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Beara Way Wandern in Irland: Grüner wird's nicht!

Beara Way: Irland Aussicht mit zwei Schafen
Rasenmäher – Schafe sind die treuesten Begleiter jeder Irland-Tour
© Oliver Soulas
Barbara Schaefer wanderte auf dem Beara Way im Südwesten Irlands, der sie durch urwüchsige Landschaft führte – und zu liebenswürdigen Menschen.

Ein strahlend schöner Vormittag. Auf der Überfahrt vom Mini-Ort Glengarriff nach Garinish Island sehen wir Seehunde, die sich auf einem Felsen sonnen, und dann das wild zugewachsene Fleckchen vor uns in der Bucht. Klar, Golfstrom, denke ich, da gedeiht alles super. Im Inselinneren liegt ein Park mit italienischem Garten, Hortensien und Baumfarnen. Dafür musste sicher viel ursprüngliches Grünzeug weichen. "Im Gegenteil", sagt Gärtner Finbarr O’Sullivan: "Vor 100 Jahren war das hier noch ein kahler Felsen."

Auf dem Beara Way freut man sich über Sonne - und nimmt den Regen hin

1910 kaufte ein schottischer Geschäftsmann Garinish Island und ließ Bäume pflanzen, um den salzhaltigen Wind abzuhalten. Und dann ging es los: Rhododendren, Magnolien, Kamelien, Azaleen, Dahlien, Mammutblatt – eine einzige Pracht. Das Klima sei mild, sagt O’Sullivan, "und es regnet sehr viel. Wir müssen nie gießen." Das war der Satz, der uns hätte aufhorchen lassen sollen. Die Garteninsel ist nämlich nur ein Auftakt-Schlenker – Fotograf Oliver und ich sind zum Wandern in den Südwesten Irlands gekommen und wollen einige Etappen des Beara Way gehen, eines rund 150 Kilometer langen Weitwanderwegs auf der Beara-Halbinsel.

Natürlich haben wir auch Regenzeug dabei. Doch das ist schon mit dem restlichen Gepäck ins B&B in Castletownbere transportiert worden – die Wettervorhersage war ja gut. Zwei Stunden später stehen wir allerdings patschnass auf den Caha Mountains hinter der Küste. Jedenfalls sagen die Daten der Wander-App, dass wir dort sind – zu sehen ist nichts, und zwei weitere Stunden Fußmarsch haben wir noch.

Beara Way: Beara Way mit Wanderer Markierung
Hier! – Die Markierungen auf dem Beara Way geben zuverlässig die Richtung vor
© Oliver Soulas

Kurz bevor wir ankommen, begegnen wir zwei Holländerinnen. Sie tragen Regenjacken – und kurze Hosen. Und lachen uns an. Und wir verstehen: Wer in Irland wandert, freut sich über die Sonne und nimmt den Regen hin. Ganz wie ein irisches Sprichwort, eine Art Carpe-Diem-Mantra, sagt: Make hay while the sun shines – Mach Heu, wenn die Sonne scheint. Von da an packen wir immer die ganze Ausrüstung in den Rucksack. Und wie es immer so ist: Von da an regnet es kaum noch auf unserer Tour.

Ob Wasserreichtum und die fruchtbare Erde die Menschen in der Bronzezeit nach Irland lockten, ist kaum zu sagen. Ihr Erbe aber zeigt sich in Gestalt von riesigen Steinen, die auffällig in der Natur herumstehen. Warum sich die Ur-Iren vor Tausenden von Jahren die Mühe machten, die Kolosse senkrecht in Wiesen anzuordnen: Auch darauf gibt es noch keine klare Antwort. Dienten sie für astronomische Berechnungen, waren es Tanzplätze, Begräbnisstätten? Wir rätseln im Steinkreis von Castletownbere mit – und spüren Ergriffenheit.

Bald darauf treffen wir in einem Café zwei Iren, die denselben Weg wandern. Die Nacht zuvor haben sie beim Steinkreis geschlafen. "Das ist schon eine spezielle Energie", sagen sie nur halb im Scherz. "Nachts im fahlen Licht sehen die Steinplatten aus wie Menschen."

Im Pub erzählt man sich uralte Geschichten

In Irland liebt man es, Geschichten zu erzählen. Lange Geschichten, für die es sich lohnt, noch einen Tee oder ein Pint zu bestellen. Zum Beispiel wenn Nealie O’Sullivan, in dessen B&B wir übernachten, davon berichtet, was wohl aus dem nahe gelegenen Puxley-Manor wird: "Da waren zwei Johns …", legt er los, und bald verlieren wir den Faden, der durch viele Jahrhunderte irischer Historie führt, zu alteingesessenen Familien, die einander bekriegten. Den mehr oder weniger aktuellen Stand entnehmen wir dem Reiseführer: Das prächtige Herrenhaus einer britisch-walisischen Familie war für die Iren der Inbegriff der Kolonialherrschaft; die IRA legte dort in den 1920ern Feuer, es wurde zu einem Geisterschloss; in den 2000ern sollte da-raus ein Luxushotel werden – aber dann kam die Finanzkrise.

You grow up here and you grow old here

Vielleicht lieben die Iren deshalb ihre Pubs so sehr: Irgendwo muss man sich all diese Geschichten schließlich erzählen. Etwa in der "MacCarthy’s Bar" in Castletownbere, geführt von Adrienne MacCarthy und ihrer Schwester, legendär geworden durch den Bestseller von Pete McCarthy, einem Briten, der in allen Bars dieses Namens einkehrte. "Der kam und sagte, ,vielleicht sind wir verwandt‘, ich habe nur mit den Augen gerollt – jede Woche kommt einer und sagt, wir seien Cousin und Cousine", sagt Adrienne grinsend und erzählt weiter. Vom Dorfpolizisten, ihrem Hund Bailey’s, von ihrem Vater, der in Nagasaki die Atombombe überlebte – und wir bestellen uns noch ein Pint dunkles, cremiges "Murphy’s".

Beara Way: Bunte Häuser
Farbecht – Bunte Häuser im Städtchen Castletownbere
© Oliver Soulas

Wenn wir aber über die Gegenwart reden wollen, werden die Menschen lakonisch. Brexit? Hätte nie passieren dürfen! Höhere Steuern für Internet-Riesen, die sich in Irland angesiedelt haben? Niemand weiß, was daraus wird. Und dann noch Covid … Well, man ist Krisen gewohnt: Mitte des 19. Jahrhunderts raffte die Hungersnot eine Million Menschen hin, zwei weitere Millionen wanderten aus. In den 1990ern wurde Irland zum "Keltischen Tiger", die Wirtschaft wuchs gewaltig, der Absturz nach 2007 war allerdings ebenso gewaltig. Das Land schaffte unter dem EU-Rettungsschirm den Weg aus dem Desaster – doch in die Zukunft blickt man eher schulterzuckend.

Imelda Lyne, die in Glengarriff ein B&B betreibt, hat uns von ihrer Hoffnung erzählt, man werde in Irland künftig eher Urlaub daheim machen. Selbst der Pandemie kann sie Gutes abgewinnen: "Viele sind wegen Covid zurück aufs Land. Sie arbeiten von zu Hause aus, das WLAN hat sich sehr verbessert." Es stimme nicht mehr, was man früher über die Beara-Halbinsel sagte: You grow up here and you grow old here, dass die Kinder, die hier aufwachsen, also erst im Alter wiederkommen. Imeldas 23-jähriger Sohn Shane kam nach dem College zurück, machte den Bootsführerschein – "Tourismus wird es hier immer geben!"

Beara Way: See
Nach dem Regen – Beim Wandern in Irland sieht man viel Wasser - aber es kommt trotz aller Klischees nicht immer von oben
© Oliver Soulas

Irland ist voller liebenswerter Menschen

Vier Tage lang folgen wir dem gelben Wander-Piktogramm auf Schildern und Pfeilern, hügelauf, hügelab. Der Wind zerzaust Grasbüschel und die Schafe, die stoisch in der Landschaft stehen. Am schönsten ist es immer, wenn sich das Meer hinter einer Hügelkuppe am Horizont zeigt. Vom emsigen Fischereihafen Castletownbere geht es ins winzige Dorf Allihies mit seinen markanten Industrie-Ruinen. Die Kupferminen sorgten im 19. Jahrhundert für Reichtum – für die englischen Minenbesitzer. Am Ende unserer Reise wandern wir um den westlichen Zipfel der Halbinsel. An der felsigen Steilküste rauscht unter uns das Meer, der Blick geht weit nach Westen über den Atlantik. Hier kommt lange nichts mehr und dann Neufundland.

Vor lauter Schauen verlaufen wir uns, müssen quer durch eine Schafherde. Von Sumpfloch zu Grasbüschel hangeln wir uns durchs Gelände. Unten am Hügel beobachtet uns ein Mann, sicher der Bauer. Na, das wird ein Donnerwetter geben, fürchten wir. Während wir über Felsen kraxeln, hören wir ihn brüllen: "Are you okay?" Er ist tatsächlich in Sorge. Aber nicht um seine Tiere, sondern um uns. Wir sind gerührt. Schwer zu sagen also, ob wir nächstes Mal der Landschaft wegen nach Irland kommen werden – oder der liebenswerten Menschen wegen.

BarbarasTipps fürs Wandern in West-Irland

Hinkommen & Rumkommen

Der nächstgelegene Flughafen ist Cork, Direktverbindungen gibt es aus Deutschland nicht, man muss in Zürich (mit Lufthansa), Amsterdam oder Paris (mit KLM) umsteigen. Vom Flughafen Cork zur Beara-Halbinsel fahren Busse, Ticket ca. 20 Euro (transport forireland.ie). Etwas bequemer ist es mit dem Taxi (corkairporttaxis.ie).

Die Tour auf dem Fernwanderweg Beara Way

Der rund 150 Kilometer lange Fernwanderweg Beara Way lässt sich in etwa zehn Tagen gehen und führt rund um die Beara-Halbinsel im Südwesten Irlands. Es ist auch möglich, nur ausgewählte Etappen zu wandern. Ausgangspunkt ist der kleine Ort Glengarriff. Der irische Veranstalter "Walk Hike Bike" bietet eine individuelle Beara-Wanderung an: Man ist ohne Gruppe unterwegs, bekommt aber Karten und in einer App alle Daten, wie den eingezeichneten Weg, gebuchte Übernachtungen etc. Mit Gepäcktransport, 8 Nächte 610 Euro, 10 Nächte 825 Euro (Tel. 667/18 61 81, irelandwalhikebike.com).

Übernachten am Beara Way

Eccles Hotel. Eines der schönsten Hotels in Irland – und eines der ältesten. Schon 1745 stand hier das erste Haus, das seither umgebaut und erweitert wurde. Sehr klassisch gediegen, wundervoll von gestern und mit tollem Blick über die Bucht. DZ/F ab 150 Euro (Glengarriff, Glengarriff Harbour, Tel. 027/630 03, eccleshotel.com).

Summerhill. Ruhig am Ortsrand gelegen. Hier trifft man Wander:innen wieder, die einem unterwegs begegnet sind. Der stets heitere Besitzer Nealie O’Sullivan hat das Haus hochgezogen, als er noch Bauunternehmer war, und es dann selbst als B&B übernommen. DZ/F ab 75 Euro (Castletownbere, Droum North, Tel. 027/704 17, summer-hill.com).

Genießen am Beara Way

The Lough Avoul Inn. Eher Pub als Restaurant, rustikal-freundliche Atmosphäre, große Portionen. Hier kehren einheimische Familien gern ein und bestellen z. B. Fish & Chips (18 Euro; Glengarriff, 5 Dalewood, Monteensudder).

Casey’s Hotel. Natürlich wird hier, wie überall an der Küste, Seafood serviert. Aber auch die Lammkoteletts (28 Euro) schmeckten uns in diesem historischen Gasthaus mit hübsch begrünter Terrasse, das schon seit 1879 in Betrieb ist (Glengarriff, The Village, Tel. 027/630 10, caseyshotelglengarriff.ie).

MacCarthy‘s Bar. Im legendären Pub – mit Wal-Knochen überm Tresen – treffen sich alle: alte Männer, junge Frauen und freudig empfangene Wandersleute (Castletownbere, The Square, maccarthysbar.com).

Erleben am Beara Way

Kupferbergwerksmuseum. 1812 wurde in Allihies Kupfer entdeckt und bis 1885 abgebaut. Das Museum, zu dem auch ein nettes Café gehört, erzählt davon. Eintritt 6 Euro (Allihies, Tel. 027/732 18, acmm.ie).

Einkaufen am Beara Way

Taste. In dem Delikatessenlädchen gibt es leckere Sandwiches mit Spinat und Thunfisch oder Hühnchen und Mango-Paste (4 Euro) – perfekt, um sich fürs Picknick einzudecken (Castletownbere, Bank Place).

The Chef’s Table. Die irischen Käsespezialitäten in diesem kleinen Laden sehen so verführerisch aus, dass wir uns am liebsten alle in den Rucksack gepackt hätten (Castletownbere, Bank Place).

Perfektes Mitbringsel

Chips! Die handgeschnittenen und mit Meersalz vom irischen Atlantik gewürzten Kracher von Keogh‘s schmecken großartig. Noch irischer: die Variante mit Essig.

Telefon

Die Vorwahl von Irland ist 003 53.

Brigitte

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