Anzeige

Mallorca von Finca zu Finca: Wandern im Zitronenland

Tagsüber durch die Berge, abends an den gedeckten Tisch und den Pool: Die BRIGITTE-Wandertour von Finca zu Finca macht's möglich. Tinka Dippel hat es ausprobiert.

image

Wenn ich nun erzähle, dass ich Bäume aus einem milchigen See wachsen sah, dass ich Schafen begegnete, dafür kaum einem Menschen, wenn ich von verschlafenen Dörfern berichte und von einem Hund, der Zitronen jagt, dann mag der Eindruck entstehen, ich sei durch ein Wunderland gewandert. Genauso kam es mir auch immer wieder vor auf dieser Tour. Ich war noch nie auf Mallorca gewesen, bis ich Sehnsucht nach Wandern hatte, so früh im Jahr, dass es in den Alpen noch zu kalt dafür war. Und wenn schon Mallorca, so beschloss ich, dann wandere ich nicht von Hütte zu Hütte, sondern von Finca zu Finca.

Da sitze ich nun im T-Shirt auf meiner Steinterrasse im Finca-Hotel "Albellons Parc Natural" nahe dem Örtchen Binibona und sage der Sonne gute Nacht, die sich auf einem bewaldeten Hügel schlafen legt. Ich fange an, Mallorca mit meinen eigenen Bildern zu füllen, und bin überrascht, denn es sind fast mystische Bilder: wie das letzte Licht sich bündelweise durch das Tal kämpft, wie dort, ganz hinten, das Inland noch orangefarben leuchtet. Meine Ohren sind entspannt, der Ton ist abgeschaltet. Wenn meine Nase nicht wäre, würde ich wegschlummern, aber sie bekommt aus der Küche so verlockende Signale, dass ich mich in den Speisesaal aufraffe. Wein, Oliven, Schweinebraten, Crème brulée, damit endet mein erster Tag.

image

Frische Früchte, selbst gebackenes Brot, Kuchen, Käse, Schinken, so beginnt der nächste. Dagmar, die Wanderexpertin des Hotels, begleitet Fotografin Christina und mich zum Kloster Lluc. Und wir sind dankbar dafür, denn der Weg wird bald unter hüfthohem Schneidgras fast unsichtbar. Dieses dunkelgrüne Gras, dick und an den Kanten scharf wie Geschenkband, wuchert hier überall in dicken Büscheln. Dagmar passt auf, dass wir nicht einfach vorbeigehen, als am Weg verfallene Mauerringe auftauchen. Das sind alte Kalköfen oder Kohlenmeiler, in denen früher aus Holz Kohle gemacht wurde. Ganz oben werden wir auch Hütten finden, wo früher Schnee gesammelt, zu Eis gepresst und mit Hilfe von Eseln ins Tal transportiert wurde.

image

Als sich die Kiefern lichten, liegen Felshünen mit balkongroßen Plateaus am Weg. Das Tal hat sich geöffnet wie ein Trichter, hier oben wird es heller und karger, die Vielfalt an Pflanzen wird weniger, die an Steinen nimmt zu: dicke und bauchige, in gleichmäßigen Rillen zerkratzte, wie aus Ton grob und kantig hinmodellierte. Dass es Wind, Wetter und die Zeit waren, die sich hier verkünstelt haben, sagen Geologen. Dass es moosbewachsene Wesen mit spitzen Krallen und Sinn für Landschaftsarchitektur waren, sagt meine Fantasie. Das Märchenwunderland macht sich langsam breit in meinem Kopf.

image

Das Tageslicht ist schon wieder gedimmt, als wir das Kloster Lluc erreichen. Nach einem menschenleeren Tag stören uns Trubel und Touristenbusse nicht weiter. Abends sind wir wieder im Hotel "Albellons", entspannen in Schwimmbad, Sauna und Badewanne und sitzen dann beim Abendessen. "Das Hotel war mal ein Bauernhof mit Oliven- und Johannisbrotplantage, und als ich kam, eine Ruine", erzählt Juan Vicens, der es wieder aufgebaut hat. Juan stammt aus einer Bauernfamilie, die in der Gegend viele Hektar Land besitzt, anfangs kochte seine Mutter ihre Traditionsgerichte für die Gäste. Dieser Hausmannskost blieben sie treu, Juan zeigt auf den Tonnapf vor mir. "Sopas mallorquinas, ein altes Armenessen. Schmeckt es?" Sehr, nach Wirsing, Kartoffeln, Fleisch und harten Arbeitstagen.

