbaden im Schnee

Trotzdem buche ich zunächst "Arctic Floating". Dabei geht man auch ins Eisloch, aber in einem Neopren-Trockenanzug, den man über die Kleidung zieht. Tollerweise wärmt das knallrote Kostüm nicht nur, es gibt auch Auftrieb.

Und so liege ich schwerelos auf dem Rücken im Eiswasser und blicke in den weißen Himmel, zu dieser gigantischen Schneemaschine, die den ganzen schönen Winter hier produziert.
Schwerelos - BRIGITTE-Autorin Susanne Arndt beim "Arctic Floating"
Schwerelos - BRIGITTE-Autorin Susanne Arndt beim "Arctic Floating"
© Florian Jaenicke

Ich bin entspannt wie lange nicht, auch wenn ich schon überlege, worin ich jetzt noch baden könnte, um für meine Feuer-, oder besser Eisprobe zu trainieren. Hatte ich gestern nicht von "Metsäkylpy", Waldbaden, gelesen?

Zwei Tage später stapfe ich mit Stirnlampe auf dem Kopf und Isomatte unterm Arm durch einen nächtlichen Wald. Gleich legen wir uns in den Schnee – bestimmt eine gute Vorbereitung fürs Eisbaden. "Im Lichtkegel sieht man alle Details, das ist super für die Achtsamkeit", sagt Pirjo, die das Waldbaden anleitet. Die Stämme funkeln im Licht, junge Kiefern biegen sich unter der Last ihrer weißen Wintermäntel. Knietief stehen sie im Schnee, und auch wir sinken mächtig ein, als wir den Pfad verlassen, um unsere Matten auszurollen. Eigentlich ein Horror, nachts im Winterwald zu liegen, doch ich fühle mich seltsam geborgen, als ich den Wipfeln dabei zusehe, wie sie sich sanft in den Schlaf wiegen. Fast schlafe ich auch ein – wäre da nicht der nagende Gedanke, dass ich mich nun nicht länger vorm Eisbaden drücken kann.

Heute muss es sein

Heute muss es sein. Es ist der letzte Abend und Markus bringt uns mit dem Schneemobil zu einer Sauna am Fluss, wo es besonders schön sein soll. Er knallt die Kühlbox voller Getränke auf den Boden und mahnt: "Hier nicht ins Wasser gehen, die Strömung ist zu stark!" – Wie bitte? Kein Eisbaden? Das nenne ich mal Schicksal! Erleichtert gleite ich nach dem Schwitzen in den blubbernden Jacuzzi auf der Veranda des Saunahauses, dümple mich schrumpelig und lausche dem Fluss.

Okay, da ist jetzt keine Euphorie, kein Rausch, aber ganz viel Wonne. Das knallharte Sisu der Finn:innen ist wohl nichts für mich, aber aus einer warmen Wanne betrachtet ist der Winter paradiesisch. Was will ich mehr? Glücksgefühle, nur weil ich was Schreckliches hinter mich gebracht habe? Ein paar Meter weiter wälzt Florian sich nackt und ächzend im Schnee, das ist die finnische Alternative zum Eisbaden. Ich beneide ihn nicht.

Die Reisetipps für den Winter in Finnland

Statisch – Skulpturen am Aurajoki in Turku
Statisch  Skulpturen am Aurajoki in Turku
© Florian Jaenicke

Hotels in Finnland

Solo Sokos Hotel Turun Seurahuone. Geschmackvolles, zentral gelegenes Hotel aus den Zwanzigern mit allem Komfort und wunderbarem Frühstück. DZ/F ab 169 Euro (Turku, Humalistonkatu 2, Tel. 010/786 40 00, sokoshotels.fi).

Himos Holiday Resort. In dem weitläufigen Resort, das sich über mehrere Dörfer erstreckt, lässt sich fast alles buchen, was der Winter zu bieten hat: Eisangeln, Schneemobilsafaris, Hundeschlittentouren (45 Euro), Langlauf, Saunaerlebnisse und mehr. Es gibt fünf Restaurants und Ferienhäuser ab 100 Euro/Nacht (Jämsä, Länsi-Himoksentie 4, Tel. 020/711 92 30, himoslomat.fi).

Varjola Resort. In dem kleinen Resort, seit Jahrzehnten in Familienhand, kann man ebenfalls viel Winter erleben, z. B. Arctic Floating ab 50 Euro. DZ/F ab 105 Euro, die schönen "Lakeside Glas-Iglus" kosten ab 300 Euro (Kuusa, Vilppulantie 51, Tel. 020/792 80 80, varjola.com).

Restaurants in Finnland

Im Restaurant "Oobu" in Turku wird mit Blick auf den Aurajoki inmitten skandinavischer Designklassiker moderne Schärenküche serviert, z. B. eine sensationelle Regenbogenforelle, mittags für 12 Euro (www.oobu.fi).
Im Restaurant "Oobu" in Turku wird mit Blick auf den Aurajoki inmitten skandinavischer Designklassiker moderne Schärenküche serviert, z. B. eine sensationelle Regenbogenforelle, mittags für 12 Euro (www.oobu.fi).
© Florian Jaenicke

Turun Kauppahalli. Rentierschinken, Krabben, Zimtschnecken: In der Markthalle von 1896 werden wie anno dazumal liebevoll angerichtete Köstlichkeiten feilgeboten. Internationale Lunch-Auswahl (Turku, Eeri-kinkatu 16, kauppahalli.fi).

Panimoravintola Koulu. In der ehemaligen Schule kann man sich in der Turnhalle mit Kaurismäki-Flair am Mittagsbuffet (10,50 Euro) satt essen. Dazu werden 35 Biersorten angeboten (Turku, Eerikinkatu 18, panimoravintolakoulu.fi).

Café Qwensel. Im ältesten Holzhaus Turkus werden im Originalambiente Kuchen serviert, die auch anno 1700 schon gebacken wurden. Walnusskuchen 5 Euro (Turku, Läntinen Rantakatu 13 b, cafeqwensel.fi).

Smör. Tolle, kreative Küche, lokal und bio. Vier-Gang-Menü 60 Euro, auf Wunsch mit Weinbegleitung (Turku, Läntinen Rantakatu 3, Tel. 020/536 94 44, smor.fi).

Patapirtti. Frohnatur Tarja kocht auf dem Hof ihrer Großeltern mit ganz viel Liebe: flambiert ihre Äpfel mit Zimt-Wodka (13 Euro), brät Fische und setzt Wein aus eigenen Beeren an. "Ich wollte immer reisen", sagt sie, "aber ich bin so glücklich hier, dass ich die Welt lieber zu mir kommen lasse" – deshalb vermietet sie auch Zimmer. DZ/F ab 125 Euro (Jämsä, Jyväskyläntie 848, Tel. 045/651 14 05, patapirtti.fi).

Erleben in Finnland

In Naantali, dem charmanten Städtchen nahe Turku, wohnen die Muumin-Trolle in einem kleinen Themenpark (muuminmaailma.fi).
In Naantali, dem charmanten Städtchen nahe Turku, wohnen die Muumin-Trolle in einem kleinen Themenpark (muuminmaailma.fi).
© Florian Jaenicke

Erlebnisse mit Einheimischen. Finn:innen öffnen Reisenden ihre Türen: Einen Nachmittag bei Himja gibt es ab 160 Euro (localhomevisit.fi/shop/villa-mare-home-visit). Weitere Erlebnisse, etwa Kochen und Backen bei Noora (98 Euro, Stichwort "Laukaa") oder Waldbaden mit Pirjo (39 Euro, Stichwort "Laajavuori") unter doerz.com.

Ökumenische Kunstkapelledes Heiligen Henrik. Die Kapelle des Pfarrers und Künstlers Hannu Konola liegt wie ein Kupferfisch auf einem Hügel. Das puristische Innere aus Kiefernholz erzeugt ein einzigartiges Raumgefühl (Turku, Hirvensalo, Seiskarinkatu 35, taidekappeli.fi).

Finnland im Winter: Kunstkapelle des Heiligen Henrik
Magischer Raum: Die Ökumenische Kunstkapelle des Heiligen Henrik
© Florian Jaenicke

Hirvikartano. In Paavos kleinem Zoo Elche und Rentiere streicheln, Spannendes über die Tiere lernen - und dann am großen Kamin Hausmannskost essen. Wem das nicht zu makaber ist: Das Rentier in Rotwein ist köstlich (34 Euro). Bei Verzehr eines Hauptgerichts wird der Eintritt (7 Euro) angerechnet (Jämsä, Heinäseläntie 381, hirvikartano.fi).

Einkaufen in Turku

PUF. Kleidung, Wohnaccessoires, Schmuck: lässiges Design, größtenteils aus Turku. Bunte Ohrringe aus Birkenholz gibt‘s ab 25 Euro (Turku, Linnankatu 6, pufstore.com).

KUI Design. Kreatives aus Turku: Schmuck, Taschen, Tassen. Bommelmütze ab 26 Euro (Turku, Kristiinankatu 6, kuidesign.fi).

Marimekko Turku. Wer die legendären Dessins liebt, kann sich hier mit Kleidung, Geschirr, Stoffen, Handtüchern oder Taschen eindecken. Tasse ab 22 Euro (Turku, Aurakatu 10, Hansakortteli, marimekko.com).

Telefon

Die Vorwahl für Finnland ist 003 58, bei Anrufen aus dem Ausland die 0 der Ortsvorwahl weglassen.

Hätte ich das gewusst …

Am Flughafen von Helsinki kann man in aller Ruhe die besten Mitbringsel kaufen: Alvar-Aalto-Vasen, Marimekko-Mode, Muumins-Merch – was das Herz begehrt und mehr, als man tragen kann!

Unbedingt einpacken ...

Sonnenbrille für die Augen, Zehenwärmer für die Füße, Coldcream fürs Gesicht.

Mehr Infos findest du hier: visitfinland.com

Brigitte

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