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Mit dem Kanu durchs Weserbergland Jeder Kuss eine Wackelpartie

Weserbergland: Jeder Kuss eine Wackelpartie
© Marc Venema / Shutterstock
Zu zweit in einem Boot durchs Weserbergland, vorbei an Fachwerkstädtchen, Burgen und Schlössern: Romantischer geht’s nicht - oder? Johanna, 28, und Robby, 32, seit gut einem Jahr ein Paar, waren auf großer Fahrt.

Johanna: Die Tour durchs Weserbergland war wunderbar meditativ. Alles glitt ruhig an einem vorbei, die Auen, die Dörfer, die Kühe, die Schafe. Manchmal war es einfach schön, zusammen zu schweigen. Während man paddelt, kann man nicht reden, da sammeln sich viele Gedanken im Kopf. Die konnten wir dann, wenn wir mal nur dahingetrieben sind, loslassen und gemeinsam weiterspinnen.

Robby: Die Augen waren die ganze Zeit mit der Natur beschäftigt, die Gedanken haben sich manchmal verloren. Ich hab mich oft in Ritterzeiten geträumt; im Weserbergland gibt es so viele alte Burgen, Klöster und Schlösser, wie etwa das Wasserschloss von Hehlen. Und ich mag diesen anderen Blickwinkel: vom Wasser aufs Land.

Johanna: Robbys Käptn-Ader kannte ich bisher nicht. Er ist Bootsbauer, saß immer hinten und hat seinen Lenkjob sehr ernst genommen. Ich habe mich aber bald daran gewöhnt, von ihm Kommandos entgegenzunehmen. Wir waren schnell gut eingespielt und hatten es raus, dass wir die Paddel am besten gleichzeitig eintauchen. Im Gegenrhythmus, wenn man das abwechselnd macht, fängt das Boot nämlich an zu wackeln.

Robby: In den Pausen an Land habe ich es besonders genossen, Johanna endlich wieder ins Gesicht gucken zu können. Mit der Zweisamkeit im Boot ist das schließlich so eine Sache, man sitzt ja immer hintereinander. Ich habe stets nur Johannas Rücken gesehen und konnte sie nicht verstehen, weil sie immer nach vorn geredet hat. Ein Tretboot wäre für die Romantik besser gewesen. An Land konnte ich sie dann endlich küssen, ohne dass sie sich umdrehen musste und das Boot zu kentern drohte.

Johanna: Unterwegs kamen wir an Orten vorbei, die viel zu erzählen haben. In Hameln mit seinen hübschen Fachwerk- und Weserrenaissance-Bauten habe ich im Museum sogar ein Bild zu meiner Geschichte entdeckt. Es zeigt, wie der Rattenfänger und die Kinder von Hameln, die der Sage nach "in einem Berg" verschwunden sein sollen, im rumänischen Hamlesch wieder ans Licht kommen. Meine Mutter lebt in Hamlesch, sie hatte mir von dieser Legende erzählt. Jetzt glaube ich ihr.

Robby: Bodenwerder ist der Geburtsort des Lügenbarons von Münchhausen. Alle möglichen Skulpturen und Denkmäler erinnern an ihn, in der Klosterkirche Kemnade ist seine Grabstätte, und auf einer Freilichtbühne in der Altstadt wird jeden zweiten Sonntag ein Musical aufgeführt. Am tollsten fand ich das Münchhausen-Museum, da war eine Geschichtenerzählerin, die hätte ich am liebsten mit ins Hotel genommen, damit sie weitererzählt, bis wir eingeschlafen sind.

Robby: Wenn Johanna nervös wird, dann wird sie schnippisch. Beim Anlegen fing sie oft an zu fauchen. Da war sie immer nervös, man landet nämlich schnell im Schilf und muss dann gegen die Strömung zurückpaddeln. Das war am Anfang ein Rumgeeire, am Ende waren wir aber eingetaktet wie eine Maschine. Das Tolle an dieser Strecke: Es gibt so viele Anlegestellen, jeder Biergarten und jeder Campingplatz hat seinen eigenen Steg.

Die Route

Mit dem Kanu durchs Weserbergland: Jeder Kuss eine Wackelpartie
© BRIGITTE

1. Tag: Einstieg für die Paddeltour in Hannoversch Münden auf der Insel Tanzwerder beim Weserstein. Entlang der Deutschen Märchenstraße geht es dann durch den verwunschenen Reinhardswald und vorbei an der Ruine der Bramburg bis Oedelsheim (ca. 25 km).

2. Tag: Weiterfahrt bis Bad Karlshafen. Ausstieg am Kanusteg des Campingplatzes am anderen Ufer. Hier kann man das Boot auf einer Wiese deponieren (den Campingplatz-Besitzer aber informieren!). Über die Brücke gelangt man in fünf Minuten zu Fuß in die Altstadt oder in die Weser-Therme (ca. 19 km).

3. Tag: Durch Auen, Buchenwälder und vorbei an den 75 Meter hohen Hannoverschen Klippen aus Buntsandstein über Beverungen bis Schloss Corvey. Hier vorsichtig und gegen die Strömung anlegen - stark an dieser Stelle! Boot am Anleger lassen (ca. 22 km).

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4. Tag: Weiter zur Duftstadt Holzminden (bester Anleger: hinter der ersten Brücke links) und auf eine Currywurst in die Hafenbar am Weserkai. Auf der Weiterfahrt in Polle Vorsicht vor der großen Fähre: am rechten Ufer warten, bis sie nach links ablegt, dann möglichst schnell hinter ihr vorbeipaddeln. Nach Passieren der Burgruine Polle und der Tonenburg in Bodenwerder anlegen. Ausstieg am rechten Ufer, dort kann man das Boot auf eine Wiese legen - unbewacht (ca. 42 km). Alternative für alle, die sich diese längste Etappe nicht am Stück zutrauen: in Polle übernachten.

5. Tag: Vorbei an Fachwerkdörfern, Wiesen und Steilhängen zur Mittagspause nach Grohnde: Ausstieg direkt hinter der Fähre, anschließend damit zum Grohnder Fährhaus übersetzen. Kurzer Spaziergang zwischen den romantischen Fachwerkhäuschen, dann weiter nach Hameln. Achtung: Etwa drei km vor der Stadt staut sich die Weser vor einem Wehr fast zum See, es gibt kaum Strömung - genug Zeit einplanen! (ca. 24 km)

Den Bach runter ...

... geht Ihre Reise mit diesen Tipps garantiert. Soll sie ja auch! Was Sie zusätzlich mitbringen müssen, sind starke Arme: zum Vorankommen - und für romantische Stunden.

Reise-Tipps Weserbergland

Herumkommen

Mietboote Zweier-, Dreier- und Viererkanadier verleiht der Besitzer des Weser Aktivhotels Corvey. Vom Hotel aus fährt er Paddler plus Boot nach Hannoversch Münden zum Einstieg und holt sie nach der Tour in Hameln wieder ab. Zweierkanadier 190 Euro (Krome Kanu, Corvey 1, 37671 Höxter, Tel. 052 71/694 68 66, Fax 694 68 67, www.krome-kanu.de). Tipp: Ein langes Fahrradschloss zum Sichern des Bootes während der Reise mitbringen!

Unterkommen

Alter Packhof Ehemaliges Lagerhaus am Zusammenfluss von Werra und Fulda. Das familiäre Vier-Sterne-Hotel hat geräumige Zimmer, zum Teil mit Blick auf den Fluss und die Insel Tanzwerder. An der Bar ein Gläschen Hardenberger, den Schnaps der Region, probieren! DZ/F ab 119 Euro (Bremer Schlagd 10-14, 34346 Hannoversch Münden, Tel. 055 41/988 90, Fax 98 89 99, www.packhof.com).

Kronenhof Nur fünf Gehminuten von der Anlegestelle in Oedelsheim, mit kleiner Terrasse in einem Obstgarten. In dem Drei-Sterne-Hotel an der Deutschen Märchenstraße ist jedes Zimmer nach einer Grimmschen Geschichte benannt. Keller mit kleiner Sauna, Liegen und Solarium, im Restaurant gibt’s Wildund Fischspezialitäten. DZ/F ab 65 Euro (Bremerstr. 11, 34399 Oberweser- Oedelsheim, Tel. 055 74/958 30, Fax 95 83 49, www.kronenhof-oedelsheim.de).

Alt Carlshaven Kleine Apartments mit Blick auf die Weser, Küche und großem Bad, etwas eigenwillig im provenzalischen Stil eingerichtet, aber gemütlich. Der sehr freundliche Besitzer erzählt gern Geschichtchen über Bad Karlshafen. DZ/F ab 70 Euro (Weserstr. 23, 34385 Bad Karlshafen, Tel. 056 72/92 51 00, Fax 92 51 02, www.altcarlshaven.de).

Weser Aktivhotel Corvey In den alten, umgebauten Gesindehäusern von Schloss Corvey. Einfache, aber puristisch-schöne Einrichtung, großer Frühstücks- und Aufenthaltsraum und Terrasse mit Blick auf den Schlossgarten. Der Besitzer ist Vollblut- Kanut und informiert gern über Fluss und Sport. DZ/F ab 47 Euro (Domäne Schloss Corvey, 37671 Höxter, Tel. 052 71/694 68 66, Fax 694 68 67, www.weser-aktivhotel-corvey.de).

Goldener Anker Malerisch direkt an der Weser - der ideale Stützpunkt, um Bodenwerder zu erkunden. Zimmer teilweise mit Flussblick, Restaurant mit Biergarten. DZ/F ab 89 Euro (Brückenstr. 5a, 37619 Bodenwerder, Tel. 055 33/40 07 30, Fax 40 07 33, www.goldeneranker.com).

Historik-Hotel Christinenhof Drei-Sterne-Hotel in einem 300 Jahre alten Fachwerkhaus in der historischen Altstadt von Hameln. Gemütlich-luxuriöse Zimmer, im Gewölbekeller Wellnessbereich mit Pool und kleiner Sauna. DZ/F ab 99 Euro (Alte Marktstr. 18, 31785 Hameln, Tel. 051 51/950 80, Fax 436 11, www.christinenhof-hameln.de).

Genießen

Zum Weserdampfschiff Restaurant mit Biergarten unter alten Kastanienbäumen an der Hafenpromenade von Bad Karlshafen. Gehobene deutsche Küche, saisonal Spargelgerichte. Lecker: die Fährhausplatte mit so ziemlich allen Fischsorten, die die Weser zu bieten hat, 19 Euro (Weserstr. 25, Bad Karlshafen, Tel. 056 72/24 25, www.weserdampfschiff.de).

Café Sieburg Nach dem hervorragenden Espresso, der am historischen Hafenbecken unter Linden serviert wird, fällt das Paddeln gleich viel leichter (Hafenplatz 12, Bad Karlshafen).

Ritmo Der beste Spanier von Höxter - in einem alten Fachwerkhaus mit großer, offener Galerie. Tolle Auswahl an Tapas und spanischen Spezialitäten, riesige Cocktailkarte. Tapasplatte ab 6,90 Euro (Westerbachstr. 28, Höxter, Tel. 052 71/929 01 56, www.ritmo-hoexter.de).

Holzmindener Hafenbar Brotzeit-Location unterhalb des Holzmindener Stadtturms in einem Holzschiff. Unbedingt probieren: die Currywurst aus eigener Herstellung, 5,50 Euro (Am Steinhof 99, Holzminden).

Grohnder Fährhaus Mitten am Fluss liegt der große Biergarten unter Linden, in seinem Streichelzoo wohnen Ziegen, Pferde und Minischweine. Spezialität sind neben der eigenen Biermarke "Ferge Bräu" belegte Brote aus Urkornmehl, die Punten: benannt nach dem früheren Namen der Weser-Fährschiffe. Ab 6,20 Euro (Grohnder Fähre 1, Emmerthal, Tel. 051 55/380, www.grohnder-faehrhaus.de).

Restaurant Pfannekuchen In dem kleinen Fachwerkhaus mit liebevoll aufgerüschtem Oma-Ambiente gibt’s Pfannkuchen in 42 Varianten. Hier kann man die touristische Hektik hinter sich lassen und in eine andere Zeit eintauchen: bei Heidelbeer-Wein, 2,90 Euro, und Pfannkuchen ab 2,50 Euro (Hummenstr. 12, Hameln, Tel. 051 51/413 78, www.pfannekuchen-hameln.de/).

Museumscafé Hameln Ideal für einen Besichtigungs-Zwischenstopp mit Kaffee und leckerem Kuchen. Mitten in der Fußgängerzone neben dem Heimatmuseum (Osterstraße 8, Hameln, Tel. 051 51/215 53, www.museumscafe.de).

Ansehen

Hannoversch Münden Niedliches Fach werkstädtchen mit schiefen, reich verzierten Häusern - wie aus einem Märchen der Gebrüder Grimm! Passend zum Paddeln: das Projekt "Wasserspuren" in der Innenstadt - künstlerisch gestaltete Brunnen mit überraschenden Effekten. Wichtigste Sehenswürdigkeit für Kanuten ist der Weserstein auf der Insel Tanzwerder. Er markiert den Punkt, an dem Werra und Fulda zusammenfließen und die Weser bilden.

Weser-Therme Das Heilwasser soll Wunder gegen Rheuma bewirken, entspannt aber auch müde Sportler-Muskeln. Drei Stunden Therme mit Sauna 13 Euro (Kurpromenade 1, Bad Karlshafen, Tel. 056 72/921 10, www.wesertherme.de).

Schloss Corvey Wechselnde Ausstellungen; und in dieser Saison auch Illustrationen zum Thema "Kleider machen Leute" in der Fürstlichen Bibliothek, in der der Dichter Hoffmann von Fallersleben Bibliothekar war. Die Salons bieten Einblick in das Privatleben der einstigen Herzöge und das Umfeld des Dichters. Eintritt 5 Euro (Schloss Corvey, Höxter, Tel. 052 71/69 40 10, www.schloss-corvey.de).

Holzminden Dufte, dieses Städtchen! Das Zentrum der Deutschen Duft- und Geschmacksstoff-Industrie hat ein ganz besonderes Besucherleitsystem: 15 Duftstelen in der Innenstadt bieten Infos über jeden Standort, verschiedene Düfte und Aromen.

Münchhausen-Museum Erinnerungsstücke aus dem Besitz des Barons, ausgestellt auf dem Gutshof, in dem er geboren wurde. Die Dame, die durch die Ausstellung führt, erzählt die Geschichten des Barons so lebendig, dass man ewig zuhören könnte. Im Obergeschoss ist das Heimatmuseum. Eintritt 2 Euro (Münchhausenplatz 1, Bodenwerder, Tel. 055 33/40 91 47, www.muenchhausenland.de).

Hameln Dass der Rattenfänger hier die Ratten in die Weser geführt haben soll, merkt man an allen Ecken: In der Marktkirche zeigt ein Fenster den Spielmann, die Gaststätte "Rattenfängerhaus" serviert "fl ambierte Rattenschwänze" (www.rattenfaengerhaus.de). Am Hochzeitshaus am Markt öffnen sich täglich um 13.05, 15.35 und 17.35 Uhr zwei Türen für ein Figurenspiel. Sonntags um 12 führen Laienschauspieler ein Rattenfänger- Freilichtspiel auf, und mittwochs um 16.30 Uhr findet das Musical "Rats" statt, beide kostenlos im Bürgergarten.

Lesen

Deutschland zu Fluss Die 50 schönsten Kanutouren von List bis Oberstdorf, von Selfkant bis Görlitz. Paddelrouten für Anfänger und Fortgeschrittene, Campingplatz- und Hotelschläfer, Tages-, Wochenend- und Wochenurlauber, mit beeindruckenden Fotos, Texten und vielen Info-Adressen (Bruckmann, 29,95 Euro).

Fotos: Stefan Volk, Illustration: Fiete Koch, Text: Johanna Zey, Robby Schreiber Brigitte

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