image

Juan, Dagmar und die Ruhe hier oben zu verlassen fällt uns am nächsten Morgen schwer. Wir wandern an der Straße entlang in den Ort Caimari, wo heute Markt ist. Auf dem sonnengebleichten Platz vor der Kirche steht ein Stand für Blumen und einer für T-Shirts mit bunten Aufdrucken, daneben sitzen ein paar ältere Herren wie im Bilderbuch auf der Bank und palavern. Wir laufen weiter, vorbei an Mandel- und Olivenbäumen, Klatschmohn und Fenchel, die am Wegesrand wachsen. Wenn sich von hinten ein Surren nähert, schießen Sekunden später bunte Blitze an uns vorbei - Rennradler, für die sind die wenig befahrenen Landstraßen perfekte Pisten. Für uns Wanderer sind sie eine schöne Abwechslung. So wie der Zuckelzug, mit dem wir die Strecke zwischen den Städtchen Lloseta und Santa María del Camí zurücklegen. Dann sind wir wieder auf Trampelpfaden, steigen auf, die Geräusche werden leiser, Wolkenschwaden ziehen auf. Bis zum Abend haben sie eine Decke gebildet, die von der Sonne gerade in leuchtende Stücke gebrochen wird, als wir uns dem Örtchen Orient nähern, das wie auf einem Thron im Tal von Orient sitzt. Und ganz oben sitzt unser Ziel, das Finca-Hotel "Son Palou".

image

Zu einem ordentlichen Märchen gehört ein Palast; dieser ist aus dem 14. Jahrhundert, verwinkelt und umgeben von einem Park voller duftender Blumen. Nachdem ich meine Gemächer bezogen habe, schleppe ich mich in diesem Park von Liege zu Liege, weil ich mich nicht entscheiden kann, von wo der Blick am schönsten ist. Ich habe mich schnell gewöhnt an diesen Kreislauf aus aufbrechen, wandern, abends ankommen, entspannen, sehr gut essen und wieder aufbrechen.

image

Am Morgen unserer letzten großen Tour scheint die Sonne, Schafe blöken, der Weg windet sich gut sichtbar bergauf. Bis wir ganz oben auf einer Lichtung stehen und dann im Wald. Die Karte sagt, da ist ein Weg, wir haben aber keine Dagmar dabei, die ihn für uns finden kann. Liebes Wunderland, das gibt Punktabzug, denke ich, als wir uns durch den Wald bergab hangeln. Mein Vertrauen kehrt zurück, als tief unten das angekündigte Flussbett durchscheint. Und als eine Stunde später unter uns der milchig-türkisfarbene Stausee Cúber auftaucht, lassen wir uns sprach- und atemlos auf einen großen Stein am Ufer plumpsen. Windschiefe Bäume strecken sich wie Hände aus dem Wasser, Schafe sprenkeln die umliegenden Wiesen, von der Radarstation des Puig Major, mit 1447 Metern Mallorcas höchster Berg, blickt James Bond mit dem Fernglas auf uns herunter. So stelle ich mir das zumindest vor, denn diese karge Berglandschaft wäre die ideale Kulisse für einen Bond-Showdown. Wir vergessen fast, dass wir noch gut drei Stunden Abstieg vor uns haben.

image

Es ist schon dunkel, als wir uns einen Weg durch die Gassen von Sóller bahnen und schließlich die Zufahrtstraße zum Hotel "Can Coll" hochschleppen. Aus dem Garten kommt unter satt behängten Bäumen eine helle Wolke angeflogen und hüpft um uns herum. "Max, komm her", ruft ein junger Mann dem Golden Retriever nach, stellt sich als Daniel vor und nimmt uns die Rucksäcke ab. Wir sind angekommen. Wenn mein Mallorca-Märchen noch eine Happy- End-Kulisse gebraucht hat, hier ist sie. Das sagt mir in der Dunkelheit schon meine Nase, die den Baumbehang als reife Orangen und Zitronen identifiziert hat. Und die anderen Sinne bestätigen es, als ich am nächsten Tag ausgeschlafen kurz vor Mittag an den reichlich gedeckten Frühstückstisch komme. Max, der sauberste und freundlichste Hund, den ich je getroffen habe, springt durch den Garten und jagt die Zitronen, die wir für ihn werfen. Wir laufen ein letztes Mal, nur einen kurzen Weg, bis wir in Port de Sóller in einer Tapas-Bar am Meer sitzen. Dann springen wir in den alten Zug zurück nach Sóller, in der Finca wartet bereits eine Masseurin auf uns - und ein selbst gebackener Kuchen von Daniels Frau Maike.

image

Wenn nun der Eindruck entstanden ist, dass wir nicht nur im Wunder-, sondern auch im Schlaraffenland waren: stimmt. Und auch wieder nicht, schließlich kamen all die Köstlichkeiten nicht einfach so auf uns zugeflogen. Wir haben uns diesen Kuchen verdient. Schritt für Schritt. Bilder, Beschreibungen und Adressen der drei Vier-Sterne-Fincas an unserer Wanderroute finden Sie auf den folgenden Seiten.

Die Fincas auf der BRIGITTE-Wanderroute

image

Finca Albellons Parc Natural

image

Dass die erste Etappe unserer Tour wieder zu diesem Hotel zurückführt, liegt am schönen Weg - und ein bisschen daran, dass man sich nicht so leicht lösen kann: von der Sauna mit Fenster in die Berge, vom Pool mit Blick in die weite Ebene hinter Binibona, von einem Frühstückstisch, der keine Wünsche offen lässt, von der Ruhe, von den gemütlichen Zimmern, von der netten Familie Vicens und der Wanderexpertin Dagmar. Es gibt insgesamt zwölf Zimmer und Suiten. Sechs Zimmer haben eine Badewanne, drei haben wie die Suiten einen Whirlpool und eine Terrasse. Zum Abendessen kann man zwischen der Speisekarte hier und der im einen Kilometer entfernten Schwesterhotel "Binibona Parc Natural" wählen. Dort gibt es auch ein kleines Hallenbad, einen Fitnessraum und einen Tennisplatz (ES-07314 Caimari, Mallorca, Tel. 00 34/971/87 50 69, Fax 87 51 43, www.albellons.com, DZ/F ab 171 Euro).

Finca Son Palou

image

image

Schöner kann Ankommen nicht sein. Das Örtchen Orient liegt umgeben von Apfel-, Kirsch- und Olivenplantagen im weiten Tal. Und diese Finca, ein Gutshof aus dem 14. Jahrhundert, sitzt wie ein Thron in der Mitte, gleich neben der alten Kirche. Die größeren der sechs Zimmer und acht Suiten haben eine Terrasse, manche Suiten auch eine Badewanne mit Whirlpool. Im Haus gibt es viele gemütliche Ecken, am nettesten ist es aber auf einer Liege im Garten oder am Pool. Familie Colom, die das Hotel betreibt, keltert eigenes Olivenöl und bietet u. a. Öl-Degustationen an. Im Restaurant kann man zwischen zwei Menüs oder Essen à la carte wählen. Marc Colom, der Chef, kennt alle Wanderwege der Umgebung und hat gute Tipps (Plaza de la Iglésia, ES-07349 Orient, Mallorca, Tel. 00 34/971/14 82 82, Fax 61 36 18, www.sonpalou.com, DZ/F ab 146 Euro).

Finca Can Coll

image

image

Überall duftet es nach Zitronen, Orangen, Lavendel - oder frisch gebackenem Brot oder Kuchen. Sich wohl fühlen ist alles, was man hier muss, außer vielleicht, gelegentlich eine Zitrone für den Haushund Max zu werfen. Die sieben Zimmer und zwei Suiten sind in Duft und Farbe nach je einem Motto gestaltet (z. B. Olive, siehe links). Es gibt einen Pool mit Blick auf die Berge, einen Health- und Beauty-Salon, einen schön verwinkelten Garten, einen gut gefüllten Weinkeller und auf Wunsch ein warmes Abendessen oder eine Brotzeit. Außerdem kann man ins Zentrum von Sóller oder auf einem der zahlreichen Wanderwege Richtung Meer und Hafen laufen (Cami de Can Coll 1, ES-07100 Sóller, Mallorca, Tel. 00 34/ 971/63 32 44, Fax 63 19 05, www.cancoll.com, DZ/F ab 180 Euro).

Die BRIGITTE-Wandertour zum Herunterladen

image

Die BRIGITTE-Tour führt von der Finca "Albellons" bei Binibona zum Kloster Lluc, mit dem Bus wieder zurück, dann über Dörfer zur Finca "Son Palou" und in der dritten Etappe über den Stausee Cúber zur Finca "Can Coll".

Die Wegbeschreibungen können Sie sich hier herunterladen (2 Euro; für Abonnentinnen gratis). Oder beim BRIGITTE-Leserservice bestellen (C5-Briefumschlag beilegen, mit 1,45 Euro frankiert und Ihrer Adresse versehen), Stichwort "Mallorca/Wandern", Brieffach 22, 20444 Hamburg.

Fotos: Christina Körte Text: Tinka Dippel Ein Artikel aus der BRIGITTE 05/09

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel